Pistole, Schwert, MesserSoll ich meinem Kind Spielzeugwaffen verbieten?

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Kleine Cowboys wollen doch nur spielen.

Kleine Cowboys wollen doch nur spielen.

Manchmal sind für Kinder Pistolen wichtiger als Kuscheltiere. Gerade an Karneval, Fasching & Co. flitzen viele kleine Jungs als Cowboys verkleidet mit der gestreckten Waffe durch die Gegend, jagen einander mit dem Maschinengewehr oder duellieren sich mit Mini-Lichtschwertern. Als Eltern beobachtet man das Schauspiel skeptisch. Was für ein gewalttätiges Szenario. Muss das wirklich sein mit dem ständigen Kämpfen? Sollten wir Spielzeugwaffen auch aus pädagogischen Gründen nicht besser verbieten?

Kinder unterscheiden zwischen Spiel und Realität

„Überhaupt nicht“, sagt Kinderpsychologe Holger Simonszent, das Spiel mit Waffen gehöre zur kindlichen Entwicklung dazu. „Mit Gewalt hat das nichts zu tun, Kinder lernen im Spiel die Unterscheidung zwischen Gut und Böse und den Umgang mit Macht“. Das Problem werde allein von den Eltern gemacht. Denn nur die denken an Gewalt, an Verbrechen und Kindersoldaten, wenn sie den Sprösslingen beim Fechten zuschauen. Das ist weit von deren Spielwelt entfernt. „Kinder können sehr gut zwischen Spiel und Realität unterscheiden.“

Ein Holzschwert lässt sich auch von außen leicht als Spielzeug erkennen. Doch was ist mit originalgetreuem Kriegsspielzeug wie Maschinengewehren? „Die kindliche Fantasie macht in der Spielsituation auch aus einem Ast ein echtes Gewehr“, sagt Holger Simonszent. Die Frage ist hier eher, ob ein Kind ein originalgetreues Abbild einer Waffe benötigt. Will es die Waffe als Statussymbol, um damit anzugeben? Wenn es auf ein bestimmtes Spielzeug bestehe, so Kinderpsychologe Simonszent, solle man als Eltern nach den Gründen forschen und gegebenenfalls rechtzeitig intervenieren.

Und was ist, wenn doch ein Hieb gezielt den Kopf eines Spielgefährten trifft und der kleine Ritter wie ein Schlosshund heult - wäre das nicht zu verhindern gewesen, wenn man keinen Mini-Dolch angeschafft hätte? Dass Kinder jemanden schlagen, das habe nichts mit der Waffe zu tun, sagt Holger Simonszent. Wichtig ist, dass sie allgemein beim Spiel gewisse Regeln kennen, zum Beispiel dass sie niemandem wehtun sollen.

Was fördert wirklich gewalttätiges Verhalten?

Am wichtigsten ist es immer noch, dass Erwachsene ein gewaltfreies Miteinander vorleben und Vorbild sind. Das gelte auch für verbale Gewalt. Wenn der Vater immer laut losschreit, dann tut das das Kind sehr wahrscheinlich auch irgendwann. Entscheidend ist, was das Kind im realen Umfeld erfährt. „Wenn es reale Gewalt erlebt, dann ist es wahrscheinlich, dass es auch Gewalt zeigt.“ Unabhängig vom Waffenspiel sollte man deshalb grundsätzlich mit Kindern über Gewalt sprechen.

Reale Gewalt kann Gewalt auslösen

Es ist also völlig okay, wenn der Sohn geübt die Flinte schwingt und zeitweise die Knarre mit ins Bett nimmt. Dadurch wird er nicht automatisch später zum Gewalttäter. „Irgendwann wird die Faszination ganz von alleine wieder aufhören“, sagt Kinderpsychologe Simonszent. Bedenklich wäre es erst, wenn es dem Kind nur noch um das Thema Waffen ginge oder gerade ältere Kinder und Teenager ständig Kriegsspiele spielten. Wenn Eltern sich unsicher sind oder ein schlechtes Gefühl haben, dann sollten sie grundsätzlich ein Beratungsgespräch, beispielsweise bei einer Erziehungsberatungsstelle, suchen.

Waffenspiel ist angelerntes Rollenverhalten

Aber warum fühlen sich eigentlich gerade Jungs so von Waffen angezogen? „Das ist angelerntes Rollenverhalten“, sagt Holger Simonszent. Jungen werden von ihren Eltern anders behandelt, mit ihnen wird mehr gerauft, es wird darauf geachtet, dass Jungs sich wehren. So erfüllen sie auch beim Spiel automatisch gewisse Rollenvorgaben. Kinder merken schnell, was erwünscht ist und was nicht.

Vor allem aber zählt, was die anderen Kinder machen. Wenn im Kindergarten Star Wars-Karten getauscht werden und T-Shirts mit Action-Helden angesagt sind, dann wird das auch beim eigenen Kind bald auf dem Wunschzettel stehen. Und dadurch auch die ganze Welt der Räuber, Ordnungshüter, Krieger und Kampfhelden. Das fängt schon beim Polizei-Bobbycar an und geht weiter mit den Helden aus Comics, Serien und Büchern, an denen sich Kinder im Verhalten oft orientieren. „Modell-Lernen“ nennt Kinderpsychologe Simonszent das.

Als Eltern solle man ruhig bleiben und ruhig auch einmal mitspielen. Warum sich nicht mal wieder am Marterpfahl mit Pfeilen malträtieren lassen. Schließlich hat man früher als Kind ja auch selbst die besten Indianer-Kriege geführt.

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