„Fast Radio Bursts“Mysteriösen Radioblitzen in Eschweiler auf der Spur

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Der Astropeiler auf dem Stockert hat einen Durchmesser von 25 Metern.

Der Astropeiler auf dem Stockert hat einen Durchmesser von 25 Metern.

Bad Münstereifel-Eschweiler/Effelsberg – „Neues im Weltall“ gibt es laut Elke Fischer vom Verein Astropeiler Stockert. Sie berichtet von sogenannten „Fast Radio Bursts“ – also intensive Radioblitze, die aus den Tiefen des Alls kommen und nur Tausendstelsekunden andauern. Erst seit wenigen Jahren wissen die Wissenschaftler, dass es sie überhaupt gibt. Und sie sind bis heute mysteriös geblieben.

Die besonderen Strahlungsausbrüche seien nur zufällig, bei der Auswertung von alten Messungen, entdeckt worden, berichtet Fischer. Man wisse noch nicht, woher sie stammen, warum sie überhaupt existieren und noch weniger, wie sie entstehen. Spekulationen gebe es viele. Die Vermutung ist, dass verschmelzende Neutronensterne, kollidierende oder verdampfende schwarze Löcher, vielleicht auch explodierende Sterne sie verursachen könnten.

Wissenschaftler auf der ganzen Welt suchen fieberhaft nach Erklärungen. Auch das mit 305 Metern Durchmessern große Radioteleskop südlich der Hafenstadt Arecibo (Puerto Rico), bekannt aus James-Bond-Film, beteiligt sich an der Suche, ebenso wie der 100-Meter-Schirm vom Radioteleskop in Effelsberg. Letzteres lieferte nun erste bahnbrechende Erkenntnisse. Aber auch der „kleine“ Stockert bei Eschweiler ist mit von der Partie. Er hat sozusagen einen Spezialauftrag in dieser Angelegenheit.

Die Radiosternwarte auf dem Stockert habe einen klaren Vorteil, so Fischer: „Wir haben die gleiche Technik wie die Großen. Unsere Anlage kann zwar nicht ganz so empfindlich messen, aber wir haben hier sehr viel Zeit. Wir können stundenlang auf eine Stelle am Himmel gucken.“ Die anderen Anlagen hingegen seien häufig von Instituten gebucht und daher nicht so flexibel in der Planung.

Zu den wichtigsten Erkenntnissen, die bisher mit dem 25-Meter-Schirm auf dem Stockert gewonnen werden konnten, zählt laut Website des Vereins, die Untersuchung der Struktur der Milchstraße. Andere Messungen wurden zur Vorbereitung der amerikanischen Mondmission benutzt: Durch die Beobachtung der thermischen Strahlung des Mondes konnten demnach wichtige Rückschlüsse auf dessen Oberflächenbeschaffenheit und einer vermuteten, extrem dünnen Atmosphäre gewonnen werden.

Die aus den 1950er-Jahren stammende Anlage, deren Eigentümerin die NRW-Stiftung ist, ist ein einmaliges Stück deutscher Wissenschaftsgeschichte, so Karl-Josef Mauel vom Verein: „Das Teleskop war für einige Zeit das größte seiner Art und blieb noch für einige Jahre das genaueste radioastronomische Messinstrument seiner Zeit.“ Durch das besondere, ehrenamtliche Engagement des Vereins Astropeiler Stockert, ist die Anlage heute überhaupt noch zugänglich für Besucher und wissenschaftliche Messungen wieder möglich.

Technisch präsentiert sich das Interieur des historischen Bauwerks auf modernem Stand. Im Steuerraum blinken sofort rote und grüne Signale auf, wenn das System hochfährt. Wer an der Steuerung arbeiten will, muss einen Führerschein haben, erläutert Fischer. „Es ist wie eine große Eisenbahn fahren. Man sieht auf dem Monitor, wie der Schirm sich dreht und bewegt.“ Der Nutzer kann zwischen Hand- und Computersteuerung wählen. Ins Logbuch wird eingetragen, wann wer misst. Wer weiß, vielleicht liefern die Vereinsmitgliedern am Stockert schon bald neue Erkenntnisse in Sachen „Fast Radio Bursts“.

www.astropeiler.de

Neue Erkenntnisse

Kurz „FRB 121 102“ wird die Himmelsregion genannt, in der wiederholt Radioblitze aufgetreten sind und die die Astro-Forscher weltweit nun besonders auf dem Schirm haben. Jüngst lieferte der 100-Meter-Schirm vom Radioteleskop Effelsberg laut Dr. Laura Spitler, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie, erste bahnbrechende Erkenntnisse.

Mit Hilfe der Effelsberger Messdaten konnten demnach die Astroforscher erstmals den Ort ermitteln, an denen die Radioblitze ihren Ursprung haben. Es ist eine Zwerggalaxie in rund drei Milliarden Lichtjahre Entfernung. „Das war ein sehr wichtiges Ergebnis und Effelsberg war dabei sehr entscheidend“, so Spitler.

Das Radioteleskop zeichne sich vor allem durch den großen Schirm aus. Der sei wichtig, wenn die Signale nur sehr schwach auftreten. Die vorhandenen Instrumente böten für die Messungen eine große Bandbreite an Frequenzen. Mit den zusammengeschalteten Radioantennen gelang es den Astroforschern, insgesamt neun Radioblitze aufzufangen, die mit einer Frequenz um die 1,4 Gigahertz aus dem Weltall kamen.

Via Internet wählt sich die wissenschaftliche Mitarbeiterin von ihrem Schreibtisch aus auf den rund 50 Kilometer entfernten in der Eifel stehenden Schirm ein und ruft alle Messdaten ab. In Echtzeit tauscht sie dann die Informationen mit den anderen Radioteleskopen auf der Welt aus.

Noch ist nicht klar, welcher Prozess solch starke Radioblitze erzeugen kann. Deshalb werde weiter geforscht, so Spitler. Weitere Antworten erhoffen sich die Astronomen von Nachbeobachtungen und der Entdeckung weiterer Radioblitze. (kir)

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