Tierische IrrtümerHat ein Pferd nur ein PS?

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Hat ein Pferd auch ein PS?

Hat ein Pferd auch ein PS?

Wie viel PS hat eigentlich ein Pferd und wie viele Beine ein Hundertfüßer? Die Antworten scheinen einfach - sie sind es aber keinesfalls. Wir haben tierische Irrtümer und Fehleinschätzungen unter die Lupe genommen:

Ein Pferd hat ein PS:

Nun bleibt nur noch die Frage nach der PS-Stärke eines Pferdes zu klären. Eigentlich sollte man ja meinen, dass ein Pferd eine einzige davon hat, eine Pferdestärke eben. Aber weit gefehlt, ein Pferd kann kurzfristig locker bis zu 20 PS und mehr leisten. Das Zauberwort ist hier allerdings "kurzfristig", denn auf Dauer gesehen, kommt das mit dem einem PS schon in etwa hin. Dem guten alten James Watt (1736 - 1819) wird zugeschrieben, er habe sich das mit der einen Pferdestärke ausgedacht. Watt hatte die Dampfmaschine zwar nicht erfunden, aber entscheidend verbessert, und suchte nun eine Einheit, mit deren Hilfe er die Leistungsfähigkeit dieser Neuerung verdeutlichen konnte. Zu seiner Zeit wurden viele Arbeiten noch von Pferden erledigt und so lag es irgendwie auf der Hand, die Kraft eines Pferdes zum Vergleich heranzuziehen. Einer in Geschichtsbüchern verbreiteten Erklärung nach, kam Watt aufgrund von Beobachtungen auf folgende Rechnung: Ein Pferd kann dauerhaft über einen zehnstündigen Arbeitstag hinweg in einem Bergwerk pro Minute 330 britische Pfund (lbs) Kohle 100 Fuß (ft) in die Höhe heben. So ergeben sich pro Minute 33.000 foot-pounds (ft/lbs) und genau die bezeichnete er als eine Pferdestärke.

Regenwürmer sind klein:

Regenwürmer sind klein oder doch zumindest ziemlich kurz, halt nur wenige Zentimeter lang. Ach ja wirklich? Klar, beim ordinären Kompostwurm (Eisenia foetida) ist so um die 10 Zentimeter Schluss, es gibt aber auch durchaus längere Gesellen, so erreichen etwa die als Tauwürmer (Lumbricus terrestris) bekannten Tierchen schon bis zu 30 cm Länge. Immer noch nicht genug: Wie wäre es dann mit dem südafrikanischen Michrochaetus rappi, der es auf durchschnittliche 1,30 Meter bringt? Dieser Spezies entstammt auch das 1937 in Transvaal gefundene Exemplar, das als längster Regenwurm der Welt im Guinessbuch der Weltrekorde steht - mit stolzen 6,7 Metern Körperlänge.

Das Faultier ist das verschlafendste Tier:

Deutlich kürzer ist ein anderer tierischer Irrtum: Das faulste Tier der Welt ist natürlich das Faultier, sonst würde es ja nicht so heißen, oder? Naja, mit den Namen ist das so eine Sache im Tierreich, sie führen einen oft in die Irre. In der Tat verschläft ein Faultier den größten Teil des Tages, durchschnittlich etwa 18 Stunden. Dennoch gibt es jemanden, der es noch besser kann: Der putzige Koalabär schläft bis zu 20 Stunden am Tag. Auch beim Koalabären täuscht der Name übrigens: Der kleine Australier ist nämlich kein Bär, sondern ein Beuteltier.

Säugetiere legen keine Eier:

In Australien findet man auch den Gegenbeweis für eine weitere Fehleinschätzung. Jedes Kind weiß doch, dass Säugetiere keine Eier legen. Eigentlich stimmt das ja auch - mit Ausnahme der Schnabeltiere und Ameisenigel. Diese legen nun zwar Eier, haben aber keine Zitzen zum Säugen der Nachkommenschaft. Damit das nicht zum Problem wird, tritt die Milch aus speziellen Drüsen aus, dem sogenannten Milchfeld. Das ist für die Nachkommenschaft zwar nicht ganz so komfortabel, funktioniert aber auch. Übrigens ist das Schnabeltier auch das einzige giftige Säugetier, dass stechen kann - nur für den Fall, dass jemand geglaubt haben könnte, Säugetiere seien per se nicht giftig. Die Giftsporne sitzen im Übrigen an den Hinterbeinen und sollten nicht unterschätzt werden.

Läuse im Lippenstift?

Tja, manchmal, da gibt's eben Sachen, die gibt's gar nicht - zum Beispiel Läuse im Lippenstift. Oder gibt's die doch? Die gibt es schon: Organisches Karmin verdankt seine schönen Rottöne den Schildläusen, die getrocknet, ausgekocht und aufbereitet werden. Getrocknete Schildläuse enthalten etwa 15 Prozent Karmin. Heute wird die organische Farbe aber oft durch synthetischen Farbstoff ersetzt - ganz zur Beruhigung der Damenwelt und natürlich auch der Schildläuse, versteht sich.

Je größer die Scheren, desto gefährlicher das Tier:

Nicht unterschätzen sollte man auch die Gefährlichkeit der Skorpione, die man den Tieren in der Regel ja schon an ihren Scheren ansieht: Je größer und breiter diese sind, desto gefährlicher der Chitinpanzerträger - oder? Klar, dass ein Tier mit großen und breiten Scheren kräftig zwicken kann, wirklich gefährlich kann aber eigentlich nur das Gift der Skorpione werden. Hier kennen Experten die Faustregel: Je kleiner und dünner die Scheren, desto gefährlicher ist das Gift, das die Tiere mit ihrem Stachel injizieren. Aber vorsicht: Das ist nur eine Faustregel, einige Skorpione können dem Menschen sehr gefährlich werden. Zwar sind es keine wilden Stechmonster - das ist wieder ein Irrtum - sehen sie sich aber bedroht (dazu zählt auch versehentliches Drauftreten im hohen Gras), verteidigen sie sich.

Schlangen sind langsam:

Im hohen Gras lauert auch ein weiterer Irrtum, nämlich der, dass Schlangen langsam seien. Natürlich sind keine Sprintweltmeister unter ihnen, aber auf über 20 km/h kann es zum Beispiel die Schwarze Mamba (Dendroaspis polylepis) durchaus bringen.

Hundertfüßer haben einhundert Beine:

Für höhere Geschwindigkeiten braucht man dann aber vielleicht doch ein paar vernünftige Beine.

Reichlich davon haben ja Hundertfüßer. Aber sind es wirklich einhundert? Nein natürlich nicht. Zwar schleppen sich die Tierchen je nach Körperbau auf 15 bis 191 Beinpaaren durch die Botanik, aber nie und nimmer nicht auf 50 Beinpaaren, also einhundert Einzelbeinen. Das ist nämlich gar nicht möglich, da Hundertfüßer immer nur eine ungerade Anzahl von Beinpaaren ihr Eigen nennen, 50 ja aber nun einmal eine gerade Zahl ist. Da sich aus jedem Körpersegment nur zwei Beinpaare entwickeln können, die vordersten aber zu Giftklauen umgebildet werden, kann dabei nur eine ungerade Anzahl von Beinpaaren herauskommen. Hundertfüßer mit einhundert Beinen kann es also gar nicht geben.

Schnecken schlecken:

Wie sieht es denn dann mit den Zähnen der Schnecken aus, gibt es die etwa auch nicht? Hat man ja schließlich noch nie gehört sowas. Doch, doch, hat man schon, zumindest als Biologe. Wie es sich für Schnecken gehört, tragen sie ihre Zähne auf der Zunge, Raspelzunge oder auch Radula nennt sich das dann. Da sitzen dann zwar keine einzelnen großen säbelzahntigerartigen Hauer, dafür aber umso mehr kleine und feine, bis zu 25.000 Stück.

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