Kunstraum „option.265“Fantasie gegen den grauen Alltag

Lesezeit 4 Minuten
Christine Schirrmacher lässt die Kunstwerke von Merlin Flu regelmäßig ausstellen. Schon früher unterstützte sie ihren 2015 verstorbenen Mann, wo sie nur konnte. )

Christine Schirrmacher lässt die Kunstwerke von Merlin Flu regelmäßig ausstellen. Schon früher unterstützte sie ihren 2015 verstorbenen Mann, wo sie nur konnte. )

Effelsberg – Es ist nicht das erste Mal, dass Christine Schirrmacher eine Kunstausstellung ihres Mannes eröffnet. Geübt darin, begrüßt sie die Besucher zur Vernissage „Design und Stoffliches von Merlin Flu“ im Effelsberger Atelier der Künstlerin Martina Unterharnscheidt. Einige Werke des deutschen Künstlers werden hier bis Ende August ausgestellt.

Schirrmacher hält keine langen Reden, sondern macht es kurz. „Es war meinem Mann ein großes Anliegen, Freude und Inspiration in den Alltag zu bringen“, erklärt sie. „Er war der Meinung, Fantasie ist die einzige Freude gegen den grauen Alltag.“ Sie spricht in der Vergangenheitsform, denn Merlin Flu, der bürgerlich Hartmut Schirrmacher hieß, ist Anfang 2015 verstorben. Seine Kunst aber lebt weiter und wird den Menschen durch seine Witwe nähergebracht.

Im Kunstraum „option.265“ können die Besucher Merlin Flus Bilder, Kissen, Sitzwürfel und Stahlobjekte bestaunen, aber ebenso von ihm designte Kleidung, Taschen und Schmuck. Besonderes Highlight: zwei bedruckte Duschvorhänge. Künstlerin Martina Unterharnscheidt findet, dass die Exponate des Künstlers insbesondere wegen der vielen textilen Stücke gut mit ihrem Atelier harmonieren. Aber vor allem gefällt ihr der Stil des Künstlers: „Seine lebensbejahenden Werke haben mich immer fasziniert.“ Merlin Flus Kunst fällt durch leuchtende Farben und wilde Motive auf: Ob auf Bildern, Kissen oder einem Blazer – kräftige rote, gelbe und blaue Töne wecken die Aufmerksamkeit der Gäste.

Mit 13 Jahren die

ersten Bilder gemalt

Die Kunstwerke sind oft voller Details. Viele davon zeigen Frauen in den unterschiedlichsten Formen und mit einer breiten Palette an Gesichtsausdrücken. „Die Leitmotive seiner Inspiration waren Frauen, Gesichter, Ausdrücke und mystische Fabelwesen“, berichtet Christine Schirrmacher. Das Thema Frauen scheint Programm zu sein – außer einem einzigen männlichen Gast sind nur Besucherinnen zur Vernissage nach Effelsberg gekommen. Aber das ist wohl nicht ungewöhnlich. „Bei Veranstaltungen zu Textilkunst kommen generell fast nur Frauen“, hat Gastgeberin Martina Unterharnscheidt beobachtet. So seien auch in der Textilkunst selbst viel mehr Frauen als Männer tätig.

Merlin Flu hat die Liebe zur Kunst früh entdeckt, seine ersten Bilder malte er bereits im Alter von 13 Jahren. Später hatte der freischaffende Künstler ein Atelier in Düsseldorf, von 2004 an in Schleiden. Seine Kunst deckt eine große Bandbreite ab, so gingen aus seinen Arbeiten Acrylgemälde, Aquarelle und Skulpturen hervor, aber auch Muster, die sich zum Bedrucken von Kleidung und Objekten eignen. Zudem schrieb er Gedichte. Im Ausland ist Merlin Flu bekannt und wird als „Picasso von der Kö“ bezeichnet.

1990 erkrankte er an Multipler Sklerose, was ihn in seiner Arbeit stark einschränkte: Die Krankheit schwächte seine Sehfähigkeit stark und lähmte schließlich auch seine Beine und die Malhand. Von da an war Christine Schirrmacher sein Auge und seine ausführende Hand: Unter Merlin Flus Regie brachte sie seine Skizzen in den letzten Jahren seines Lebens auf die Leinwand und füllte sie mit Farben. Nicht nur, weil es der Wunsch ihres Mannes war, seine Kunst in die Welt hinauszutragen, kümmert sich Schirrmann auch nach seinem Tod um die Präsentation der rund 1000 Werke: „Es ist ein schönes Gefühl, seine Kunst auszustellen, weil ich auch Teil davon bin“, erzählt sie lächelnd.

Ihre Unterstützung scheint grenzenlos: Aktuell schreibt Christine Schirrmann eine Biographie über den Künstler. An den Werken ihres Mannes fasziniert die Schleidenerin vor allem „die Vielfalt, die Gefühle, die er in seinen Bildern ausdrückt, die Kombination an Farben und die Ausdrücke in den Gesichtern.“ Nicht selten erkennt sie sich selbst darin wieder. Auch viele Besucher zeigen sich beeindruckt: „Es ist mal etwas anderes, ansonsten ist Kunst immer so hart“, sagt Katja Wiskirchen aus Bad Münstereifel. „Die Stücke sind etwas durcheinander, frei, wild. Das gefällt mir.“ Den einzigen männlichen Besucher beeindruckt besonders ein Bild: „Das finde ich einfach Bombe. Die Farben haben mich total geflasht“, so Norbert Hollender, der aus Wershofen hergekommen ist.

Aktuell veranstaltet Christine Schirrmacher keine eigenen Ausstellungen, Interessierte können das Schleidener Atelier aber nach Terminabsprache unter Tel. 0 24 45/85 25 95 besichtigen. Zudem kann die Effelsberger Ausstellung noch am 12. und 13. August besucht werden.

www.MerlinFlu.de

www.option265.com

KStA abonnieren