MittelohrentzündungSiebenjähriger stirbt, weil Eltern Antibiotika verweigern

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Die Eltern behandelten ihren Sohn bei Krankheiten seit drei Jahren nur homöopathisch, doch dieses Mal half das nicht.

Es sticht und drückt im Ohr, meist kommt Fieber hinzu. Vor allem Kleinkinder werden gequält von Mittelohrentzündungen - und wenn beide Ohren betroffen sind, werden meist sofort Antibiotika eingesetzt. Doch die Eltern des kleinen Francesco in Italien wollten ihrem Sohn solche Medikamente nicht geben. Vielleicht aus Angst vor möglichen Nebenwirkungen, vielleicht aus Überzeugung. Lediglich homöopathische Präparate wurden dem schwerkranken Kind verabreicht. Der Siebenjährige aus Cagli in den Marken starb, Trauer und Entsetzen im Land sind groß.

Eltern behandelten Sohn bei Krankheiten seit drei Jahren nur homöopathisch

Die Eltern kannten den Homöopathen gut - seit drei Jahren schon schickten sie ihren Sohn zu ihm, wenn er krank wurde, wie die Zeitung „La Repubblica“ berichtete. So auch vor wenigen Wochen. Doch dieses Mal half die homöopathische Therapie dem Kind nicht, Francesco wurde immer schwächer, verlor schließlich am 23. Mai das Bewusstsein. Die Eltern schickten per Handyvideo einen Hilferuf an den Homöopathen. Schließlich riefen sie den Notarzt, Francesco wurde ins Krankenhaus gebracht.

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Dort zeigte eine Computertomographie, dass die Entzündung bereits auf das Gehirn übergegriffen hatte. Auch eine Therapie mit Antibiotika half nun nicht mehr - die Klinik in Ancona sprach von einem „schweren komatösen Zustand“ des Jungen. Nach dem Tod von Francesco ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung gegen den Arzt und hat auch Ermittlungen gegen die Eltern eingeleitet, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.

Verweigern sich Eltern in Deutschland einer dringend nötigen Therapie, kann ihnen das medizinische Sorgerecht entzogen werden

Nicht bei jeder Mittelohrentzündung werden sofort Antibiotika eingesetzt. Bei beidseitiger Entzündung oder anhaltenden Symptomen gilt eine Behandlung mit Antibiotika aber als Mittel der Wahl, um gefährliche Komplikationen wie eine Hirnhautentzündung (Meningitis) oder eine Gesichtsnervenlähmung zu vermeiden.

Der Fall in Italien sei eine „Rarität“, auch weil Mittelohrentzündungen selten so schwerwiegende Folgen hätten, sagt Jakob Maske, Pressesprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte für Berlin. Um schwere Komplikationen zu vermeiden, folgten Eltern in Deutschland in den allermeisten Fällen dem Rat der Ärzte. Verweigerten sich Eltern einer dringend nötigen Therapie doch, könne ihnen im Extremfall das medizinische Sorgerecht entzogen werden. Das komme aber eher vor, wenn Eltern ihren Kindern eine notwendige Krebstherapie vorenthalten.

Großvater des Jungen sieht Schuld bei Homöopathen

Am Mittwoch sollte Francesco beerdigt werden. Der Großvater des Jungen sieht alle Schuld beim Homöopathen. Er habe seine Tochter verängstigt, sagte der Mann einem lokalen Nachrichtenportal. Er habe sie davon abgehalten, den Sohn ins Krankenhaus zu bringen. Der Beschuldigte äußerte sich bislang noch nicht öffentlich. Journalisten belagerten in den vergangenen Tagen sein Haus. Seine Frau sagte schließlich: „Wir stehen alle unter Schock, glaubt uns. Es tut mir leid, aber mein Mann kann dafür nicht verantwortlich gemacht werden.“ Er habe lediglich nur eine mögliche Therapie vorgeschlagen. (dpa)

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