Abo

Vereinbarkeits-StudieWarum Deutschland ein Land von „Teilzeit-Muttis” ist

Lesezeit 3 Minuten
imago65660219h

In Deutschland fühlen sich Frauen durch Öffnungszeiten von Kitas und Schulen gezwungen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren.

Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf: Im Vergleich mit anderen Ländern steht Deutschland schlecht da. Frauen arbeiten weniger als Männer und werden schlechter bezahlt.

Der Vater verdient das Geld, die Mutter kümmert sich ums Kind: Was sich anhört wie ein altmodisches und längst überholtes Familienbild, ist hierzulande noch nicht Vergangenheit. „Das Modell des männlichen Allein- bzw. Hauptverdieners ist in Deutschland weiterhin vorherrschend“, stellt die OECD-Studie „Dare to Share“ fest. Allerdings: Es gibt auch große Fortschritte bei der partnerschaftlichen Aufteilung. Was sagen die Zahlen?

Zwar sind in Deutschland 70 Prozent der Mütter erwerbstätig, aber nur 30 Prozent arbeiten Vollzeit. Und mit rund 20 Stunden ist die Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten relativ kurz. Die Konsequenz: Bei Paaren mit mindestes einem Kind steuern die Frauen nur 22,6 Prozent zum Familieneinkommen bei. Das ist der schlechteste Wert von 15 ausgewählten Ländern.

Warum läuft das in anderen Ländern besser?

Entscheidend sind Betreuungsangebote für Kinder. Mütter fühlen sich vor allem durch starre Öffnungszeiten von Schulen, Kindergärten und Kitas gezwungen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Im Gegenzug müssen sie den größten Teil der unbezahlten Hausarbeit erledigen. In der OECD-Studie heißt es: „In Ländern, in denen Frauen in größerem Umfang arbeiten und es eine gut ausgebaute und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung wie etwa in Finnland oder Norwegen gibt, teilen Eltern unbezahlte Arbeit ausgewogener auf.“

Was ist mit dem Begriff „Teilzeitfalle“ gemeint?

Dahinter steckt die weit verbreitete Erfahrung, dass Frauen zunächst zeitweise ihre Arbeitszeit reduzieren wollen, um sich um ihre kleinen Kinder zu kümmern. Später gelingt ihnen aber nicht mehr der Sprung zurück in einen Vollzeitjob. Ein Rückkehrrecht, wie es viele fordern, gibt es nicht. Allerdings hat Arbeitsministerin Andrea Nahles zum Jahresbeginn einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Befristung von Teilzeitverträgen vorsieht. Es sind aber eine Reihe von Einschränkungen geplant, und die Union befürchtet zu viel Bürokratie.

Wie steht es mit den Unterschieden zwischen Ost- und Westdeutschland?

Das unterschiedliche Frauenbild in Ost und West spiegelt sich immer noch in den Umfragen, aber die Differenzen schwinden. In Westdeutschland waren 2012 etwa 20 Prozent der Auffassung, Mütter mit einem noch nicht schulpflichtigen Kind sollten überhaupt nicht arbeiten. 2002 waren es noch 50 Prozent. In den neuen Bundesländern ist diese Zahl von 17 Prozent 2002 auf unter zehn Prozent 2012 gesunken.

Wie unterschiedlich ist die Bezahlung zwischen Männern und Frauen?

Nach offiziellen Angaben beträgt die Lohnlücke in Deutschland 21 Prozent. Der größte Teil davon ist darauf zurückzuführen, dass Frauen entweder in Teilzeit oder in schlechter bezahlten Branchen, etwa in Pflegeberufen arbeiten. Rechnet man das heraus, beträgt der Unterschied noch 7 Prozent.

Wie soll das Lohngefälle geändert werden?

Familienministerin Manuela Schwesig will zunächst mehr Transparenz schaffen. Frauen sollen Anspruch auf Auskunft darüber haben, wie viel andere Gruppen von Beschäftigten in ihrem Unternehmen verdienen. Das soll aber nur in Betrieben ab 200 Beschäftigten gelten. Um den Konflikt zwischen Familie und Beruf weiter zu entschärfen, verfolgt Schwesig das Konzept der „Familienarbeitszeit“. Wenn Eltern, also Väter und Mütter, ihre Arbeitszeit auf 28 bis 36 Stunden reduzieren, können sie bis zu 300 Euro aus der Staatskasse bekommen. (dpa)

Das könnte Sie auch interessieren:

KStA abonnieren