Kölner MusikhochschuleEin Star-Cellist wird Professor

Lesezeit 3 Minuten
Johannes Moser unterrichtet seit diesem Wintersemester an der Musikhochschule.

Johannes Moser unterrichtet seit diesem Wintersemester an der Musikhochschule.

Köln – Jugend in der Geburtsstadt München, Studium in Lübeck und Berlin - und seit diesem Wintersemester also eine (vorerst halbe, perspektivisch volle) Professur an der Kölner Musikhochschule. „Tja“, sagt Johannes Moser, „nach dem Süden, dem Norden und dem Osten der Republik war jetzt endlich mal der Westen dran.“

Tatsächlich fehlte der bislang auf dem Lebensweg des Cellisten vom Jahrgang 1979, der, spätestens seit er 2002 den Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau gewann, eine steile internationale Solokarriere hingelegt hat. Dabei war ihm Köln zumindest familiär geläufig: Seine Tante, die legendäre Sopranistin Edda Moser, der „ich mich wahnsinnig verbunden fühle“, hatte an der Hochschule lange Jahre eine Gesangsklasse. Und öffentlich gespielt hat er hier auch schon - mit dem WDR-Sinfonieorchester, mit dem er im vergangenen Jahr Konzerte von Schostakowitsch und Britten aufnahm, und 2009 mit dem Gürzenich-Orchester als fulminanter Einspringer beim Dvorák-Konzert für den erkrankten Truls Mork.

Genauso viel lernen wie der Student

Indes: Wie kommt ein junger Musiker auf der Erfolgsschiene dazu, jetzt schon in den sicheren, aber auch unspektakulären Hafen einer hochschulischen Festanstellung einlaufen zu wollen? „Nun ja, Rektor Schuhenn hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, mich zu bewerben. Ich konnte mir das zunächst gar nicht vorstellen, bin dann dem Gedanken aber doch nähergetreten.“ Das sei ja eine Facette, sagt Moser, die sonst in seinem Leben nicht vorkomme. Und im besten Fall könne man da genauso viel wie der Schüler lernen: „Normalerweise fehlt einem das Gegenüber, das einen zwingt, sich über viele Dinge Klarheit zu verschaffen.“

Alles zum Thema Musik

Das alles heißt aber nicht, dass er sich nun mit Haut und Haaren der neuen Aufgabe verschreibt: Er hat vier - von ihm selbst ausgesuchte - Studenten, von denen jeder eine Wochenstunde Unterricht erhält: „Das kann ich blockweise zusammenfassen, so dass genug Zeit für anderes bleibt.“ Freilich hat Moser vor, „in Köln Wurzeln zu schlagen“. Derzeit wohnt er noch im Hotel, aber auf die Dauer möchte er sich ein Apartment zulegen.

Die Jüngeren für klassische Musik begeistern

Und in gewisser Weise fällt die Dozentur doch nicht vom Himmel, sondern „trägt nur weiter, was ich auch sonst mache: Lehre an Schulen“. Tatsächlich geht Moser - wie es inzwischen viele seiner Generation tun - regelmäßig mit seinem Cello in Schulklassen, um die Jungen für klassische Musik zu begeistern. „Und ich gehe auch nicht in Musikgymnasien, sondern in die neunten Klassen von Realschulen. Das ist angsteinflößend, denn man muss versuchen, Leute zu fesseln, die mit dieser Sphäre sonst nichts zu tun haben."

Das gelingt mal - und mal gelingt es nicht. Mosers Ansprüche sind realistisch und deshalb enttäuschungsfest: „Wenn ich von 30 Schülern fünf begeistern kann, ist das für mich ein Erfolg. Ich kann nur Anstöße geben. Es braucht Klick-Momente, und ich glaube, die kann ich geben.“

Die Grenzen zur Popmusik sind fließend

Eine Beobachtung ist für ihn essenziell: Mit Musik des 20. Jahrhunderts, mit neuer Musik mithin, sind die Jungen viel mehr zu packen als mit Bach und Mozart. Dies passt glücklich zu seinem generellen Interesse an neuer Musik, das auch der Erkenntnis geschuldet ist, „dass der klassische Musikbetrieb im Musealen zu erstarren droht“. In früheren Zeiten sei auch die ernste Musik „immer aktuelle Musik gewesen“.

Darin will Moser anknüpfen - auch dadurch, dass er perspektivisch ein Werk pro Jahr seiner Uraufführung zuführt: Dieses Bestreben bezieht das von ihm geschätzte E-Cello ausdrücklich mit ein - womit dann auch die Grenzen zu Popmusik fließend werden. Grenzen, die Moser ohnehin für obsolet hält.

KStA abonnieren