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Pro & KontraSollte NRW-Umweltministerin Schulze Föcking den Tesla weiter nutzen?

Lesezeit 3 Minuten
Tesla rot

NRW-Umweltministerin Schulze Föcking will in Zukunft auf ihren Tesla als Dienstwagen verzichten.

Köln – NRW-Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) will in Zukunft darauf verzichten, eine Elektro-Limousine vom Typ Tesla als Dienstwagen zu nutzen. Grund dafür ist einem Sprecher zufolge, dass die Batterieleistung sich „für Fahrten über mehrere hundert Kilometer als noch nicht ausreichend herausgestellt“ habe. Das Auto sei „als Dienstlimousine nicht ausreichend geeignet“.

Ist die Entscheidung der NRW-Umweltministerin nachvollziehbar? Es gibt Argumente dafür und dagegen:

Pro: Mit schlechten Erfahrungen ein gutes Beispiel geben

Gute Minister müssen von Haus aus keine Meister ihres Fachs sein. Im Gegenteil: Manchmal ist private Nähe zum politischen Metier sogar hinderlich. Wie bei Christina Schulze Föcking. Käme die NRW-Umweltministerin nicht selbst von einem Bauernhof, hätte es keinen Anlass gegeben, sie mit Mängeln beim Tierschutz im heimischen Schweinemast-Betrieb persönlich in Verbindung zu bringen. So aber geriet die CDU-Politikerin gleich unter Beschuss. Hier zeigt sich dann, worauf unter anderem es für gute Minister tatsächlich ankommt. Sie brauchen Sinn für politische Symbolik. Von auch nur annähernd meisterhaftem Niveau ist Schulze Föcking aktuell so weit entfernt wie eine Leichtathletin mit Noro-Virus auf der Londoner WM. Sie verschmäht den Elektro-Dienstwagen ihres Vorgängers – ausgerechnet zu einer Zeit, da Deutschland über Diesel-Dreckschleudern diskutiert. Dass sie den Luxus-Tesla wegen des laufenden Leasing-Vertrags jetzt nicht quitt wird – geschenkt! Solche Misslichkeiten gehören zum Geschäft und sind kein Grund, stattdessen wieder mit Diesel- oder Otto-Motor durchs Land zu kutschieren.

Noch unbeholfener, ja ärgerlich sind Hinweise auf Reichweite, Dichte von E-Tankstellen oder Ladezeiten, die sich allesamt als Probleme für die Tageslogistik darstellten. Ja, das ist so. Aber doch nicht nur für Spitzenpolitiker! Wer heute ein E-Auto kauft, muss noch einen großen Posten Idealismus einbringen. Eine leibhaftige Ministerin im Alltagskampf mit den Kalamitäten der E-Mobilität wäre die beste Propagandistin der Veränderung. Schulze Föcking sollte mit schlechten Erfahrungen ein gutes Beispiel geben. Von Amts wegen ist sie die letzte, die es sich in der Komfortzone mit rückwärtsgewandter Technik bequem machen darf. Auf dem Vergangenheitstrip wird gerade eine Umweltpolitikerin keine gute Ministerin.

Joachim Frank

Kontra: Nur Ehrlichkeit schafft Akzeptanz für die Probleme mit Elektro-Autos

Eine Umweltministerin muss ein umweltfreundliches Auto fahren. Wenn nicht sie – wer sonst? In Zeiten, in denen Diesel-Fahrverbote drohen, muss die oberste Hüterin der Luftqualität ein Vorbild sein. Diese Schlussfolgerung klingt logisch – und trifft die Melodie des Zeitgeists. Es liegt nahe, der Ministerin, die durch möglicherweise tierschutzwidrige Zustände im Schweinestall der Familie in der Kritik steht, den „Fall Tesla“ als weiteren Maluspunkt zuzuschreiben. Der „Fall Tesla“ offenbart aber einen ganz anderen Missstand: Die weit verbreitete fehlende Bereitschaft, über die eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten der Elektromobilität ehrlich zu diskutieren.

Der frühere NRW-Umweltminister Johannes Remmel meinte es gut, als er sich den hochgepriesenen Tesla zu Testzwecken als Dienstwagen anschaffte. Den Spott der Opposition über den „Luxus-Rennwagen“ nahm er billigend in Kauf. Der Grüne wollte ein Ausrufezeichen setzen. Doch der Versuch geriet zum Desaster. Der Minister musste feststellen, dass die hochgepriesene E-Limousine den Ansprüchen des Alltags nicht genügt. Mit gerade mal 300 Kilometer Reichweite schaffte man es kaum von Köln bis Münster und zurück. Auch das Netz der Ladestationen sei derzeit nicht dicht genug, stellt das Ministerium nüchtern fest. Der Tesla wurde auf die Kurzstrecke verbannt. Damit ist auch sein Symbolwert entzaubert.

Der Fall wirft ein Schlaglicht darauf, dass die Leistungsfähigkeit der E-Mobilität weithin überschätzt wird.

enn die Ministerin zumindest für kurze Strecken in den Tesla steigen würde, erhielte sie sicher Beifall. Vielleicht ist es aber besser, den Menschen eben keinen Sand in die Augen zu streuen. Wer für eine schadstofffreie Mobilität werben will, muss bei der Beschreibung der Alltagsprobleme mit offenen Karten spielen. Sonst ist die Akzeptanz schnell dahin.

Gerhaard Voogt

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