Claus-BrunnerPiraten-Politiker soll Opfer mit Sackkarre durch Berlin gefahren haben

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Der Abgeordnete der Piratenpartei Berlin, Gerwald Claus-Brunner, spricht am 22.11.2011 bei einer Fraktionssitzung der Piratenpartei im Abgeordnetenhaus in Berlin.

Berlin – Der am Montag tot aufgefundene Piraten-Politiker Gerwald Claus-Brunner, soll vor seinem Suizid einen Mann getötet haben. Die Polizei teilte am Dienstag mit, dass sie anhand der „Auffindesituation“ von einem Tötungsdelikt ausgehe. Der 44-Jährige war am Montag in seiner Wohnung an der Schönhauser Straße in Steglitz gefunden worden.

Zuvor hatte er einen Abschiedsbrief an die Zentrale der Berliner Piratenpartei geschickt. Parteifreunde alarmierten die Polizei. Diese öffnete mit der Feuerwehr die Wohnung des Politikers.

„Schauriges Bild“

„Den Einsatzkräften bot sich in der Wohnung in der Schönhauser Straße ein schauriges Bild“, teilte die Polizei am Dienstag mit. Die Beamten fanden die mit Kabelbindern gefesselte Leiche eines jungen Mannes sowie die Leiche von Gerwald Claus-Brunner.

Am Dienstag wurden beide obduziert. Wie die Polizei mitteilte,  bestätigte  die Autopsie, dass sich Claus-Brunner das Leben nahm. Bei dem anderen Toten –  einem jüngeren Mann, dessen Identität noch nicht abschließend geklärt sei – habe man festgestellt, dass er durch „stumpfe Gewalt gegen den Oberkörper“ getötet worden sei.  Die Tat soll mehrere Tage zuvor stattgefunden haben.

Näheres teilte die Polizei nicht mit.  Derweil tun sich vor den Ermittlern Abgründe auf: Bei dem Getöteten soll es sich um einen 27-Jährigen handeln, der früher für den Abgeordneten gearbeitet hat. Claus-Brunner soll ihm nachgestellt haben.

An der Tür überwältigt und erschlagen

Der Jüngere fühlte sich belästigt und zeigte ihn wegen Stalkings an. „Inwieweit es einen Stalking-Hintergrund geben könnte, das ist Gegenstand der Ermittlungen“, sagte Martin Steltner von der Staatsanwaltschaft. In der vergangenen Woche soll Claus-Brunner den 27-Jährigen in dessen Weddinger Wohnung aufgesucht haben.

Er soll ihn an der Tür überwältigt, gewürgt und durch Schläge auf den Kopf getötet haben. Dann soll er ihn mit Kabelbindern gefesselt und per Sackkarre und Auto  in seine Steglitzer Wohnung geschafft haben. Die Ermittler gehen Hinweisen nach, wonach der Täter das Opfer sexuell missbraucht haben soll.

Dies wollen bislang weder Polizei noch Staatsanwaltschaft  bestätigen.  Nach dem Mord isolierte Claus-Brunner zwei Kabel ab, wickelte sie sich um die Handgelenke und schaltete den Strom ein. Als gelernter Mechatroniker verstand er es, einen Sicherungskasten zu manipulieren.

Die Piratenpartei veröffentlichte nach Claus-Brunners Tod auf ihrer Webseite einen Nachruf. Er habe seinem Leben selbst ein Ende gesetzt. „Faxe“ (so lautete der Spitzname des Politikers) habe gewusst, dass er unheilbar krank gewesen sei, hieß es noch am Montag. Laut Steltner wurde bei der Obduktion keine unheilbare Krankheit festgestellt. Inzwischen haben die Piraten diesen Satz aus ihrer Erklärung gestrichen. Claus-Brunner gehörte zur Berliner Piratenfraktion, die 2011  mit 8,9 Prozent und 15 Abgeordneten als erste in einen deutschen Landtag einzog und bei der Wahl am Sonntag ausschied.

Claus-Brunner machte Anspielungen auf seinen Tod

Am 23. Juni hatte Claus-Brunner in seiner letzten Rede vor dem Abgeordnetenhaus  eine Anspielung  auf seinen bevorstehenden Tod gemacht: „Und ihr werdet auch in der laufenden Legislatur für mich am Anfang irgendeiner Plenarsitzung mal aufstehen dürfen und eine Minute stillschweigen.“

Zuletzt hatte Claus-Brunner sich noch einmal über seinen Twitter-Account gemeldet: „Echter Kacktag heute, übertrifft sämtliche schlechten tage die ich je erlebt hatte bisher. Hoffe das Wochenende machts besser“, schrieb er am vergangenen Sonnabend. Etwas später twitterte er das Foto eines jungen Mannes, der ihm in der S-Bahn gegenüber saß. „Meine Liebe, mein Leben, für dich lieber Wuschelkopf, für immer und ewig!“, schrieb er dazu. Es ist noch unklar, wen das Bild zeigt.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben uns entschieden, in der Regel nicht über Selbsttötungen zu berichten, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Der Grund ist die hohe Nachahmerquote. Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (http://www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110-111 oder 0800-1110-222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus scheinbar aussichtslosen Situationen aufzeigen konnten.

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