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Kritik an CDU/CSUSigmar Gabriel liebäugelt mit Rot-Rot-Grün

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SPD-Chef und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel

Berlin – Scharfe Kritik aus der Union und Skepsis bei Linken und Grünen hat SPD-Chef-Sigmar Gabriel mit seiner Forderung nach einem „Bündnis aller progressiven Kräfte“ gegen das „Gift des Rechtspopulismus“ hervorgerufen. In einem Beitrag für das Magazin „Der Spiegel“ fordert der Vize-Kanzler die „Mitte-links-Parteien“ auf, sich zu besinnen, „um ihren notorischen Missmut, ihre Eitelkeiten und Spaltungen zu überwinden“. In Europa wie in Deutschland müssten „progressive Parteien und Bewegungen füreinander bündnisbereit und miteinander regierungsfähig sein“. Das verlange „einiges von der Sozialdemokratie und ihren denkbaren Partnern“. Doch der Gegner der Demokratie stehe rechts und sei überaus gefährlich.

Gabriel warf der Union vor, angesichts dieser Aufgabe zu versagen. Früher habe sie Reaktionäre „eingehegt und domestiziert in der Volkspartei Union.“ Es sei „eine der großen historischen Leistungen“ der Union gewesen, „vielen alten Nazis und Deutschnationalen“ eine politische Heimat gegeben zu haben. Mit ihrer politischen „Entkernung“ durch Parteichefin Angela Merkel habe die CDU „ihre Bindekraft für dieses Milieu“ aber verloren. Ähnlich argumentieren seit Langem schön führende Politiker der CSU, an der Spitze Parteichef Horst Seehofer.

„Plumper Versuch“

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte dagegen, Gabriels „plumper Versuch, die Union zu einer Altnazipartei zu machen“, sei „geschichtsvergessen und schlichtweg eine Unverschämtheit“. Zu den Gründern der CDU hätten viele Politiker gehört, „die unter der Naziherrschaft gelitten haben“. Statt andere belehren zu wollen, solle der SPD-Vorsitzende lieber „seine Hausaufgaben machen und sich um den linken Rand kümmern“. Da versage die SPD seit Jahren, monierte Angela Merkels Parteimanager.

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Der Chef der Berliner Linkspartei, Klaus Lederer, reagierte skeptisch auf Gabriels Vorstoß. Bisher seien seine Signale Richtung Rot-Rot-Grün „nur Rhetorik gewesen“, sagte er dem Tagesspiegel. Wenn es ihm ernst sei mit einer Annäherung an die Linke, könne er das „bei der Suche nach einem gemeinsamen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt unter Beweis stellen“. Zustimmung kam dagegen aus Thüringen. Ministerpräsident Bodo Ramelow, der mit in einer Koalition mit SPD und Grünen regiert, sagte der Zeitung „Bild am Sonntag“, eine Regierung diesseits der Union sei „möglich und nötig“. Dazu müssten die Beteiligten „einander aushalten und respektieren“, fügte der erste Regierungschef aus der Linkspartei hinzu.

Die Grünen antworteten dagegen reserviert. „Fortschrittliche Politik entsteht nicht durch Reden, sondern durch Handeln“, sagte der Chef der Grünen in Nordrhein-Westfalen, Sven Lehmann. Zurückhaltend äußerte sich auch NRW-Grünen-Chef Sven Lehmann. „Fortschrittliche Politik entsteht nicht durch Reden, sondern durch Handeln“, sagte er dieser Zeitung.  Wenn es darum gehe, „das Asylrecht gegen die Angriffe von rechts zu verteidigen oder die Ehe für alle zu öffnen“, falle Sigmar Gabriel „nicht sonderlich auf“. Demokratie lebe von Alternativen, Gabriel dagegen stehe für die Große Koalition. Lehmann: „Ob die Bundes-SPD den Mut zu Alternativen hat, ist völlig offen.“ (mit tg)

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