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Unterlassene HilfestellungPassanten ignorieren sterbenden Mann in Essener Bank

Lesezeit 3 Minuten
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Auf den Aufnahmen ist deutlich zu sehen, wie eine Person über den Mann hinwegsteigt. 

Essen – Ein erschütternder Fall von unterlassener Hilfeleistung beschäftigt die Essener Polizei. Sie ermittelt gegen vier Personen, die am 3. Oktober im Vorraum einer Bankfiliale einen zusammengebrochenen Mann schlicht ignorierten. Erst nach 20 Minuten rief ein weiterer Kunde den Rettungsdienst.

Der 82 Jahre alte Mann aus Essen kam nicht mehr zu Bewusstsein und starb vergangene Woche, wie die Polizei am Freitag berichtete. „Teilweise gingen sie nah an dem Sterbenden vorbei oder stiegen hinüber, um ihre eigenen Finanzgeschäfte durchzuführen“, hieß es. Anschließend hätten die Kunden den Vorraum wieder verlassen. Dies geht aus dem Film einer Überwachungskamera hervor, den die Polizei bei ihren Ermittlungen ausgewertet hatte.

Auf den Videoaufnahmen ist laut Polizei zu sehen, wie etwa fünf Minuten nach dem Zusammenbruch die erste Person den Vorraum betritt und sich nicht um den Mann kümmert. Dieser habe mitten in dem Raum gelegen und sei gut gekleidet gewesen, sagte ein Sprecher. Die vier Kunden seien auf dem Weg zum Geldautomaten über den Mann hinübergestiegen, hätten einen großen Bogen um ihn herum gemacht oder seien auch nah an ihm vorbeigegangen.

Die vier hätten nacheinander den Raum betreten, zwei Kunden hätten den Vorraum fast gleichzeitig wieder verlassen. Der vierte Kunde verließ etwa 19 Minuten nach dem Zusammenbruch die Filiale. Erst der fünfte holte Hilfe. Der Senior hatte am Nachmittag des Feiertages an einem der Kundenterminals Überweisungen tätigen wollen.

Dabei sei er in eine medizinische Notfallsituation geraten, die später zu seinem Tod führte, berichtete die Polizei. „Er fiel zu Boden und blieb mitten in dem Vorraum der Bank liegen.“ Ein von der Polizei veröffentlichtes Foto zeigt den dunkel gekleideten Mann auf der Seite liegend. Ein Schriftstück liegt auf dem Boden, halb verdeckt durch seine offene Jacke.

Polizei und Rettungsdienste baten in der Pressemitteilung um eigentlich Selbstverständliches: „Schauen Sie hin! Wählen Sie 110 oder 112 und retten Sie das Leben Ihrer Mitmenschen.“ (dpa)

Der ganze Post der Essener Polizei im Wortlaut

Wenige Tage nach einem internistischen Notfall im Vorraum einer Bank in Borbeck verstarb in der letzten Woche ein 82 Jahre alter Mann. Zum Schutz der Angehörigen wird auf die Schilderung weiterer Details verzichtet. Dennoch darf das Geschehen nicht verschwiegen werden.

Am Nachmittag eines Feiertages, Anfang Oktober, wollte der Senior an einem der Kundenterminals Überweisungen tätigen. Dabei geriet er in eine medizinische Notfallsituation, die später zu seinem Tod führte. Er fiel zu Boden und blieb mitten in dem Vorraum der Bank liegen.

Das Erschütternde: Einige Menschen ignorierten seinen offensichtlich hilflosen Zustand und leisteten keine Hilfe. Teilweise gingen sie nah an dem Sterbenden vorbei oder stiegen hinüber, um ihre eigenen Finanzgeschäfte durchzuführen.

Der Notruf eines Bankkunden ging erst spät ein: Polizei und Rettungsdienst kümmerten sich um den 82-Jährigen und lieferten ihn in ein Krankenhaus ein.

Leider erlangte er das Bewusstsein nicht mehr und verstarb einige Tage später. Unser Kriminalkommissariat 11 ermittelt nun gegen mindestens 4 Personen wegen Unterlassener Hilfeleistung.

Polizei und Rettungsdienste bitten daher: Schauen Sie hin! Bei hilflosen Menschen könnte es sich um ihre eigenen Verwandten handeln. Wählen Sie 110 oder 112 und retten Sie das Leben Ihrer Mitmenschen.  

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