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„Freikost Dienet“Bioladen in Bonn verkauft unverpackte Lebensmittel

Lesezeit 3 Minuten
Die Bonner Hilke und Tim Deinet mit Nachwuchs in ihrem Laden im Stadtteil Duisdorf.

Die Bonner Hilke und Tim Deinet mit Nachwuchs in ihrem Laden im Stadtteil Duisdorf.

  • Im Bioladen „Freikost Deinet“ in Bonn gibt es keine Verpackung.
  • Neben den 300 Produkten zum Abfüllen kommen noch 30 Regalmeter Frischware mit Obst, Gemüse, Eiern, Milchprodukten in Pfandbehältern und eine üppig gefüllte Käsetheke – vorwiegend mit Produkten von Bauern aus der Region.

Bonn – Den Kunden im Laden von Hilke und Tim Deinet in Bonn-Duisdorf erkennt man am Rucksack gefüllt mit Stofftaschen und Dosen. Oder alternativ am geräumigen Einkaufskorb. Denn wer bei „Freikost Deinet“ einkauft, der bringt die Verpackung selber mit. 300 verschiedene Produkte lassen sich in dem geräumigen Bioladen wie zu Omas Tante-Emma-Laden-Zeiten abfüllen. Ob Nüsse, Nudeln in allen Variationen, diverse Sorten Linsen, Müsliflocken, Quinoa, Trockenfrüchte oder Kaffee. Alles kommt aus den dekorativen Kunststoffspendern in die mitgebrachten Gefäße und wird an der Kasse auf das Gramm genau ausgewogen.

Der Bonner Bioladen ist der erste in NRW, in dem das Einkaufen ohne Verpackung – und damit die Vermeidung unnötigen Plastikmülls – zum Geschäftsmodell wurde. „Wir sind derzeit bundesweit noch der einzige Vollsortimenter, der lose Ware anbietet“, erzählt Tim Deinet stolz. Zu den 300 Produkten zum Abfüllen kommen noch 30 Regalmeter Frischware mit Obst, Gemüse, Eiern, Milchprodukten in Pfandbehältern und eine üppig gefüllte Käsetheke – vorwiegend mit Produkten von Bauern aus der Region. Wer ohne Gefäß kommt, der kann gegen Aufpreis eine Papiertüte erwerben – freilich nicht, ohne an der Kasse den freundlichen Hinweis zu hören, dass diese beim nächsten Mal sinnvollerweise wieder mitgebracht werden soll, um sie erneut zu befüllen.

Verpackungsfrei liegt bundesweit im Trend

Mit ihrem seit zwei Jahren bestehenden Laden begründeten die beiden Rheinländer – als nach eigenen Angaben zweiter Laden in Deutschland überhaupt – einen Trend, der sich derzeit über die ganze Republik ausbreitet: Berlin, Kiel, Dresden, Mainz – überall eröffnen neuen Läden mit dem Konzept „Unverpackt“, in denen zumindest ein Teil des Sortimentes lose zu erwerben ist. In Köln soll der erste kleine Laden in diesem Sommer an den Start gehen, und zwar auf der Berrenrather Straße in Sülz.

Laut Statistischem Bundesamt werden in Deutschland jedes Jahr mehr als 16 Millionen Tonnen Verpackungsmüll eingesammelt: die Plastikfolie, in der das Six-Pack Äpfel eingeschweißt ist, das Styropor auf dem die Käsescheiben liegen, die eingeschweißte Gurke oder die dreifach verpackte Kaffeekapsel. Das sind pro Kopf rund 213 Kilo Verpackungsmüll, und damit so viel wie in keinem anderen EU-Land. Die 71 Plastiktüten, die der deutsche Verbraucher derzeit pro Kopf und Jahr verbraucht und dem nun mit der Tüten-Abgabe der Garaus gemacht werden soll, sind da nur die Spitze des Eisberges.

„Freikost Deinet“ erhält Anrufe aus der ganzen Bundesrepublik

In der Tasche von Heidi Zeller sind ein paar Beutel und Papiertüten. Auch die obligatorische Tupperdose fehlt nicht. Bei „Freikost Deinet“ kauft sie zweimal die Woche für ihren täglichen Bedarf ein: Etwa Buchweizen- und Hirseflocken für ihre Müslimischung, die sie grammgenau an der großen Kunststoff-Zapfanlage abfüllt. „Für Singles wie mich ist das super, dass ich nicht so ein riesiges Gebinde kaufen muss“, sagt die Kundin, die sich auch ihren Lieblings-Rohmilchkäse aus dem Siegerland aus der reichhaltig bestückten Käsetheke in die Tupperdose abfüllen lässt. Das sei nicht nur ungemein praktisch, sondern gebe ihr auch das gute Gefühl, „etwas gegen den täglichen Verpackungswahnsinn“ zu tun.

Das „lose“ Einkaufen verzeichnet nicht nur bei Deinets in Bonn-Duisdorf einen immer weiter wachsendem Kundenkreis. Es kommen aus der ganzen Republik immer wieder Anrufe von Interessenten, die das Konzept auch in ihrer Stadt etablieren wollen und nach Erfahrungswerten fragen. „Es ist einfach nicht so, dass den Kunden egal ist, wie viel Berge von Müll sie produzieren. Das erlebe ich hier jeden Tag“, meint Deinet.

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