Abo

Ditib-Zentralmoschee in KölnMit fünf Jahren Verspätung endlich in Betrieb

Lesezeit 4 Minuten
Zentralmoschee1

Die Ditib-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld

Köln – Bauen ist eine vertrackte Sache in Köln. Oper, Schauspiel, U-Bahn, Brücken, historische Mitte – allenthalben hakt es. Immerhin, die Kölner Zentralmoschee an der Venloer Straße ist eigentlich fertig. Aber sie ist noch nicht offiziell eröffnet. Schade und irgendwie seltsam.

Zum Freitagsgebet strömen die Gläubigen bereits in den gewaltigen Kuppelsaal. Sie müssten schon sehr genau hinschauen, um letzte Details zu entdecken, die noch der Vollendung harren. Hier fehlt ein Relief, dort sind Stützpfosten noch nicht verschraubt, und in der Ladenpassage im Untergeschoss müssten sich noch Mieter einrichten, sagt Ayse Aydin, Sprecherin der Türkisch-Islamischen Union Ditib als Bauherrin.

Gelöste Stimmung unter den Besuchern

Bei einem Besuch am Wochenende nehme ich die Stimmung in der Moschee als freundlich-gelöst wahr. Ganze Familien bevölkern den Gebetsraum, Männer, Frauen und Kinder, alle vereint. Vom Minbar, der Kanzel für die Predigt des Imams, blickt ein kleiner Junge herunter, und auf der Galerie, die beim Gebet den Frauen zugewiesen ist, amüsieren sich zwei Teenager mit Kopftüchern.

Alles zum Thema Henriette Reker

Architekt Böhm ist zufrieden

Er sei damit „zufrieden, wie es geworden ist“, sagt Paul Böhm, der Architekt des beeindruckenden Gebäudes. Nicht alles entspreche seinen ursprünglichen Wünschen. Doch am Ende habe er sich über die Gestaltung des Innenraums mit der Ditib einigen können.

„Ich besuche die Moschee gern“, meint Böhm und verweist auf einen Mann, der viel für das Projekt und sein Gelingen getan habe: Fritz Schramma. Kölns ehemaliger OB brachte den Architekten, dessen Büro zu den international führenden Adressen für modernen Sakralbau gehört, und die Bauherrin nach einem Zerwürfnis wieder zusammen. Vorher hatte sich die Ditib demonstrativ wegen angeblicher Baumängel und Fehler in der Aufsicht von Böhm getrennt.

Früherer OB Schramma engagierte sich sehr

Schrammas Einsatz im Rahmen eines Mediationsverfahrens sei „professionell und zielführend“ gewesen, lobt Böhm. Andernfalls wäre der Stillstand zum Dauerzustand geworden. Zumindest hätten sich die Bauarbeiten noch weiter verzögert. Bereits 2012 sollte die Moschee fertig sein. Mit fünf Jahren Verspätung ist sie jetzt betriebsbereit.

Viele Kölner haben den Kuppelbau, diesen Blickfang am Eingang zum Stadtteil Ehrenfeld, bereits besucht – in Führungen, zu Vorträgen oder Konzerten im Rahmen des städtischen Musikfestivals „Acht Brücken“. Auch zum Freitagsgebet seien alle Besucher willkommen sagt die Ditib – ob sie nun Christen, Juden oder Atheisten seien.

Nur die Regeln des Gotteshauses müssten sie achten. Der hellblaue Teppichboden im Gebetsraum zum Beispiel, der mit stilisierten Wellenlinien wie eine Wasseroberfläche wirken soll, darf nicht mit Schuhen betreten werden. Man stellt sie in kleinen Schränken ab. Dort zeigt ein rotes Licht an, wenn sie voll sind.

Schwieriges Verhältnis zur Ditib

OB Henriette Reker hat immer wieder klargemacht, dass sie den Dialog mit der Ditib aufrechterhalten will, ungeachtet aller Belastungen auch in der jüngeren Vergangenheit. Dazu gehören die Spitzelaffäre um Ditib-Imame und das insgesamt belastete Verhältnis zum türkischen Staat. Zur Ditib als eine Art Auslandsabteilung des Religionsministeriums in Ankara hat Reker klare Worte gefunden („Wir haben es schwer miteinander“).

Mit beidem hat Reker recht getan – und Haltung gezeigt. Schließlich ist sie Repräsentantin aller Kölner. Etwa jeder Zehnte von ihnen hat türkische Wurzeln.

Reker setzt auf sie. Wie sollte es auch anders sein in einer Stadt, in der Menschen so unterschiedlicher Abstammung miteinander leben und oft nur noch der Name an der Türklingel an die Herkunft der Nachbarn erinnert.

Raus aus den Hinterhöfen

Überdies sieht Reker auch die große symbolische Bedeutung der neuen Moschee. Sie steht für den Abschied von der Hinterhofmoschee. Eine von ihnen befand sich einst auch an der Venloer Straße. Vielerorts in der Stadt sind sie nach wie vor anzutreffen – das sei kein Zustand, wettert die Vorsitzende des Kölner Katholikenausschusses, Hannelore Bartscherer.

Böhms Architektur ist kühn, aber nicht dominant. Wenn es gut läuft, wird sie den Stadtteil aufwerten und auch Nicht-Muslime anziehen, darunter zahlreiche Touristen. Sicher wird man ihnen die arabischen Kalligraphien an der Innenseite der 36 Meter hohen Kuppel zeigen.

Sie sind unter anderem Noah, Abraham oder Moses gewidmet. Die jüdischen Patriarchen haben auch für Muslime und Christen Bedeutung. Und Jesus, auch er kommt in den Inschriften vor, wird von den Muslimen zwar nicht als Sohn Gottes bekannt, aber doch als Prophet geehrt.

Als dekorative Kulisse ungeeignet

Die neue Moschee sei ein Gewinn für eine Metropole wie Köln, sagt der Architekt Böhm. Aber sie taugt nicht als nette Kulisse. Man muss sich zu ihr positionieren. So erinnert der lichte Raum mit seiner Baugeschichte auch daran, dass die Religionen und Kulturen es nicht nur leicht miteinander haben, und dass es schwer sein kann, zur rechten Zeit das Richtige zu tun.

KStA abonnieren