RacheRotlichtpate bedroht Staatsanwalt

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Necati A., der ehemalige Kölner Rotlichtpate. (Bild: Worring)

Necati A., der ehemalige Kölner Rotlichtpate. (Bild: Worring)

Köln – Necati A., der ehemalige Kölner Rotlichtpate, redete sich in Rage. Dem Staatsanwalt Hans-Jürgen  B., der ihm wegen Erpressung, Zuhälterei und Menschenhandels neun Jahre Haft „eingebrockt“ habe, werde er es noch zeigen, drohte der Schwerkriminelle bei einem von der Polizei abgehörten Gespräch im Gefängnis. „Wenn ich rauskomme, werde ich ein paar Leute Dings machen“, hat er laut einem Behördenprotokoll ergänzt. „Ich bin nachtragend, ich schwöre, ich hab’ mir Liste gemacht.“ Auf B., der die Ermittlungen gegen ihn leitete, habe er einen besonderen Hass.

Aber auch die Kripo-Beamten, die ihn enttarnten, und Konkurrenten aus dem kriminellen Milieu stünden auf seiner Liste, wütete A.: „Ich werde alle wegmachen, die mir Stress machen. Ich schwöre es.“ Gewalt gegen Richter und Staatsanwälte sorgt derzeit für Schlagzeilen. Nicht alle Juristen sind dem Druck gewachsen. Der Fall des Kölner Ermittlers Hans-Jürgen B. ist ein tragisches Beispiel dafür, wie das Leben eines Spitzenjuristen durch Drohungen und Angst zerstört werden kann. B. hat mittlerweile seit etwa neun Jahren Personenschutz, sein Haus wurde mit Panzerglas zur Festung ausgebaut.

24-Stunden-Überwachung

Unabhängig von den abgehörten Drohungen hatte ein V-Mann im Sommer 2003 davon berichtet, dass Mittelsmänner des Rotlichtpaten einen gewissen „Erol“ aus Duisburg damit beauftragt hätten, den Staatsanwalt zu töten. Die Suche nach dem Killer blieb zwar erfolglos, doch für B. gilt seitdem „Sicherheitsstufe eins“, er wird 24 Stunden am Tag bewacht.

Anfangs soll er sein Leben im Ausnahmezustand spöttisch als „Theater“ abgetan haben. Bald schon aber erlebten ihn Kollegen als müde und deprimiert. Im Oktober 2004 wurde B. wegen psychischer Probleme dienstuntauglich geschrieben. „Das ist kein Leben mehr, das ist die Hölle, ein Gefängnis“, wurde er in diesem Zusammenhang zitiert.Die Sorge, Opfer eines Anschlages zu werden, soll im Laufe der Jahre immer größer geworden sein. Als Necati A. im Frühjahr 2007 nach verbüßter Zwei-Drittel-Haftstrafe wieder auf freien Fuß kam und in die Türkei abgeschoben wurde, floh B. sogar für einige Wochen ins Ausland. „Ich bin abgetaucht“, bestätigte er damals auf Anfrage. Seine Frau habe er mitgenommen. Aus Sicherheitsgründen wechsele er ständig seinen Aufenthaltsort.

Abschiebung in die Türkei

Wegen der Drohungen hatte die Staatsanwaltschaft Köln zwar Sicherungsverwahrung für A. beantragt. Im Extremfall hätte das lebenslange Haft für den als äußerst brutal bekannten Gangsterchef bedeuten können. Doch es kam nicht zur Verurteilung. A. habe mit seinen Bemerkungen nur angeben wollen, behaupteten seine Anwälte. Zudem hatten die vom Gericht bestellten Dolmetscher gesagt, dass einige abgehörte Zitate des Türken falsch ins Deutsche übersetzt worden seien. Die Staatsanwaltschaft zog ihren Antrag daraufhin zurück.

A. wurde nach seiner Freilassung in die Türkei abgeschoben, wo er sich aber schnell wieder dem Rotlichtmilieu angeschlossen haben soll. Im Sommer 2010 wurde ein Foto aus Izmir veröffentlicht, das ihn unter anderem mit dem Deutschland-Chef der Hells Angels zeigte. Die Herren hatten einiges zu feiern, denn der damals 39-jährige A. wurde zum Hells-Angels-Anführer der Türkei gekürt. Er ist wieder „oben“ auf seiner kriminellen Karriereleiter. Sein Opfer Staatsanwalt B. jedoch lebt weiter in Angst.

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