ProzessZehn Jahre Haft wegen Totschlags

Lesezeit 3 Minuten
Wegen heimtückischen Mordes ist vor dem Bonner Landgericht ein 38-Jähriger angeklagt. (Symbolbild: dpa)

Wegen heimtückischen Mordes ist vor dem Bonner Landgericht ein 38-Jähriger angeklagt. (Symbolbild: dpa)

Bonn – War es Mord oder Totschlag? Allein diese Frage war für die Richter der Schwurgerichtskammer im Fall der in ihrer Holzlarer Wohnung getöteten 34-Jährigen am Ende des zweimonatigen Prozesses noch von Bedeutung. Daran, dass der 38 Jahre alte Angeklagte seine Partnerin am Abend des 27. Juni 2010 mit einem Kabel erdrosselt hatte, gab es in den Augen der Richter keine Zweifel. Die damals sechsjährige Tochter des Paares hatte die Mutter am Morgen nach der Tat gefunden und stundenlang neben ihr verharrt.

Wegen Totschlags wurde der aus dem Nordirak stammende Kurde, der die britische Staatsbürgerschaft besitzt, schließlich zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Während der Verteidiger einen Freispruch gefordert hatte, wollten der Staatsanwalt und die Nebenklagevertreterin eine Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen heimtückischen Mordes erreichen. Der Angeklagte habe die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ausgenutzt, sich der Frau von hinten genähert und sie erdrosselt.

Doch die Richter kamen zu dem Schluss: „Es mag so gewesen sein, aber man kann es nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.“ Dass der im Prozess bis zuletzt schweigende Angeklagte der Täter ist, belegen in den Augen des Gerichts mehrere Faktoren. So gebe es eine „durchgehende Linie der Anwesenheit“ des Mannes in Bonn bis zum Morgen nach der Tat. Bei einer polizeilichen Vernehmung hatte der 38-Jährige behauptet, bereits am 24. Juni abgereist zu sein.Mehrere Zeugen hatten ihn jedoch noch gesehen, unter anderem war der Angeklagte einem Nachbarn am Morgen des 28. Juni aufgefallen. Da hatte der 38-Jährige mit einem Koffer an einer Bushaltestelle gestanden. Anschließend folgte eine Flucht durchs Ausland bis zur Festnahme des Mannes am 10. Juli bei der einreise aus der Türkei nach Griechenland.

Dass die seit dem Vorfall bei Verwandten in den Niederlanden lebende Tochter des Opfers im Prozess nicht gesagt hatte, dass ihr Vater an jenem Abend in der Wohnung war, ergab für die Richter den Eindruck, dass sich „das Kind geistig von dem für es fürchterlichen Geschehen“ distanziert – bei der polizeilichen Vernehmung unmittelbar nach dem Vorfall hatte das Mädchen ausgesagt, der 38-Jährige habe im Wohnzimmer ferngesehen, als die Mutter sie um 21 Uhr ins Bett gebracht hatte.

Mehrere Nachbarn hatten dann gegen 22 Uhr einen Schrei und Geräusche aus der Wohnung gehört. Überführt wurde der Angeklagte zudem von Genspuren unter einem Fingernagel der Toten. Dort wurde eine solche Menge seiner DNA gefunden, die laut einem Gutachter bei einem normalen Kontakt nicht zu erwarten ist und daher wohl auf einen Abwehrversuch des Opfers hindeutet.

Laut Urteil war es 2002 im Irak zu einer von den Familien arrangierten Hochzeit nach islamischem Recht zwischen Täter und Opfer gekommen. Doch ihre Wege trennten sich immer wieder: Während der 38-Jährige sich vor allem in Großbritannien aufgehalten hatte, schloss die Frau 2003 eine Scheinehe mit einem Deutschen. Zuletzt hatte der Angeklagte in der Wohnung der 34-Jährigen gelebt. Dann hatte sie jedoch einen neuen Freund kennen gelernt. „Was er davon wusste, wissen wir nicht“, so der Kammervorsitzende. Feste stehe allerdings, dass er aus der Wohnung raus sollte.

KStA abonnieren