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Katholische KircheSanierungsfall oder solide?

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Kirche 210416

Wackelige Angelegenheit: Kirche aus Bauklötzen in einer Kindertagesstätte.

  • Die Zusatzversorgungskasse hat einen Medienbericht über eine drohende Pleite dementiert.

Köln – Die Rente ist sicher. Diesen Satz will Willy Wolfertz, Sprecher der „Kirchlichen Zusatzversorgungskasse“ (KZVK) in Köln, zwar nicht in den Mund nehmen. Schließlich habe die legendäre Formel des früheren Sozialministers Norbert Blüm (CDU) durch die politische Diskussion über die gesetzliche Altersversorgung einen negativen Unterton bekommen. Und doch liegt Wolfertz gerade an einer positiven Botschaft für 1,2 Millionen Versicherte und mehr als 150 000 Rentenempfänger: Die KZVK, eine der größten nichtstaatlichen Pensionskassen in Deutschland, könne ihren Zahlungsverpflichtungen „über Jahrzehnte hinweg“ problemlos nachkommen. Die jährlichen Beitragseinnahmen, die Wolfertz mit 750 Millionen Euro beziffert, überstiegen „deutlich“ die Ausgaben von derzeit knapp 500 Millionen. Schon das zeige, dass die Kasse „kein Auszahlungsproblem“ habe.

KZVK regaiert auf Deckungslücke

Auf ihrer Homepage reagiert die KZVK in einer beiläufig präsentierten, teils verklausulierten Mitteilung auf einen Bericht über eine Deckungslücke von 5,5 Milliarden Euro in der Bilanz 2014 bei einer Bilanzsumme von 22,5 Milliarden Euro. Die Kasse, 1976 vom Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) gegründet, sei ein „Sanierungsfall“, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Über die KZVK garantiert die katholische Kirche ihren Arbeitnehmern im Ruhestand eine betriebliche Altersversorgung auf Lebenszeit, ergänzend zur gesetzlichen Rente. Sollten die Probleme der Kasse nicht gelöst werden, drohe einigen der 27 Bistümer, die gemeinsam in einer gesetzlichen Letzthaftung für die Renten der kirchlichen Ruheständler sind, die Pleite.

Zu kämpfen hat die KZVK unter anderem mit einem „Bewertungsproblem“, wie ihr Sprecher Wolfertz einräumt. Es hat mit der negativen Entwicklung des Kapitalmarkts und der Niedrigzinspolitik zu tun. Für ihre Vermögensanlagen erhält die KZVK heute weit weniger Zinsen, als noch vor einem Jahrzehnt prognostiziert. Deshalb hat sie ihre Verpflichtungen 2014 mit einem geringeren Zinssatz bewertet, was zur genannten Deckungslücke führte. „Die grundlegende wirtschaftliche Situation der Kasse wird durch die Neubewertung mit Stärkung der Rückstellungen nicht negativ beeinflusst“, sagt KZVK-Vorstand Michael Klass, spricht aber zugleich auf lange Sicht von „Anpassungsbedarf“ bei den Beiträgen der Arbeitgeber.

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Beitrag soll um fast 50 Prozent steigen

Das sind nicht nur die 27 Bistümer, sondern auch kirchliche Verbände, die Caritas und andere Träger sozialer Einrichtungen – zusammen 15 800 Betriebe. Sie führten in der Vergangenheit vier Prozent des Bruttolohns ihrer Mitarbeiter an die KZVK ab. Schon 2011 wurde der Beitrag auf 4,8 Prozent angehoben und soll nun bis 2024 stufenweise bis auf 7,1 Prozent steigen. Dass dieses Plus von annähernd 50 Prozent für personalintensive Unternehmen eine schwerste Belastung ist und bis an die Existenz gehen kann, liegt auf der Hand.

Ein zusätzliches Problem ist der KZVK durch eine Niederlage in einem Rechtsstreit vor dem Bundesgerichtshof entstanden. Aufgrund von Verfahrensfehlern bei der Erhebung eines an sich branchenüblichen „Sanierungsgelds“ zum Ausgleich von Defiziten, die zu Anfang des Jahrtausends entstanden waren, müssen alle Einnahmen seit 2002 verzinst erstattet werden. Laut FAZ geht es hier um weit mehr als eine Milliarde Euro. Das Geld könnte anschließend zwar rechtskonform erneut gefordert werden. Aber darüber wird es in Zeiten auf Kante genähter Haushalte mit Sicherheit zu Konflikten kommen. Zudem müssen die Arbeitgeber eine Reihe bilanztechnischer Probleme bewältigen.

Arbeitnehmer küntig an der Altersvorsorge beteiligt?

Da Leistungskürzungen kategorisch ausgeschlossen werden, richtet sich der Blick nun auf die Arbeitnehmer. Ob sie künftig an der Altersvorsorge beteiligt werden, ist derzeit Gegenstand von Sondierungen. Am Ende muss die Frage in Tarifverhandlungen entschieden werden. „Ich glaube nicht, dass uns das System um die Ohren fliegt“, sagt Thomas Antkowiak, Geschäftsführer beim Hilfswerk Misereor, zur aktuellen Lage. „Aber auf mittlere Sicht werden wir um eine Arbeitnehmer-Beteiligung nicht herumkommen.“ Das Erzbistum Köln lehnte auf Anfrage eine Stellungnahme zu den aktuellen Problemen wie auch zu möglichen Folgen für die Beschäftigten im kirchlichen Dienst ab.

Schon jetzt hantieren die Bistümer mit einem Reformpaket. Es enthält laut Mitteilung der KZVK nicht nur „die Formulierung einer renditestärkeren, risikoorientierten Anlagepolitik sowie die Entwicklung von Szenarien für eine langfristige Finanzierung der Verpflichtungen“, sondern auch eine professionellere Aufsicht. Darüber beraten die Bischöfe am kommenden Montag. Dass sie auch Notfallpläne für den von der KZVK selbst als hypothetisch bezeichneten Fall der Zahlungsunfähigkeit wälzen, bestreitet ein Insider. Die Insolvenz von Bistümern, die dann für die Betriebsrenten haften müssten, sei theoretisch denkbar, aber praktisch ausgeschlossen. „Wir würden kein Bistum hängen lassen.“ Mit anderen Worten: Reiche Diözesen wie das Erzbistum Köln müssten für die finanzschwachen einspringen. Eine Art von Fürsorge, die sich Jesus auch nicht hätte träumen lassen, als er seine Jünger vor 2000 Jahren auf die Solidarität mit den Armen und Notleidenden verpflichtete.

www.kzvk.de

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