Lego-Brücken für NRWGroschek will niederländisches Modell testen

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Ein Beispiel holländischer Schnellbaukunst: Die Groenedijk-Brücke über die A 15 bei Rotterdam könnte Vorbild für NRW sein.

Ein Beispiel holländischer Schnellbaukunst: Die Groenedijk-Brücke über die A 15 bei Rotterdam könnte Vorbild für NRW sein.

Rotterdam – Vielleicht kann man irgendwann sagen, dass es die Niederländer waren, die Nordrhein-Westfalens Brückenproblem gelöst haben. Das Nachbarland der Grachten und Kanäle hat nicht nur jahrhundertealte Erfahrung beim Bau von Wasserstraßen, sondern auch viele Ingenieure, die wissen, wie man genau diese mit dem passenden Bauwerk wieder überwindet. Nun soll das Brückenland im Westen seinem Nachbarn Nordrhein-Westfalen helfen, wo altersschwacher Beton und Risse im Stahl in vielen Brücken zum Verkehrshindernis geworden sind. Ein Beispiel aus Rotterdam zeigt, wie der Brückenbau in NRW beschleunigt werden könnte.

Landesverkehrsminister Michael Groschek (SPD), der in letzter Zeit viele marode Schweißnähte in Brückenkästen zwischen Leverkusen und Siegen besichtigen musste, steht jetzt mitten im Rotterdamer Hafen, trägt eine rote Warnweste über der Jacke, einen Bauhelm auf dem Kopf und betrachtet etwas ungläubig ein Betonbauwerk namens Groenedijk-Brücke. Gut 200 Kilometer ist der Mann von Düsseldorf bis ins Rheindelta gefahren. Was ihm die Ingenieure dort erzählen, klingt jedoch wie von einem anderen Stern: In drei Monaten haben die Niederländer die neue Querung über die Hafenautobahn A 15 fertiggestellt. Inklusive Abbruch der alten Brücke – die nicht mehr lang genug war, als die Autobahn verbreitert wurde – wie ein niederländischer Bauexperte dem Gast aus Deutschland erzählt. „Drei Monate“, wiederholt Groschek – und formt dabei eine extra lange „dreeeiiiiii“.

Brücken werden aus gleichen Fertigteilen zusammengesetzt

„Bei uns“, sagt schließlich Nicole de Witt, Groscheks Brückenspezialistin vom Landesbetrieb Straßen-NRW, hätte der Bau zwischen einem und anderthalb Jahren gedauert.“ Warum sie so viel schneller sind, erklären die holländischen Baumeister mit einem Beispiel aus dem Kinderzimmer: Man baue eben Lego-Brücken. Kurz erklärt: Während deutsche Bauwerke vor allem Maßanfertigungen sind, für die fast alle Teile an Ort und Stelle gegossen und verschraubt werden, machen sich die Niederländer das Prinzip der kleinen Spielzeugsteine zunutze: Viele Brücken werden aus den immer gleichen Fertigteilen zusammengesetzt, die schon im Werk produziert und am Stück zur Baustelle gebracht werden.

Diese Strategie hat zwar zur Konsequenz, dass sich viele Kanal- oder Straßenquerungen im Nachbarland ähnlich sehen. Nicht jede Brücke müsse aber gleich eine Landmarke sein, verteidigt Groschek das Bauprinzip. Die nächste Lego-Brücke, meint er, müsse unbedingt in NRW gebaut werden: „Bis Herbst werden wir einen Standort auswählen, an dem wir so ein Pilotprojekt durchziehen.“ Es sei erst mal nur ein Modellversuch, weil eine Brücke holländischer Art in Deutschland nur mit einer Ausnahmegenehmigung gebaut werden könne, sagt er. Ingenieurin de Witt kann gleich Dutzende DIN-Normen aufzählen, die sich mit einem Bauwerk aus Fertigteilen nicht einhalten lassen.

Der Minister will sich davon aber nicht abschrecken lassen. „Für uns zählt jetzt vor allem, schnell zu sein“, sagt er, als er im Reisebus wieder in Richtung Autobahn rollt. Sollte der Versuch gelingen, müsse man eben das Planungsrecht dauerhaft entschärfen.

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