FlüchtlingeSo verlief die Räumung des Lagers in Idomeni

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Flüchtlinge Idomeni

Über 8000 Flüchtlinge waren von der Räumung betroffen.

  • Mehr als 8000 Flüchtlinge waren von der Umsiedelung betroffen.
  • Sie wurden in Bussen in andere Lager gebracht.

Athen – „Europas Schande“, so wurde das Elendslager bei dem nordgriechischen Dorf Idomeni an der Grenze zu Mazedonien genannt. Seit die mazedonischen Behörden im Februar die Grenze dichtmachten, über die bis dahin täglich tausende Flüchtlinge und Migranten auf der Balkanroute nach Mitteleuropa strömten, hausten hier zeitweilig fast 15 000 Menschen unter unwürdigen Bedingungen in kleinen Zelten und Verschlägen. Am frühen Dienstagmorgen begannen die griechischen Behörden nun mit der Räumung des Lagers.

Umsiedelung in andere Lager

Nach offiziellen Angaben des Flüchtlings-Krisenstabes der griechischen Regierung hielten sich zuletzt 8199 Menschen in Idomeni auf, darunter Hunderte Familien mit kleinen Kindern. Sie sollen jetzt in andere, organisierte Lager in Nordgriechenland umgesiedelt werden. Dafür stehen in Armeekasernen und ehemaligen Industriegebäuden 6000 Plätze zur Verfügung, weitere 2000 sollen bis Ende dieser Woche eingerichtet werden. Bereits am Sonntag und Montag hatten sich rund 400 Menschen bereit erklärt, aus Idomeni in die neuen Lager umzuziehen.

An der Räumungsaktion sind über 1400 Polizisten beteiligt. Die Polizei sperrte am Dienstagmorgen die Zufahrtswege zum Lager, auch Reporter hatten keinen Zugang. Nach Angaben des Sprechers des Krisenstabes, Giorgos Kyritsis, lief die Räumung bis zum Dienstagnachmittag ohne Zwischenfälle ab: „Alles läuft nach Plan, es wird keine Gewalt angewendet“, sagte Kyritsis. Fernsehbilder von der mazedonischen Seite der Grenze schienen das zu bestätigen.

Bis zum Nachmittag verließen Busse mit geschätzt 1200 Flüchtlingen den Ort. Ein Polizeihubschrauber kreiste über dem Lager. Die Räumung soll nach Angaben der Behörden etwa eine Woche dauern. Schleuser versuchten immer wieder, Menschen aus Idomeni über die Grenze nach Mazedonien zu bringen. Dort wurden die meisten aber schnell aufgegriffen und nach Griechenland zurückgeschickt. Heftige Regenfälle hatten während der vergangenen Tage das Lager erneut in eine Schlammwüste verwandelt.

Die meisten wollen nach Nordeuropa

Welche Perspektive die jetzt umgesiedelten Menschen in den neu eingerichteten Lagern haben, ist ungewiss. Nach offiziellen Angaben sitzen derzeit gut 54 000 Flüchtlinge und Migranten in Griechenland fest. Etwa 43 000 von ihnen leben in rund 40 offiziellen Lagern. Sie könnten in Griechenland Asyl beantragen.

Die meisten wollen aber weiter nach Nordeuropa, vor allem nach Deutschland. An eine legale Weiterreise ist bisher kaum zu denken.

Die meisten Flüchtlinge werden deshalb wohl auf mehrere Jahre in Griechenland festsitzen. Aussicht auf Jobs haben sie angesichts der hohen Arbeitslosenquote von 25 Prozent kaum. Die griechischen Behörden haben bisher auch keine Integrationskonzepte entwickelt. Es gibt weder finanzielle Unterstützung für die Flüchtlingsfamilien noch Schulen für ihre Kinder.

Die Hilfsorganisation medico international hat die Räumung des griechischen Flüchtlingslagers in Idomeni und die Umverteilung der Flüchtlinge kritisiert. In den griechischen Ausweichlagern sei die Situation teilweise noch schlechter als in Idomeni, erklärte das Hilfswerk in Frankfurt. Wie es weiter hieß, ist die medizinische Versorgung in den Ausweichunterkünften mangelhaft. Der versprochene Zugang zu Asylverfahren und Familiennachführung sei oft nicht gewährleistet.

Die Europaabgeordnete Barbara Lochbihler (Grüne) forderte die Aufnahme von in Griechenland gestrandeten Flüchtlingen in anderen EU-Staaten. Dazu müsse „weiter an einem europaweiten und gerechten Verteilungssystem“ gearbeitet werden, sagte Lochbihler dem Radio-Sender SWR Info. (kna, afp)

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