EntwicklungsstörungenSmartphones und Tablets können Kinder krank machen

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Berlin – Den meisten dämmerte es wahrscheinlich schon länger: Die Nutzung digitaler Medien kann dramatische Auswirkungen auf die Fähigkeiten und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen haben. Experten gehen mittlerweile von etwa 600.000 internetabhängigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus. Über die Auswirkungen eines übermäßigen Medienkonsums auf Kinder war bisher aber nur wenig bekannt.

Eine am Montag in Berlin vorgestellte Studie ändert das nach Auffassung ihrer Autoren. Demnach sei der Schluss zulässig, dass der Konsum digitaler Medien via Smartphone und Co. Kinder tatsächlich krank machen kann. Denn: Die Studie stellt einen Zusammenhang zwischen einer intensiven Mediennutzung und Entwicklungsstörungen der Kinder fest. In den Augen der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), ist das ein Novum: „Die Studie zeigt, welche gesundheitlichen Folgen Kinder erleiden können, wenn sie im digitalen Kosmos allein gelassen werden.“

Der vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenen Studie zufolge nutzen 70 Prozent der Kinder im Kita-Alter das Smartphone ihrer Eltern mehr als eine halbe Stunde täglich. Einer der Studienleiter, Uwe Büsching vom Vorstand des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, wies zudem darauf hin, dass 90 Prozent der Kinder digitale Medien unkontrolliert, also ohne Begleitung von Erwachsenen, nutzen würden. Dass es zwischen diesem unkontrollierten Konsum und Entwicklungsstörungen der Kinder einen Zusammenhang gibt, sieht er nun als erwiesen an.

Demnach berge der übermäßige Medienkonsum für Kinder deutliche Gesundheitsrisiken. Diese würden von Fütter- und Einschlafstörungen  bei Babys über Sprachentwicklungsstörungen bei Kleinkindern bis zu Konzentrationsstörungen im Grundschulalter reichen.

Die Ergebnisse nach Altersgruppen:

  • Kinder im Alter zwischen einem Monat und einem Jahr:
  • Kinder im Alter zwischen zwei und fünf Jahren:
  • Kinder im Alter zwischen acht und 13 Jahren:

Für Mortler ist nach der Vorstellung dieser Ergebnisse klar: „Wir müssen die gesundheitlichen Risiken der Digitalisierung ernst nehmen.“ Eltern bräuchten mehr Beratung und Orientierung. Riedel sagte: „Der richtige Umgang mit den digitalen Medien muss frühzeitig kontrolliert geübt werden.“ So müssten auch Lehrer besonders geschult sein, wenn Tablets in der Schule zum Einsatz kämen.

Uwe Büsching vom Vorstand des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, ebenfalls einer der Studienleiter, sagte, Kinder sollten vor dem 12. Geburtstag kein Smartphone bekommen. Ähnlich wie im Straßenverkehr brauche es für die Mediennutzung klare Regeln. Vor dem Kauf eines Handys für Minderjährige sollten Eltern mit ihren Kindern einen Vertrag über Grenzen der Nutzung abschließen. Ob dieser eingehalten wird, müssten die Eltern dann auch kontrollieren. Wichtig sei, dass Kinder nicht unbeaufsichtigt im Internet surften und dass es eine automatische Abschaltfunktion nach einer bestimmten Dauer gebe.

Schutz vor Mobbing

Auch sei es ratsam, wenn Eltern bei Klassenchats per Smartphone mitlesen würden. Das könne die Minderjährigen auch vor Mobbing schützen. Gut seien auch handyfreie Zonen etwa am familiären Esstisch. Neben der Nutzung digitaler Medien sollten auch Freiräume etwa zum Klettern, Malen oder Schwimmen bestehen. „Kicken statt Klicken“ könne etwa das Motto lauten, wenn Kinder gern Fußball spielen.

Fünf Kinder erklären ihren Medienkonsum

Charlotte (12): 

Wie viel Zeit bist du täglich im Internet? Ich bin so zwei bis zweieinhalb Stunden am Handy. Den Computer benutze ich seltener, weil ich eigentlich fast alles auch am Handy machen kann.

Womit verbringst du die meiste Zeit online? Vor allem schaue ich Youtube-Videos und schreibe in unsere Klassengruppe bei Whatsapp. Manchmal benutze ich auch Instagram.

Welche Regeln gibt es bei dir zu Hause? Ich muss das Handy abends spätestens um 20 Uhr aus machen. Auch wenn ich Hausaufgaben mache, muss das Handy weg. Englisch-Vokabeln oder sowas schaue ich dann am PC nach.

Simon (10):

Wie viel Zeit bist du täglich im Internet? Ungefähr eine Dreiviertelstunde. Aber dann auch nur am Tablet von meinem Vater. Mein Handy nutze ich fast gar nicht.

Womit verbringst du die meiste Zeit online? Vor allem spiele ich verschiedene Spiele. Alle zwei Wochen schreibe ich mal mit alten Grundschulfreunden bei Whatsapp.

Welche Regeln gibt es bei dir zu Hause? Nach der Schule darf ich kurz ans Tablet. Aber beim Essen darf ich es gar nicht benutzen. Wir haben auch keinen Klassen-Chat bei Whatsapp, weil unsere Schule das verboten hat.

Lea Zoé (11):

Wie viel Zeit bist du täglich im Internet? Nur ungefähr 30 Minuten.

Womit verbringst du die meiste Zeit online? Etwa zehn Minuten bin ich bei Whatsapp und lese die Nachrichten, die meine Klassenkameraden in unsere Gruppe schreiben. Manchmal schreibe ich auch was dazu. Und 20 Minuten lang spiele ich Apps. Vor allem, wenn ich in der Bahn sitze. Da ist mir oft langweilig.

Welche Regeln gibt es bei dir zu Hause? Ich darf abends nicht ans Handy. Und auch beim Essen nicht. Und nachts lade ich immer das Handy auf, damit ich am nächsten Tag genug Akku habe, falls meine Eltern mich erreichen wollen.

Carolin (12):

Wie viel Zeit bist du täglich im Internet? Ungefähr anderthalb Stunden. Manchmal aber auch ein bisschen mehr. Und oft auch nur etwa 15 Minuten am Stück.

Womit verbringst du die meiste Zeit online? Instagram, Snapchat und Whatsapp. Da kann ich mit meinen Freunden chatten. Spiele nutze ich nur wenn es gerade einen besonderen Trend gibt.

Welche Regeln gibt es bei dir zu Hause? Ich darf das Handy beim Essen nicht benutzen. Nachts darf es aber in meinem Zimmer bleiben. Ich soll es dann zwar nicht mehr nutzen, aber meine Eltern vertrauen mir da.

Jesse (12):

Wie viel Zeit bist du täglich im Internet? Zwei Stunden am Wochenende und wenn ich nicht so lange Schule habe. Ansonsten nur eine oder anderthalb Stunden.

Womit verbringst du die meiste Zeit online? Am Handy bin ich viel bei Whatsapp und Youtube. Den Computer benutze ich gar nicht. Manchmal spiele ich auch die Spiele-App „Clash Royal“.

Welche Regeln gibt es bei dir zu Hause? Wenn ich esse oder vor dem Fernseher sitze, darf ich das Handy nicht benutzen. Und auch wenn ich zu Freunden gehe soll ich das Handy zu Hause lassen, damit das nicht beim Spielen stört.

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