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Sterbehilfe in DeutschlandTötung von Neu- und Ungeborenen in Ausnahmefällen erlaubt

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Ultraschall bei einer Schwangeren

Eine Hebamme hört den Bauch einer schwangeren Frau ab, um die Herztöne des Babys zu prüfen. (Symbolbild)

Köln – Es ist eine der schwierigsten Fragen für Moralphilosophen und Juristen: In welchen Fällen darf menschliches Leben aktiv beendet werden? Debatten hierüber gibt es über das Ende des Lebens wie auch über dessen Anfang. Dürfen Schwerkranke aktiv getötet werden, um ihnen Leid zu ersparen? In Deutschland sagt der Gesetzgeber nein.

Das Prinzip des Notstandes

Beim beginnenden Leben werden hingegen Ausnahmen zugelassen. So dürfen Paare, die genetische Krankheiten vererben, mittels einer Präimplantationsdiagnostik „unbelastete“ Embryonen, die künstlich befruchtet wurden, auswählen. Auch die Pränataldiagnostik kann Gründe für den Schwangerschaftsabbruch liefern.

Neben der Notwehr gibt es auch den Notstand als rechtliches Prinzip. Es gibt Schicksale von Kindern, sagen Ethik-Experten, die einem Fall des Notstands entsprechen. In Deutschland existieren klare Kriterien für die Ausnahme von der Regel des Tötungsverbots. Wenn Neugeborene aussichtslos und qualvoll leiden, sind solche begründeten Ausnahmen gegeben. So wie im Fall einer Notwehr. Das betrifft Kinder im Mutterleib oder auch Neugeborene, die man ohne jede Bemühung zur Lebenserhaltung sterben lässt, nachdem klar geworden ist, dass ihre Lebensspanne extrem begrenzt und extrem qualvoll sein wird.

In Extremfällen ist aktive Tötung ethisch richtig

Ein Fall? Epidermolysis bullosa atrophicans letalis. Wenn Kinder damit geboren werden, leben sie in aller Regel längstens vier Wochen. Ihre Haut löst sich vom Körper ab. Das ist ein äußerst schmerzhafter Vorgang, der mit Schmerzmitteln nicht ausreichend zu lindern ist. Wer das Leben dieser Kinder intensivmedizinisch verlängert, verlängert auf verwerfliche Weise ihre Qual. Und wer sie einfach bloß sterben lässt, verurteilt sie immer noch zu einem furchtbaren Tod.

„Man kann aber aus dem unbestrittenen Recht auf Leben weder ethisch noch rechtlich eine Pflicht zu einem qualvollen Sterben ableiten“, sagt der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel (Uni Hamburg). Daher berührt selbst die aktive Tötung solcher Kinder deren Recht auf Leben nicht, folgert das frühere Mitglied des Deutschen Ethikrates. Moralisch kann dies in Extremfällen sogar geboten sein.

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