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RäderscheidtGrab des Kölner Malers abgeräumt

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Pascal Räderscheidt hat nun als Ruhestätte für seinen Vater das Grab neben dem des Architekten Wilhelm Riphahn ausgesucht. (Bild: Grönert)

Pascal Räderscheidt hat nun als Ruhestätte für seinen Vater das Grab neben dem des Architekten Wilhelm Riphahn ausgesucht. (Bild: Grönert)

Lindenthal – Man könnte es schlicht „Schlamperei“ nennen oder als Ironie des Schicksals bezeichnen, dass Anton Räderscheidt, der fast zeitlebens seiner Heimat und Wohnstatt beraubt wurde, nicht mal an seiner letzten Ruhestätte auf Melaten Ruhe finden durfte. Die Grabstätte des bedeutenden Kölner Malers wurde „bedauerlicherweise irrtümlich abgeräumt“ und die Grabaufbauten - der quaderförmige Marmorstein und die Grabeinfassung - „dem Recycling zugeführt“.

Pascal Räderscheidt, Sohn des 1970 verstorbenen Künstlers und zugleich dessen Nachlassverwalter, mag sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn der Brief der Stadt Köln - noch dazu mit derartigem Wortlaut - seiner Mutter Gisèle in die Hände gefallen wäre. Er selber war zum Glück vorgewarnt worden durch den Kölner Kulturhistoriker Wolfgang Stöcker. Ihm war während einer seiner Führungen auf Melaten aufgefallen, dass die Grabstätte des Malers nicht mehr existierte. Sofort rief er den Sohn an und übermittelte diesem die unschöne Nachricht.

Pascal Räderscheidt hörte bei der Friedhofsverwaltung nach und erfuhr, dass anstelle der Grabstätte „Radeschadt“ versehentlich die von Räderscheidt aufgelöst worden war. Auf seine Frage, wo sich der Stein denn nun befände, antwortete ihm Friedhofsleiter Peter Lejeune: Vermutlich schon „geschreddert“, wie in solchen Fällen üblich. Die zerkleinerten Steine fänden im Straßenbau Verwendung.

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Zumindest Urne war noch zu retten

Zum Glück war die Urne noch nicht verrottet, und so machte Räderscheidt sich mit dem Friedhofsleiter auf die Suche nach einer neuen letzten Ruhestätte. Ein Vorschlag Lejeunes gefiel Räderscheidt besonders: der Platz links neben Wilhelm Riphahn und gegenüber von Oswald Mathias Ungers. Mit beiden Architekten war der berühmte Kölner gut befreundet. „Anton hätte das gefallen“, sagt Pascal Räderscheidt und meint damit nicht nur die Nähe zu den damaligen Weggefährten, sondern den Vorfall als solchen. Sein Vater, der mit Pietät nicht viel am Hut hatte, habe vor seinem Ableben sogar mal geäußert: „Ihr könnt mich ja ausstopfen lassen, dann habt ihr länger was von mir.“

Apropos Hut: Auf dem neuen Gedenkstein soll unter dem Namen Anton Räderscheidt auch sein berühmter Satz stehen: „Ich male den Mann mit steifem Hut und die hundertprozentige Frau.“ Ob das Rechts- und Versicherungsamt den Preis für das Gedenkstück - der Kostenvoranschlag liegt bei 5.000 Euro - hundertprozentig übernimmt, ist indes fraglich. Aber darum geht es Pascal Räderscheidt auch gar nicht. Was ihn, bei allem „Verständnis dafür, dass so etwas passieren kann“, ärgert, ist die Art und Weise, „wie die Stadt mit dem Andenken ihrer prominenten Toten umgeht, mit denen sie sich sonst gerne schmückt“.

Schon zu Lebzeiten mehrmals vertrieben

Er selber hat die Nachricht von der verschwundenen Grabstelle seiner überwiegend in Frankreich lebenden Mutter schonend beibringen können. Darüberhinaus freut ihn die Vorstellung von einer nun hoffentlich endgültigen Bleibe. Die hat Anton Räderscheidt, nachdem er während des Nationalsozialismus nach Frankreich geflohen war, nämlich immer wieder verloren: Er erlebte, wie sein Pariser Atelier versiegelt wurde, wie italienische Faschisten später sein Haus in Sanary sur Mer beschlagnahmten und ihre Kommandantur daraus machten.

Nach seiner Flucht aus dem Auslieferungszug nach Deutschland - Räderscheidt wollte in die Alpen - entging er nur knapp den Schergen Marschall Pétains, die ihn an die Deutschen ausliefern wollten. Ihm gelang die illegale Einreise in die Schweiz, dort wurde er wieder aus dem Hotel geholt und ins Internierungslager gesteckt. Später, 1949, musste er Paris verlassen, weil er die Hotelrechnung nicht bezahlen konnte. „Zurück in Köln hatten wir erstmalig eine Mansardenwohnung in Lindenthal, die wir später freiwillig verließen“, berichtet Pascal Räderscheidt. „Ungers, noch Student, hat 1950 im Auftrag meines Vaters die Hotelrechnung bezahlt und die zurückgelassen Werke in seinem VW Käfer nach Köln gebracht.“

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