Sabine WeyandDiese Deutsche handelt mit den Briten den Brexit aus

Lesezeit 3 Minuten
Sabine Weyand

Sabine Weyand

Die britische Premierministerin lebe „in einer anderen Galaxie“, soll kürzlich der EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nach einem Besuch in London gesagt haben. Keine guten Vorzeichen für die Brexit-Verhandlungen also. In ihnen wird es der britische Regierungsminister David Davis mit dem EU-Chefunterhändler Michel Barnier zu tun haben. An der Seite des Franzosen steht eine Deutsche. Sabine Weyand (Jahrgang 1964) wird mit Barnier die Details des Austritts der Briten aus der Union verhandeln. Auf beide wartet eine Marathon-Aufgabe.

Ein Franzose und eine Deutsche verhandeln über den Austritt Großbritanniens – eine optimale Mischung, finden Kenner der EU. Weyand gilt für die Position der stellvertretenden Unterhändlerin als die richtige Wahl. Sie ist Teil der Task Force, die Juncker zur Vorbereitung und Durchführung der Verhandlungen ernannt hat. Weyand kennt sich exzellent mit juristischen Details aus, heißt es in Brüssel. Und Detailkenntnisse sind immer dann Gold wert, wenn es um hochkomplexe Fragen geht. So wie beim Brexit.

Die EU-Spitzenbeamtin kommt aus der Generaldirektion Handel in der Kommission und hat also Erfahrung im Verhandeln mit Drittstaaten – wie Großbritannien bald einer sein wird. Auch wenn das in London immer noch nicht alle realisieren und von den großen goldenen Zeiten des Empires träumen. Und sie besitze das nötige diplomatische Geschick für knifflige Verhandlungen. Das wird sie brauchen können.

Der deutsch-französische Motor

Barnier und Weyand sollen beide über exzellente und wichtige Netzwerke verfügen, zusammen verkörpern sie so etwas wie den deutsch-französischen Motor, auf den es in den nächsten Jahren besonders ankommen wird, wenn die EU wieder an Attraktivität bei Bürgern und Staaten gewinnen soll. Die Deutsche befasste sich unter anderem mit Angelegenheiten der WTO, TTIP und der Nachbarschaftspolitik. Zuvor war sie im Generalsekretariat der Kommission für die politische Koordinierung zuständig – und Mitglied des Kabinetts des ehemaligen Handelskommissars Pascal Lamy. Zuvor fungierte sie als Kabinettschefin des ehemaligen Kommissars für Entwicklung, Louis Michel. Juncker zählt sie zu den besten und klügsten Köpfen der Kommission. Sie und Barnier werden, davon ist Juncker überzeugt, das Richtige tun. In Freiburg studierte sie Politikwissenschaft, Ökonomie, Anglistik und Linguistik, später an der Elite-Universität Cambridge, in Tübingen wurde sie promoviert.

Die 52-Jährige selbst sagt über sich, dass sie ein Faible für die englische Literatur habe. „Besonders Shakespeare mag ich“, verriet sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Allerdings die Komödien lieber als die Tragödien“ – was ja auch für die Brexit-Verhandlungen nicht unwichtig sein könnte. Zudem reist und wandert sie gerne – „gerne auch in England und Schottland“. Sie ist verheiratet und lebt seit 20 Jahren in Brüssel, „was ich genieße“, sagt sie.

Detaillierter Entwurf vorgestellt

Der Mittwoch war ein besonderer Tag. Gemeinsam mit dem EU-Chefunterhändler wurde ein detaillierter Entwurf für das EU-Verhandlungsmandat in Brüssel vorgestellt. Barnier kündigte zweistufige Verhandlungen an: Erst wenn wichtige Austrittsfragen wie die Finanzverpflichtungen und die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien weitgehend geklärt seien, werde die EU mit der britischen Regierung über die künftigen Beziehungen und über ein Handelsabkommen sprechen.

Es heißt, man sei sehr gut vorbereitet und entschlossen, den besten Weg für die 27 EU-Mitgliedsstaaten zu gehen und das Optimum rauszuholen. Die Geschlossenheit sei auch eine Leistung von Barnier, der in alle Hauptstädte der EU-Staaten gereist sei und Überzeugungsarbeit geleistet habe. Oft dabei war auch seine Stellvertreterin, die sich selbst aber weniger als Deutsche, sondern als Europäerin versteht. Bis Oktober 2018 wird verhandelt, dann ist Schluss – denn bis März 2019 muss das Ergebnis von jedem Staat ratifiziert worden sein. Viel Zeit bleibt nicht.

KStA abonnieren