Aggressive FahrerTürkischstämmige Taxifahrer in Berlin bedrohen Cem Özdemir

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Cem Özdemir und einige seiner Kollegen fühlen sich vereinzelt von türkischstämmigen Taxifahrern bedroht.

Berlin – Türkischstämmige Bundestagsabgeordnete in Berlin haben massive Probleme mit aggressivem Verhalten nationalistischer türkischstämmiger Taxifahrer. Hauptgrund ist die Unterstützung für die im vorigen Sommer verabschiedete Armenien-Resolution des Parlaments, in der das gewaltsame Vorgehen des Osmanischen Reiches gegen die Armenier als „Völkermord“ deklariert wird. Dies ist dem Regime des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein Dorn im Auge.

Beschwerde beim Taxigewerbe

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir hat sich nun in einem Brief an die Innung des Berliner Taxigewerbes e.V. beschwert und gefordert, dass etwas gegen diesen Zustand unternommen werde. So sei ihm sowohl vom Bundeskriminalamt als auch von einigen Berliner Taxifahrern abgeraten worden, weiterhin Transfers mit dem Taxi wahrzunehmen, so Özdemir. Alevitische und kurdische Taxifahrer hätten ihn sogar angesprochen und erzählt, da gebe es andere Fahrer, die gesagt hätten: „Ich mach den kalt. Oder: Ich spucke dem ins Gesicht.“ Es sei auch nicht bei verbalen Aggressionen geblieben. Zum Beispiel habe ein Fahrer, als er merkte, wen er beförderte, plötzlich das Tempo verschärft, um seiner Wut über Özdemir Ausdruck zu verleihen. Dessen kleiner Sohn saß unterdessen mit im Auto.

„Alarmiert hat mich vor allem, dass es nicht nur mich betrifft, sondern auch andere Abgeordnete, türkischstämmige wie nicht türkischstämmige, oder Journalisten wie Can Dündar“, sagte Özdemir der Berliner Zeitung und fügte hinzu. „Ich habe überhaupt kein Problem mit Meinungsäußerungen. Und ich weiß, dass gerade das Thema Armenien emotional diskutiert wird. Aber bei Bedrohungen, Beschimpfungen und Aggressionen ist Schluss."

Unter Beobachtung des BKA

Der 51-Jährige steht seit der Armenien-Resolution wegen erheblicher Drohungen unter verschärfter Bewachung des Bundeskriminalamtes. Obwohl die Bundestagsverwaltung ihm und anderen Kollegen von Taxifahrten aufgrund der Bedrohungslage abgeraten hatte, greift er zuweilen dennoch auf Taxis zurück, weil der Fahrservice des Parlaments, den Abgeordnete prinzipiell in Anspruch nehmen können, mehr Zeit braucht und Özdemir diese Zeit manchmal nicht hat. Das Büro der linken Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen berichtet von ähnlichen Bedrohungs-Erlebnissen wie Özdemir, der seit voriger Woche auch Spitzenkandidat der Grünen ist. Dessen Fraktionskollege Özcan Mutlu fährt hingegen nach Auskunft seines Büros nicht Taxi, hat aber nach der Armenien-Resolution zahllose Hassmails bekommen.

„Die Kollegen aus der türkei sind immer sehr emotional“

Der Vorsitzende der Innung des Berliner Taxigewerbes e.V., Leszek Nadolski, sagte dieser Zeitung: „Wir bedauern sehr, dass es zu diesen Vorfällen gekommen ist. Uns war das nicht bewusst.“ Es gebe unter den schätzungsweise 15000 Berliner Taxifahrern sehr viele Migranten und unter ihnen wiederum sehr viele Türken. „Und die Kollegen aus der Türkei sind immer sehr emotional. Vielleicht ist das etwas aus dem Ruder gelaufen.“

Nadolski, der selbst polnischer Abstammung ist, will das Gespräch mit Özdemir suchen, spricht sich allerdings darüber hinaus schon jetzt für eine technische Lösung des Problems aus. „Ich plädiere dafür, in Taxen Kameras einzubauen“, erklärte er. „Das wäre im Interesse des Fahrers und des Fahrgastes. Man wüsste hinterher genau, was tatsächlich vorgefallen ist.“ Von den rund 3000 Berliner Taxi-Unternehmen sind zirka 300 in seinem Verband organisiert.

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