Fall AmriV-Mann im Fall des Berliner Attentäters früh enttarnt

Lesezeit 2 Minuten
Fall Amri1

Der Attentäter Anis Amri richtete auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin kurz vor Weihnachten 2016 eine Schneise der Verwüstung an. Zwölf Menschen starben bei dem Attentat.

Düsseldorf/Berlin – Im Terrorfall Amri musste das NRW-Landeskriminalamt (LKA) einen V-Mann, der den Attentäter von Berlin angeblich zu dem Anschlag gedrängt haben soll, nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ frühzeitig abschalten, um ihn nicht in Gefahr zu bringen. Danach ist der Informant mit dem Decknamen Murat bereits Ende August 2016 durch das mutmaßliche Terrornetzwerk um den Hass-Prediger Abu Walaa enttarnt worden.

Aufruf zum Mord am Informanten

Das war vier Monate vor dem Attentat auf den Weihnachtsmarkt, bei dem zwölf Menschen starben. Nach der Enttarnung des LKA-Informanten soll Abu Walaa laut Bundesanwaltschaft dazu aufgerufen haben, ihn ermorden zu lassen.

Der V-Mann gilt als einer der Kronzeugen in einem Terrorprozess gegen Abu Walaa und vier seiner Gefolgsleute vor dem Oberlandesgericht Celle. Sie müssen sich dort unter anderem wegen Unterstützung der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) verantworten.

Behauptungen von Anwälten

Mehrere Anwälte aus dem Umfeld des Hass-Predigers hatten behauptet, der V-Mann habe Amri zu Anschlägen aufgefordert, regelmäßig mit ihm in Kontakt gestanden und ihn in seine verschiedenen Unterkünfte gefahren.

Sprengstoffgürtel nicht geliefert

Nach Informationen unserer Zeitung hat der V-Mann im März 2016 mit dem Berlin-Attentäter zum Schein über Bombenanschläge „gegen die Ungläubigen“ gesprochen. Amri habe zugesichert, Sprengstoffgürtel zu besorgen. Dazu kam es aber nicht. Auf Geheiß des LKA bahnte der V-Mann auch Waffenkäufe bei dem Terrornetzwerk um Abu Walaa an. Auch diese Pläne wurden nicht in die Tat umgesetzt.

Anweisung für Attentat erst im November

Zudem stellten die Ermittler fest, dass Amri erst im November 2016 von seinen Instrukteuren beim IS Anleitungen für Märtyrer-Operationen erhalten hatte. Darin waren verschiedene Anschlag-Szenarien genannt, eine davon, mit einem Lkw in eine Menschenmenge zu fahren. Amri floh nach dem Attentat über mehrere Länder nach Norditalien. Dort wurde er am 23. Dezember auf dem Bahnhofsvorplatz von Sesto San Giovanni nördlich von Mailand von der Polizei gestellt und erschossen.

Die beiden Untersuchungsausschüsse zum Fall Amri im NRW-Landtag und im Berliner Abgeordnetenhaus wollen sich ausführlich mit der Rolle des Polizeispitzels in der islamistischen Szene befassen. „Wir werden das sehr schnell auf die Agenda setzen“, sagte der Vorsitzende des NRW-Ausschusses, Jörg Geerlings (CDU) in Düsseldorf. Das Gremium, das in neuer Zusammensetzung nach der Landtagswahl vom Mai am Freitag den ersten Zeugen vernahm, will die zuständigen Polizisten aus dem LKA vorladen. 

Verdacht des doppelten Spiels

Die Grünen-Politikerin Monika Düker sagte, die Widersprüche müssten dringend aufgeklärt werden. Man müsse bedenken, dass die neuen Vorwürfe aus der Islamisten-Szene kämen: „Die Frage steht im Raum, ob der V-Mann ein doppeltes Spiel betrieben hat.“

KStA abonnieren