Republica 2015: Privatsphäre im NetzMassenphänomen Familienblog

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Familienblogs breiten das Leben der eigenen Kinder im Netz aus. Doch wie viel Privatsphäre sollte man preisgeben?

Familienblogs breiten das Leben der eigenen Kinder im Netz aus. Doch wie viel Privatsphäre sollte man preisgeben?

Die Berlinerin Henriette Zwick hat kürzlich ihre beiden Töchter in Handtücher gehüllt auf dem Weg zum Hotelpool fotografiert und das Bild auf ihr Blog „Me Super Mom“ gestellt. Dort können auch alle nachlesen, dass ihre Kinder die Stoffhosen lieben, die Oma ihnen geschenkt hat, dazu gibt es ebenfalls ein Bild. Für Zwick ist das nur logisch: Sie hat sich entschieden, ihr Leben im Internet zu dokumentieren, die Kinder gehören dazu. „Ich klammere sie nicht aus, weil irgendwer irgendwo etwas damit anstellen könnte.“

„Wie privat ist zu privat?“

Zwicks Website „Me Super Mom“ ist ein Familienblog, und die sind längst zum Massenphänomen geworden. Mehr als 1600 sind allein in dem Netzwerk „Brigitte Mom“ registriert. Auf der Berliner Internetmesse Re:publica, die an diesem Donnerstag endet, diskutieren Zwick und drei andere Bloggerinnen unter dem Titel „Wie privat ist zu privat?“ ihren Umgang mit den Bildern ihrer Kinder und deren Privatsphäre. Ein im Netz zuletzt verschärft debattiertes Thema.

Für Jessika Rose, eine andere Berliner Mutter, die das Blog „Herz und Liebe“ betreibt, ist es klar, dass Kinder in die digitale Öffentlichkeit gehören. Sie klebe ihrer Tochter ja auch keinen Balken vors Gesicht, wenn sie sie in die Kita bringt. Wieso sich also online anders verhalten? „Das Online-und das Offline-Leben wird immer mehr eins. In fünf Jahren wird es noch mehr verflossen sein“, sagt Rose. Sie betont, dass sie ja nur einen Ausschnitt zeige und niemals Fotos posten würde, die ihren Kindern peinlich sein könnten. „Ich mache mir bei jedem Bild Gedanken darüber, ob das auch noch in zehn Jahren o.k. ist“, sagt sie.

Ihre Mitdiskutantin Zwick sagt: Es sei falsch zu glauben, dass Eltern, die sich entscheiden, ihre Kinder zu zeigen, nicht darüber nachdenken würden. Auch beim Nicht-Posten gebe es eine Kehrseite: Was machen Eltern, wenn sie ihr Kind später frage: „Wieso bin ich das einzige in der Klasse, von dem es keine Fotos im Internet gibt? War ich euch zu peinlich?“

Vielleicht muss Patricia Cammarata sich diese Frage einmal stellen lassen. Sie bloggt als „Das Nuf“ auch über die Familie, ihre Kinder bleiben dabei aber anonym. Auf Fotos zeigt sie sie nur so, dass man ihr Gesicht nicht erkennen kann. Das hat mit einem Baby-Foto von ihr zu tun, das ihre Eltern so süß fanden, dass sie es im Flur zur Schau stellten. „Mir war das sehr unangenehm“, sagt sie. Das Problem: „Es gibt keine objektive Skala von dem, was als kompromittierend empfunden wird.“ Cammarata glaubt, dass es bei Kinderfotos immer um die Selbstdarstellung der Erwachsenen gehe. Die Likes seien ein positives Feedback für die postenden Eltern. Den Kindern brächten sie nichts.

Kinder zurückhaltender als die Mutter

Pia Reichert hat ihr Blog „Frau Mutti“ gerade beendet. Ihre nun erwachsenen Kinder fanden es nicht schlimm, dass ständig über sie berichtet wurde. „Auch nicht, dass ich mal ausgiebig beschrieben habe, wie meine Tochter eine halbe Stunde schreiend vor der Apotheke gelegen hat.“ Ihre Kinder selbst stellen aber keine Fotos von sich ins Netz, sagt Reichert. „Sie sind überraschend zurückhaltend. Sie haben zwar einen Instagram-Account – aber nur, um zu sehen, was ich dort poste.“

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