PorträtAnwalt macht Karriere als Hundetrainer

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Männchen machen, wo sonst Mandanten sitzen: Sami El Ayachi mit seinen Hunden Paul (links) und Henry in seinem Kanzlei-Büro. (Bild: Hennes)

Männchen machen, wo sonst Mandanten sitzen: Sami El Ayachi mit seinen Hunden Paul (links) und Henry in seinem Kanzlei-Büro. (Bild: Hennes)

Köln – Sami El Ayachi muss nicht laut werden, wenn er möchte, dass sein Hund Paul auf seinem Platz hinter dem Schreibtisch liegen bleibt. Ein Blick genügt. Auch wenn die Augen des Briards von einem zotteligen schwarzen Pony verdeckt sind – der Hütehund nimmt jede Regung seines Besitzers aufmerksam zur Kenntnis.

El Ayachi ist Anwalt für Verkehrs- und Versicherungsrecht. An fünf Tagen in der Woche bis 17 Uhr. Abends und am Wochenende ist er Hundetrainer. Er leitet Kurse und Workshops zum „Longieren mit Hund“, einer speziellen Trainingsmethode, die die Bindung zwischen Mensch und Hund festigen soll. Zwischen Schriftsätzen und Mandantenakten liegt in seiner Kanzlei eine Hundefachzeitschrift mit Geschichten wie „Was braucht das Hundebaby?“. Der 36-Jährige schwärmt von den „tollen Momenten“ auf dem Hundeplatz. „Die Reaktionen sind dort ganz unmittelbar“, sagt El Ayachi. „Bei einem Klageverfahren gehen hingegen schon mal 45 Schriftsätze hin und her.“ Trotzdem liebt er auch seine Arbeit als Anwalt, er hatte immer eine Promotion im Sinn – und keine Karriere auf dem Hundeplatz. Dort war er eigentlich nur, weil der stürmische Paul ein paar Verhaltensregeln lernen sollte. „Sobald er abgelenkt war, hat er nicht mehr auf mich gehört und auf der Wiese einfach andere Hunde umgerannt.“

Beim Longieren hat der Briard gelernt, seinen Besitzer aufmerksam zu beobachten, ihm zuzuhören. Hunde müssen beim Longieren hinter einem mit einem Band oder einigen Plastikhütchen abgetrennten Bereich bleiben. Der Trainer steht in der Mitte und führt den Hund durch bestimmte Zeichen um den Kreis herum, den er nicht betreten darf. „So paradox es klingt: Die Distanz schafft Nähe“, erklärt El Ayachi. „Durch seinen Meute-Trieb will der Hund so schnell wie möglich zurück zum Menschen.“ Er achtet auf dessen Körpersprache und Blicke und wartet darauf, wieder zu ihm zu dürfen. „Es geht darum, Grenzen zu setzen und wieder aufzulösen.“ Wer seinen Hund zum aufmerksamen Beobachter und Zuhörer mache, müsse sich beim Spazierengehen auch nicht mit Spielzeug und Hundekeksen auszustatten.

Mittlerweile hat El Ayachi viele Seminare besucht, er bildet nun selbst Hundetrainer aus, arbeitet aber auch weiterhin mit Privatpersonen, die unter seiner Anleitung mit ihren Tieren trainieren. „Am schönsten ist es, wenn der Hund ganz freudig anfängt zu kooperieren und der Besitzer davon ganz ergriffen ist“, erzählt er.

In seiner Kanzlei lassen sich Paul und Henry, der Mischlingsrüde von El Ayachis Frau Jana, ihr schwarzes Fell von der Sonne wärmen. Das Fenster steht offen, gleich hinter dem Haus beginnt der Wald. Noch ein paar Telefonate, dann schnappt sich El Ayachi das „Kanzleirad“ und dreht eine Runde mit seinen Hunden. „Über kurz oder lang werde ich den Anwaltsberuf an den Nagel hängen“, sagt er. „Als Hundetrainer und Verhaltensberater habe ich meine Berufung gefunden.“

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