1514 Anträge in EuskirchenBürger fühlen sich bedroht - kleiner Waffenschein begehrt

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Kreis Euskirchen – Offenbar fühlen sich immer mehr Menschen im Kreisgebiet bedroht und haben das Gefühl, sich selbst verteidigen zu müssen. Bei der Kreispolizei Euskirchen häufen sich die Anträge für einen Kleinen Waffenschein, mit dem man zugelassene Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen auch außerhalb des Hauses mit sich führen darf.

Die Euskirchener Polizei hat bis zum 13. September genau 1514 Kleine Waffenscheine ausgegeben. Davon wurden allein in diesem Jahr 745 genehmigt. „Wir haben mindestens zehn Neuanträge pro Woche“, berichtet Sachbearbeiter Marcel Meister. Am Jahresanfang, als die Diskussion über die Kölner Silvestervorfälle durch die Medien ging, seien es sogar 30 Anträge pro Woche gewesen.

„Viele fühlen sich sicherer“

„Für viele ist das eine psychologische Sache: Sie haben eine Waffe dabei und fühlen sich dadurch sicherer. Objektiv muss das aber gar nicht der Fall sein“, sagt Polizeisprecher Norbert Hardt. Der unter anderem für Waffenrecht zuständige Dezernatsleiter Mario Keil ergänzt: „Ich glaube nicht, dass viele diese Waffe überhaupt einsetzen werden.“ Wenn man einem Ganoven gegenüberstehe, könnte alles so schnell gehen, dass man überrumpelt werde. Polizeisprecher Hardt gibt außerdem zu bedenken: „Wenn die Polizei ankommt und Sie mit einer solchen Knarre da stehen sieht, kann es leicht zu Verwechselungen kommen.“ Insbesondere wenn die Lichtverhältnisse schlecht seien, könnte es problematisch werden.

Man habe jüngst 200 Anträge ausgewertet: Mindestens 70 Prozent der Antragsteller seien Männer gewesen. Von denen seien wiederum 75 Prozent älter als 30 Jahre. „Junge Frauen finden sich fast gar nicht unter dieser Klientel“, weiß die Polizei. Häufig höre man hingegen, so Meister, dass der Antragsteller ein Nachtangler sei, der Angst habe, abends alleine zu angeln. Spaziergänger hätten auch einfach nur Angst vor Hunden oder Wildschweinen.

Schlecht informiert

Viele Antragsteller seien auch schlecht informiert, meint Marcel Meister. Wenn sie gehört hätten, dass angeblich in der Nachbarschaft eingebrochen worden sei, wollten sie sich eine nicht ungefährliche Schreckschusswaffe anschaffen und zur Sicherheit zu Hause deponieren. Doch dafür benötigten sie den Kleinen Waffenschein überhaupt nicht. Besitz und Transport von Schreckschusswaffen vom Geschäft bis zum Wohnhaus sind legal. Reizstoffsprays zur Selbstverteidigung und Elektro-Teaser, die mit Hochspannung Gegner in die Flucht jagen sollen, darf man ohnehin ab 18 Jahren besitzen und mit sich führen, wenn sie ein PTB-Kennzeichen haben.

Infos zum Waffenschein

Seit dem Jahr 2003 ist es verboten, Schreckschuss-, Gas- und Signalwaffen, die das Zulassungskennzeichen PTB (Physikalisch Technische Bundesanstalt) tragen, außerhalb der eigenen Wohnung oder Geschäftsräume mitzuführen. Bei Zuwiderhandlung drohen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Für die eigene Wohnung ist jedoch keine Erlaubnis erforderlich.

Wer diese Waffen führen will, braucht einen „Kleinen Waffenschein“. Den erhält man nur, wenn man mindestens 18 Jahre alt ist sowie die körperliche und geistige Eignung zum Tragen der Waffen besitzt. Vorbestraften wird diese Erlaubnis in der Regel nicht erteilt. Alle Angaben zur Person werden von der Kreispolizeibehörde mit den Eintragungen von Bundeszentralregister, Erziehungsregister, Staatsanwaltschaft und Staatsschutz abgeglichen.

Bei öffentlichen Veranstaltungen darf man allerdings trotz Kleinem Waffenschein eine solche Waffe nicht mitführen. Es ist auch nicht erlaubt, die Waffe Personen unter 18 Jahren zu überlassen. Geschossen werden darf außerhalb des eigenen befriedeten Besitztums nur in Fällen der Notwehr und des Notstandes. So ist es ausdrücklich verboten, mit solchen Waffen zum Jahreswechsel zu schießen. Waffen und Munition müssen getrennt aufbewahrt werden. Sie müssen laut Waffengesetz so gelagert werden, dass Dritte sie nicht unbefugt an sich nehmen können. Außenstehende dürfen nichts vom Aufbewahrungsort erfahren.

Die Verwaltungsgebühr beträgt 55 Euro. Weitere Informationen zum Kleinen Waffenschein erhält man bei der Kreispolizeibehörde Euskirchen, Tel.: 0 22 51/799-312, -302 oder -303.

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