Ermordete PeggyDNA von NSU-Terrorist Böhnhardt am Fundort der Leiche entdeckt

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Peggy K. war 2001 spurlos in ihrem Heimatort Lichtenberg verschwunden.

München – Rund vier Jahre nach Bekanntwerden des so genannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) bekommt der Fall noch einmal eine neue Wendung. Am Fundort des Skeletts des 2001 verschwundenen und getöteten Mädchens Peggy – sie war seinerzeit neun Jahre alt – wurden DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt gefunden. Dies teilten das Polizeipräsidium Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Bayreuth am Donnerstagabend mit.

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Das BKA-Handout vom 01.12.2011 zeigt Uwe Böhnhardt.

Es seien am Fundort zahlreiche Spurenträger sichergestellt worden, die derzeit untersucht würden, hieß es. Alles Weiter sei noch unklar. Peggy war 2001 im bayerischen Lichtenberg verschwunden. Im Juli dieses Jahres wurde ihr Skelett in einem Waldstück in Thüringen gefunden – nur rund 15 Kilometer von Peggys Heimatort entfernt.

Nicht die erste Verbindung dieser Art

Es ist nicht die erste Verbindung dieser Art. Der langjährige V-Mann Tino Brandt, der schon früh Verbindungen zum NSU-Trio hatte, wurde 2014 wegen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt; es ging um 66 Fälle. Bereits 1993 verschwand der neun Jahre alte Schüler Bernd B. aus Jena. Zwölf Tage später wurde seine Leiche in einem Gebüsch am Ufer der Saale gefunden. Bis jetzt ist ungeklärt, wer das Kind ermordet hat. Aber 2014 begannen neue Ermittlungen in dem Fall. Die Staatsanwaltschaft verfolgte eine alte Spur neu. Sie führte zu Böhnhardt und zu dem mutmaßlichen NSU-Helfer Enrico T..

Und schließlich wurde auf einem Rechner in der von der Hauptangeklagten im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, in Brand gesetzten gemeinsamen Wohnung in der Zwickauer Frühlingstraße kinderpornografisches Material gefunden. Diese Ermittlungen wurden aber eingestellt – unter anderem weil nicht klar, wem sich das Material zuordnen ließ.

Der Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, Vertreter der Nebenklage im NSU-Prozess, forderte Zschäpe auf, ihr Wissen zu teilen. „Ich bin einigermaßen schockiert“, sagte er dieser Zeitung. „Auf der anderen Seite hatten wir im NSU-Umfeld durchaus schon Personen, die im Bereich des Kindesmissbrauchs auffällig wurden.“ So eben Brandt und T.. Daimagüler fügte hinzu: „Ich würde mir wünschen, dass Frau Zschäpe auch in diesem Fall an der Aufklärung mitwirkt und auspackt, was sie dazu weiß.“ Die Obfrau der grünen Bundestagsfraktion im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages, Irene Mihalic, erklärte: „Das ist eine neue Dimension. Wir müssen dem nachgehen.“

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Ein blauer Kunststoff-Sack liegt am 06.07.2016 in einem Waldstück im Saale-Orla-Kreis bei Rodacherbrunn (Thüringen), in dem auch Skelettteile von Peggy gefunden worden waren.

Eine Verbindung zwischen dem Fall Peggy und dem NSU gibt es nach Informationen dieser Zeitung auch aufseiten der Ermittler. Leiter der Untersuchungskommission Peggy II war Kriminaldirektor Wolfang Geier. Er leitete später die Besondere Aufbauorganisation (BAO) „Bosporus“ mit Sitz in Nürnberg. Sie wurde 2005 nach sechs der acht Morde an Kleinunternehmern mit Migrationshintergrund eingesetzt. Dass die Morde auf das Konto des NSU gingen, stellte sich 2011 heraus. Ob Geier darauf drängte, die DNA-Spuren mit denen von Böhnhardt abzugleichen, ist unbekannt. Die Folgen der neuesten Informationen für den NSU-Prozess sind nicht abzuschätzen.

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