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Deutsch-Russisches ForumSteinmeier kündigt Kursänderung bei Russland-Sanktionen an

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Pic Steinmeier

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bei einer Pressekonferenz in Litauen vor wenigen Tagen.

Berlin – Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) will den deutschen Kurs gegenüber Russland ändern und wieder stärker auf Dialog setzen. Er setze sich für eine Lockerung der Strafsanktionen für die Krim-Annexion sowie für einen verstärkten Austausch mit Moskau ein. Zudem kündigte Steinmeier neue deutsch-russische Kooperationen an.

„Sanktionen sind kein Selbstzweck“, sagte er in einer Grundsatzrede auf der Jahreskonferenz des Deutsch-Russischen Forums am Montagabend in Berlin. Auch dürften die Strafmaßnahmen durch Russland kein Mittel sein, „um einen anderen Partner in die Knie zu zwingen“, so Steinmeier. „Niemand kann ein Interesse daran haben, dass Russland wirtschaftlich völlig ruiniert wird. Das wäre ganz gewiss kein Beitrag für mehr Sicherheit in Europa.“

Sanktionen „auf intelligente Weise“ einsetzen

Weil der Stand der Umsetzung des Minsker Friedensabkommens zwischen Russland und der Ukraine militärisch wie politisch unbefriedigend sei, müsse zwar der Druck aufrecht erhalten werden. Die Sanktionen müssten aber „auf intelligente Weise“ eingesetzt werden. Eine Anerkennung der Annexion sei keine Option, betonte Steinmeier. Aber: „Ein Alles oder Nichts bringt uns unserem Ziel nicht näher.“ Deshalb habe er bereits vorige Woche vorgeschlagen, Anreize zu setzen: „Bei substanziellen Fortschritten muss auch ein stufenweiser Abbau des Sanktionsinstrumentariums möglich sein.“

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Zwar sei der Einigungswille der Konfliktparteien derzeit gering, doch wollten beide Seiten am Friedensprozess festhalten. Deshalb will Steinmeier nun verstärkt auf die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als Verhandlungsformat setzen, deren Vorsitze Deutschland in diesem Jahr übernommen hat. Sie sei „die einzige europäische Institution, in der EU-Länder, östliche Nachbarn der EU und Russland noch gemeinsam vertreten sind“ und so „in dieser außergewöhnlichen Situation ein Mindestmaß an Dialogfähigkeit erhalten“ könne. 

Nicht mit Abschottung reagieren

Die Kritik an der Rolle Russlands im Ukraine-Konflikt bleibe ebenso wie die „an einem staatlich geförderten, illiberalen Nationalismus und der Verengung der Spielräume für die russische Zivilgesellschaft“, so Steinmeier. Doch auf „Enttäuschung und Beleidigung“ dürfe man nicht mit Abschottung reagieren. Das gelte auch für die Nato. Er wende er sich gegen den „Rückfall in eine Nato-Philosophie, die sich ausschließlich und nur noch auf die Stärkung militärischer Fähigkeiten beschränkt“. Deutschland werbe innerhalb der Nato für die Wiedereinsetzung des Nato-Russland-Rates, inzwischen mit wachsendem Erfolg. 

Um der „drohenden Entfremdung unserer Gesellschaften“ entgegenzuwirken, habe er mit Moskau zudem einen Jugendaustausch, stärkere Hochschulkooperation und die Gründung eines neuen Zentrums für Osteuropa-Studien vereinbart.

Bereits am Montagmittag hatte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley betont, die Sozialdemokraten würden für eine Lockerung der Sanktionen eintreten. Die Union lehne das bisher aber ab.

Jean-Claude Juncker reist nach Russland

Die EU-Staaten planen, bei ihrem Gipfel im Juni über eine mögliche Verlängerung der Sanktionen gegen Moskau abzustimmen. Noch verhindern Polen und die Baltenstaaten eine Lockerung. Bisher hatte die EU deren Aufhebung an eine vollständige Erfüllung von Minsk geknüpft, das etwa ein Ende der Gefechte und den Abzug schwerer Waffen aus den umkämpften Gebieten vorsieht. 

Kurz vor dem Gipfel will Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker persönlich nach Russland reisen und am Rande des Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt-Petersburg auch Präsident Wladimir Putin treffen. Ein Sprecher sagte am Montag in Brüssel, dann werde auch die EU-Position zu den Sanktionen Thema sein.  

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