Wendt-AffäreKollegen beraten über Zukunft von Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft

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Wendt

Der Bundesvorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt.

Berlin – Der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann machte sich einen Spaß. Er forderte für den Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft  (DPolG) dessen „sofortige Abschiebung“. Immerhin kennt  Rainer Wendt, wenn es um Fehlverhalten krimineller Ausländer geht, keine Gnade. Der 60-Jährige hat seit Freitag ein Problem. Wendt hatte im ARD-Magazin Report München zunächst gelogen und erklärt, er bekomme sein Gehalt von der Gewerkschaft. Später räumte er ein, „nicht die ganze Wahrheit“ gesagt zu haben.

Krisentreffen bei der DPolG

Denn er bekomme eine Besoldung als Hauptkommissar, ohne als solcher zu arbeiten. Das ist für sich genommen aufsehenerregend genug. Bei Wendt  ist die Fallhöhe wegen dessen Härte gegenüber anderen besonders groß. Report zufolge wurde Wendt vom Polizeipräsidium Mönchengladbach 2010 ins Landesamt für polizeiliche Dienste (Duisburg) versetzt und zum Hauptkommissar befördert. Der Beamte hatte eine Teilzeitstelle (28 Stunden). „Natürlich arbeite ich dort nicht aktiv“, sagte er. Stattdessen widmete sich Wendt seit 2007 als Bundesvorsitzender der DPG in Berlin. Die Bundesleitung der DPolG kam am Sonntag zusammen, um über den Fall Rainer Wendt zu beraten.

Ralf Jäger muss sich äußern

Die Bezahlung des Polizeigewerkschafters Wendt aus Landesmitteln hat ein politisches  Nachspiel. Auf Antrag der CDU-Opposition soll NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) dem Innenausschuss  am Donnerstag Rede und Antwort stehen. Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums teilte mit, dass es dort auch um  zwei weitere Vertreter kleinerer Polizeigewerkschaften geht: Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter und Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Beiden werde „im Rahmen des dienstlich Vertretbaren erlaubt, gewerkschaftliche Aufgaben wahrzunehmen. Wir nehmen die aktuelle öffentliche Debatte zum Anlass, die Regelungen zu überprüfen“, hieß es. „Eine faktische Freistellung wie bei Herrn Wendt wird es für die Zukunft nicht mehr geben.“

Wendt spricht zuweilen wie ein AfD-Mann

Offenbar begann die nun kritisierte Praxis bereits vor vielen Jahren unter der CDU-geführten Landesregierung von Jürgen Rüttgers. Innenminister war   Ingo Wolf (FDP).  Ziel scheint gewesen zu sein, der großen, SPD-nahen Gewerkschaft der Polizei (170.000 Mitglieder) etwas entgegenzusetzen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft bekam bei den Personalratswahlen nicht genug Stimmen, um eine Freistellung von Personalräten zu erreichen. Der laute Funktionär Wendt – der angeblich Mitglied von CDU und CSU ist, und zuweilen wie ein AfD-Mann spricht – kam da gerade recht. Er ist Stammgast in Talkshows, die seinen polarisierenden Stil schätzen, und machte so den eigenen Laden stark – zum Leidwesen der GdP und des Bundes Deutscher Kriminalbeamter.

Noch mehr Geld durch Buchverkäufe

NRW-Innenminister Ralph Jäger (SPD) steckt in der Bredouille.  Die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, sagte: „Wenn Wendt ein auskömmliches Gehalt bekommen hat, gibt es keinen Grund, ihm noch einen Beamtensold zu bezahlen.“

Dazu kommen Honorare für Wendts Buch „Deutschland in Gefahr“, das sich glänzend verkauft. Die Linksfraktion  mahnte, den „Straftatbestand der Untreue“ zu prüfen. Und die Untreue geht von dem aus, der das Geld auszahlt, also vom Innenminister. Die Linke in NRW hat Jäger deshalb angezeigt. Wendt (60) hat mittlerweile um die Entlassung in den Ruhestand gebeten. Ob er Gewerkschaftschef bleibt?

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