Abo

Teenager-SorgenWelche Themen Eltern besprechen sollten – und welche nicht

Lesezeit 4 Minuten
Über manche Themen - wie schlechte Schulnoten - muss man mit seinen Eltern reden. Ansonsten aber gilt: Alles müssen sie nicht wissen.

Über manche Themen - wie schlechte Schulnoten - muss man mit seinen Eltern reden. Ansonsten aber gilt: Alles müssen sie nicht wissen.

Die Eltern kennen ihre Kinder oft am besten. Und trotzdem gibt es Themen, die Jugendlichen peinlich sind und nur schwer über die Lippen gehen. Worüber muss man trotzdem mit ihnen reden? „Eltern müssen nicht alles wissen, es ist aber gut, wenn sie einschätzen können, wie es ihrem Kind geht“, sagt Ulric Ritzer-Sachs von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung.

Gibt es eine Kultur des Erzählens?

Ob Jugendliche sich den Eltern gerne anvertrauen, ist von Fall zu Fall unterschiedlich, erklärt der Experte. Gibt es in einer Familie schon immer einen regen Austausch, dann herrscht eine Kultur des Erzählens. In der fällt es leicht, auch peinliche Themen anzusprechen. Doch was, wenn es eine solche Erzählkultur nicht gibt?

Besonders schwierig ist zum Beispiel oft das Thema Liebe und Sexualität. Ob Jugendliche mit den Eltern über ihren heimlichen Schwarm, die erste Beziehung oder das erste Mal sprechen, sollten sie einfach nach Gefühl entscheiden, rät Psychotherapeut und Buchautor Joachim Braun. Ein Richtig oder Falsch gibt es nicht: „Es ist natürlich toll, wenn man das Gefühl hat, mit den Eltern über Liebe und Sexualität sprechen zu können – es ist aber auch völlig in Ordnung, es nicht zu tun.“

Denn Jugendliche haben ein Recht auf Intimsphäre, sagt Braun. Alternativ könne man auch mit den Freunden darüber sprechen. Geht es um die Erlaubnis, bei der Freundin oder dem Freund zu übernachten, muss man die Eltern aber natürlich fragen. Halten die ihren Nachwuchs noch für zu jung dafür, kann man versuchen, ihnen die Ängste zu nehmen, erklärt Psychotherapeutin Christiane Wempe. Wer sagt: „Macht euch keine Sorgen, ich habe in der Schule gelernt, wie Verhütung funktioniert“, kann die Eltern eventuell beruhigen.

Schlechte Noten früh mitteilen

Bei schlechten Noten in der Schule oder einer gefährdeten Versetzung gilt: So früh wie möglich erzählen, mahnt Ritzer-Sachs. Denn die meisten Eltern finden es besonders schlimm, erst kurz vor einem miesen Zeugnis oder einer gefährdeten Versetzung informiert zu werden. Erfahren sie rechtzeitig von Problemen, können sie noch reagieren. Christiane Wempe rät, schlechte Noten eventuell getrennt zu beichten: Reagiert ein Elternteil absehbar gereizt darauf, sprechen Kinder vielleicht zuerst mit dem jeweils anderen.

Andere Schulprobleme sind möglicherweise noch unangenehmer: Vielen Jugendlichen fällt es besonders schwer darüber zu sprechen, wenn sie gemobbt oder ausgegrenzt werden. Trotzdem sollte man sich den Eltern in so einem Fall unbedingt anvertrauen, rät Joachim Braun. „Nur wenn man sich den Eltern öffnet, haben die auch eine Chance zu helfen.“ Und das können die Eltern meistens ganz gut: „Bei Mobbing ist es wichtig, dass Jugendliche, Eltern und Lehrer zusammenarbeiten und ein Netzwerk bilden“, erklärt der Buchautor.

Bei Mobbing die Eltern einbeziehen

Häufig ist es einfach, Mobbing zu unterbinden, wenn man es öffentlich macht, sagt auch Ulric Ritzers-Sachs. Und manchen Jugendlichen hilft es beim Berichten von Hänseleien, den Eltern vorher zu sagen: „Ich möchte erst mal nur erzählen – ohne dass Ihr euch direkt einmischt.“ Danach können Eltern und Kinder gemeinsam und in Ruhe überlegen, wie es weitergeht.

Ein besonders sensibles Thema für Jugendliche ist die Scheidung der Eltern. „Viele Jugendliche belastet es, wenn die Eltern sich trennen“, sagt Christiane Wempe. „Das Thema zu Hause anzusprechen ist ihnen aber unangenehm, weil sie den Eltern nicht noch mehr Sorgen bereiten wollen.“ Dazu fürchten sie häufig negative Reaktionen, zum Beispiel die Abwertung des anderen Elternteils, erklärt Wempe. Tatsächlich sind viele Eltern, die gerade in der Hochphase der Scheidung stecken, nicht objektiv. „Manchmal ist es dann sinnvoller, wenn sich Jugendliche Beratung von außen holen – etwa bei Freunden, deren Eltern auch geschieden sind, oder bei einem Therapeuten“, sagt Wempe.

Den Konflikt mit den Eltern wagen

Bei manchen Themen haben Jugendliche keine Wahl: Immer wenn es um Vereinbarungen und Erlaubnisse geht, muss man die Zähne auseinander bekommen und mit den Eltern sprechen, sagt Joachim Braun. Ausgehzeiten, das Taschengeld, das erste Mal bei der Freundin oder dem Freund übernachten: „Wer etwas aushandeln will, sollte den Konflikt mit den Eltern wagen – auch wenn das manchmal schwer fällt“, rät Braun.

Vor so einem Gespräch sollten sich Jugendliche fragen, wie sie die Eltern überzeugen können, empfiehlt Ritzer-Sachs. Außerdem sucht man sich am besten einen ruhigen Moment, in dem die Eltern selbst entspannt sind, vielleicht sogar mit einem fest vereinbarten Termin.

Wer fürchtet, die Eltern könnten die Bitte abschlagen, ohne dass man sein Anliegen überhaupt richtig erklärt hat, kann auch Regeln für das Gespräch festlegen – etwa, dass er erst eine Viertelstunden zum Reden bekommt und die Eltern zuhören müssen. Das ist zwar nicht immer leicht, sagt Ritzer-Sachs. Aber auch bei Verhandlungen mit den Eltern gilt: Übung macht den Meister. (dpa/tmn)

KStA abonnieren