Landes- und BundesebeneFDP setzt auf Christian Lindner als Doppelspitzenkandidat

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Christian Lindner

Neuss – Wer mit den handelnden Regierungen in Düsseldorf und Berlin unzufrieden sei, müsse „nicht gleich das politische System wegfegen“, positionierte Lindner sich und die Liberalen als bürgerliche Alternative. Er wolle mit einem starken Wahlergebnis in NRW den Wiedereinzug der FDP in den Bundestag schaffen – und dort dann auch bleiben. Beide Wahlen seien miteinander verbunden, betonte der Landes- und Bundesparteivorsitzende. Auf die Zustimmung der Delegierten muss der doppelte Lindner zwar noch bis zu diesem Sonntag warten, wenn der Landesparteitag auch die Kandidatenliste für die Bundestagswahl festlegt. Aber Sorgen muss er sich kaum machen: Mit seiner 75-minütigen Rede untermauerte er seinen unangefochtenen Führungsanspruch. Personelle Alternativen gibt es nicht.

Teils angriffslustig, teils programmatisch arbeitete sich Lindner parallel an Bundes- und Landesregierung ab. Und fasste beides in einem Kernsatz zusammen: „Wir wollen den Menschen einen Staat zurückgeben, der sie in Alltagsfragen in Ruhe lässt und ihnen bei schwer wiegenden Problemen unter die Arme greift.“ Dafür müsse es eine aktive Wirtschaftspolitik geben. Die Bundesregierung verabschiede hingegen einen Klimaschutzplan, der Deutschlands Marktposition gefährde. Nicht anders wirke der von der rot-grünen Landesregierung aufgestellte Landesentwicklungsplan. „Es ist die Wirtschaft, die die Pflöcke einschlägt, an denen dann nachher die sozialen Netze aufgehängt werden“, stellte Lindner unter tosendem Applaus der Delegierten klar.

Lindner warnt - mit Blick auf die US-Wahl

Der geht in Johlen über, als der Parteichef an NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann seine Begabung für knappe, prägnante Attacken demonstrierte: „Ihre Schulpolitik ist wie der Blick in einen Altglascontainer: nur grüne Scherben.“ Die FDP, kündigte er an, wolle in den Stadtvierteln mit den größten sozialen Problemen 30 naturwissenschaftliche Gymnasien einrichten mit modernster Ausstattung . Eltern sollten dort attraktive Angebote für ihre Kinder finden, statt aus den Vierteln weg zu ziehen.

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Mit Blick auf die US-Wahl warnte Lindner davor, die Bürger mit unklarem politischen Handeln zu verunsichern oder gar zu enttäuschen. Das gelte etwa bei der inneren Sicherheit. Wenn Bürger den Eindruck bekämen, dass Polizei Einbrechern oder Fahrraddieben machtlos hinterher laufe oder gar nicht erst verfolge. „Wenn das die Antwort des Staates ist, werden die Leute irgendwann auf die Barrikaden gehen“, warnte Lindner.

Für die FDP sei in der Folge der US-Wahlen und des Vormarsches von Populisten die Grundidee der Liberalität in Frage gestellt, wurde der Parteichef grundsätzlich. Es sei Folge eines langsamen Glaubwürdigkeitsverlusts von Politik. „Freiheit gibt es nicht in Portionen, sondern nur ganz oder gar nicht.“

Parteitag dauert noch bis Sonntag

Bei ihrem bis Sonntag dauernden Parteitag debattieren die FDP-Delegierten auch über ein Wahlprogramm. Damit wollen die Liberalen unter anderem Geschäften erlauben, auch sonntags zu öffnen. Denkbar sei eine Lockerung durch die Kommunen vor Ort oder eine generelle landesweite Freigabe für alle Sonntage. Die Gymnasien sollen künftig selbst entscheiden, ob sie das Abitur nach acht oder neun  Jahren anbieten.

Bei dem zweitägigen Treffen in Neuss geht es auch um die Kandidatenlisten für Landtags- und Bundestagswahl. Für die NRW-Wahl am Muttertag 2017 tritt als zweiter Mann hinter Lindner Fraktionsvize Joachim Stamp an, er erhielt fast 94 Prozent der Stimmen. Platz drei besetzt Angela Freimuth (80 Prozent). Es folgen Fraktionsvize Ralf Witzel (77,8) und Familienexperte Marcel Hafke. Der Innenpolitiker Marc Lürbke aus Paderborn steht mit 94,2 Prozent auf Platz 6. Die Kölner Schulpolitikerin Yvonne Gebauer wählten die Delegierten mit 88,3 Prozent auf Rang neun. Hinter ihr steht mit 87,2 Prozent der Kommunal- und Umweltexperte Henning Höne aus Coesfeld.

Bei der Landtagswahl 2012 hatten die Freien Demokraten war die FDP mit 8,6 Prozent viertstärkste Fraktion im Landtag geworden. Die Liste zog bis Platz 22, weitere zwei FDP-Politiker sind später nachgerückt.

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