WildtiereImmer mehr Wölfe kommen nach NRW

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Heulende Wölfe

Köln – Ein Wolf hat Mitte April in Rösrath zwei Ziegen gerissen. Das hat die gentechnische Untersuchung der Kadaver ergeben. Damit ist erstmals, seitdem der Wolf zurück in Deutschland ist, ein Tier in der Region nachgewiesen worden. Dass er dort bleibt, ist aber unwahrscheinlich – ein Überblick.

Wie kam der Wolf nach Rösrath?

Der Wolf wurde 2015 in einem Rudel in Cuxhaven geboren. Das ergaben die DNA-Untersuchungen des Senckenberg-Forschungsinstituts im hessischen Gelnhausen. Der etwa ein Jahr alte Wolf konnte bereits am 26./27. März im Kreis Lippe und am 6. April im Kreis Warendorf nachgewiesen werden. Am 19. April riss der Wolf die Ziegen in Rösrath. Nur fünf Tage später gelang ein weiterer Nachweis desselben Wolfs im rheinland-pfälzischen Dierdorf.

Welche Wege hat der Wolf genutzt?

Auf seiner Reise hat der junge Wolf ungefähr 700 Kilometer zurückgelegt, schätzt Thomas Pusch, Sprecher des Landesfachausschusses Wolf in NRW des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu). Gesichtet worden ist er nicht. „Wölfe sind intelligente Tiere und gehen dem Menschen so gut es geht aus dem Weg“, sagt Pusch. Der Wolf habe sich deshalb wohl größtenteils durch Wälder und über Felder bewegt. Möglich sei jedoch auch, dass er durch Städte gelaufen ist. Dann jedoch wohl nur nachts.

Warum wandert der Wolf so weite Strecken?

„Er sucht Paarungspartner und ein eigenes Territorium“, sagt Pusch. Normalerweise koppeln sich Wölfe im Alter von zwei Jahren von ihren Eltern ab. Dass sich dieser Wolf schon im Alter von etwa einem Jahr selbstständig macht, ist ungewöhnlich.

Kommt der Wolf zurück?

„Die  Wahrscheinlichkeit, dass dieser eine Wolf aus dem Westerwald noch einmal zurückkommt, ist äußerst gering“, sagt Dr. Joachim Bauer, der stellvertretenden Leiter des Kölner Grünflächenamtes. Das  dünn besiedelte Mittelgebirge in Rheinland-Pfalz biete Wölfen einen wesentlich besseren Lebensraum als die von Autobahnen und  großen Straßen zerschnittene Kölner Region.

Gab es noch weitere Wolfssichtungen in der Region?

Im Rhein-Sieg-Kreis hat es in Hennef eine angebliche Wolf-Sichtung gegeben. Nachgewiesen ist diese Sichtung aber noch nicht.  Eine Bürgerin hatte gemeldet, dass sie ein Tier beobachtet habe, dass ihrer Meinung nach ein Wolf sei. Es war der bisher einzige, wenn auch vage Hinweis, wie Thomas-Hans Deckert, Fachgebietsleiter beim Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft, erklärte.

Wie wird die Anwesenheit von Wölfen nachgewiesen?

Nur eine Sichtung allein reicht nicht, sagt Pusch. Es muss neben der Sichtung noch einen weiteren Beweis geben. Das kann ein Foto sein, ein Video oder DNA-Spuren. Der Wolf in Rösrath wurde anhand von DNA-Spuren an den gerissenen Ziegen nachgewiesen.

Seit wann gibt es wieder Wölfe in NRW?

2009 konnte nach 180 Jahren im äußersten Osten von NRW erstmals wieder ein Wolf nachgewiesen werden. Es folgten im Januar 2015 ein weiteres Tier in Ostwestfalen und ein Tier im Kreis Siegen-Wittgenstein. 2016 wurden  fünf Wölfe in NRW nachgewiesen. Zuletzt am 23. April im Kreis Steinfurt.

40 Wolfsrudel gibt es in Deutschland

Wie wahrscheinlich ist es, dass weitere Wölfe nach NRW kommen?

Sehr wahrscheinlich, sagt Nabu-Sprecher Pusch. Neun Wolfsrudel gibt es derzeit in Niedersachsen. Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis auch wieder Wölfe durch NRW streifen. Weitere werden wohl folgen. Wo genau die Wölfe hinwandern, lässt sich laut Pusch aber nicht voraussagen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass sich Wölfe in NRW ansiedeln?

Genau prognostizieren lässt sich auch das nicht. Geeignete Gebiete gibt es aber, zum Beispiel die Senne, der Kreis Lippe, der Teutoburger Wald, die Eifel, die Wahner Heide oder das Siebengebirge. „Es ist jedoch unklar, ob der Wolf das auch so sieht“, sagt Pusch.

Wie viele Rudel gibt es derzeit in Deutschland?

In Deutschland gibt es laut einer Statistik des Nabu derzeit 40 Wolfsrudel, beziehungsweise reproduktionsfähige Paare: Zwölf in Sachsen, elf in Brandenburg, neun in Niedersachsen, sechs in Sachsen-Anhalt und zwei in Mecklenburg Vorpommern. Ein Rudel besteht aus zwei erwachsenen Wölfen und  zwei bis zehn Jungwölfen.

Wölfe kommen aus dem Osten

Wo kommen die Wölfe her?

Die Wölfe kommen aus dem Osten zurück nach Deutschland. Aus Polen kommen die Tiere nach Sachsen und wandern von dort weiter Richtung Westen. Zuvor waren sie aus Russland nach Polen gekommen.

Was bedeutet die Anwesenheit des Wolfes für die Landwirtschaft?

Vor allem Schäfern könnten Wölfe Probleme machen, weil Schafe zur Beute von Wölfen gehören können. Deshalb müsse der Schutz der Tiere verbessert werden, sagt Nabu-Sprecher Thomas Pusch.  Dazu gibt es spezielle Herdenschutzzäune. „Das ist sehr aufwendig, weil die Zäune ständig unter Strom gehalten werden müssen. Aber es hat sich in Vergangenheit gezeigt, dass der Herdenschutz funktioniert“, sagt Pusch. Wer kommt für die Schäden auf, die von Wölfen verursacht werden? Nachgewiesene Schäden werden vom Umwelt-Ministerium  beglichen. Dazu wird der Wert ermittelt, den das gerissene Tier zu dem Zeitpunkt der Attacke  hatte.

Was müssen Haustierbesitzer beachten?

„Herumstreunende Katzen könnten Schwierigkeiten bekommen“, sagt Pusch. Wenn ein Hund auf einen Wolf trifft, wird der Wolf diesen als Konkurrenz ansehen und ihn so schnell wie möglich aus seinem Revier vertreiben wollen. „Das kann für Hunde schmerzhaft bis tödlich enden“, sagt Pusch. Hunde sollten daher immer sofort abrufbar sein und nicht unbeaufsichtigt in den Wald hineinlaufen.

Genießen, statt in Panik auszubrechen

Wie verhält man sich, wenn man einem Wolf begegnet?

„Stehen bleiben und den kurzen Moment genießen“, sagt  Pusch. Denn die Wahrscheinlichkeit, einem Wolf zu begegnen, ist gering. Will man  kein Risiko eingehen, sollte man sich langsam zurückziehen. Der Wolf wird es einem gleichtun und sich ebenfalls kontrolliert zurückziehen. In Panik ausbrechen wird er nicht. Wer in Panik gerät, kann das Tier auch mit lautem Schreien und Klatschen verscheuchen. Dass der Wolf angreift, ist unwahrscheinlich.

Warum hat der Wolf so einen schlechten Ruf?

Für Pusch liegt der Grund für den schlechten Ruf des Wolfes in der Geschichte. „Die Landbevölkerung war früher sehr arm und stand in Konkurrenz mit dem Wolf, der häufig Nutztiere gerissen hat“, sagt er. „Dazu kamen Geschichten wie Rotkäppchen. Der Wolf wurde dämonisiert.“ In anderen Weltregionen ist das nicht so. In Nordamerika sei der Wolf ein Jagdpate, so Pusch. Und schließlich sei auch der Haushund aus dem Wolf hervorgegangen. Die Angst sei jedenfalls unbegründet.

Welche Wildtiere stehen noch vor einer Rückkehr nach NRW?

„Der Fischotter, die Wildkatze und der Luchs auf alle Fälle“, ist sich Pusch sicher. Von allen Tieren gibt es auch bereits bestätigte Sichtungen. Dass  auch der Bär nach NRW zurückkehrt ist laut Pusch dagegen unwahrscheinlich.

Steckbrief: Der europäische Wolf

Lat. Name: Canis lupus lupus

Familie: Canidae (Hundeartige)

Länge: 100 bis 140 Zentimeter (Rüden), 97 bis 124 Zentimeter (Fähe)

Merkmale: dunkler Sattelfleck, heller Schnauzenbereich, dreieckige Ohren, hochbeinig, fast immer hängender Schwanz

Geschlechtsreife: meist mit 22 Monaten

Paarungszeit: Februar/März

Tragzeit: 61 bis 63 Tage

Wurfzeit: April/Mai, vier bis sechs Junge pro Wurf

Nahrung: Mittelgroße Säugetiere (Wild, Wildschweine, Hasen)

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