Kuriosität in Bad MünstereifelRote Couch im Radioteleskop platziert

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Für die Fotoserie zum 70. Geburtstag des Landes NRW nahm die Rote Couch von Horst Wackerbarth auf dem Radioteleskop Effelsberg Platz.

Für die Fotoserie zum 70. Geburtstag des Landes NRW nahm die Rote Couch von Horst Wackerbarth auf dem Radioteleskop Effelsberg Platz.

Bad Münstereifel-Effelsberg – Langsam wird die Couch mit dem Seilzug heruntergelassen. Dann steht sie in der Schüssel des Radioteleskops. Winzig wirkt das mit rotem Samt bezogene Sitzmöbel auf dem 100-Meter-Parabolspiegel. Dennoch soll das Couch-Bild ganz groß rauskommen. Der Düsseldorfer Foto- und Video-Künstler Horst Wackerbarth hat das Motiv in den Fokus genommen.

Die rote Couch ist sein Markenzeichen. Seit 1985 ist er damit weltweit unterwegs – von der Eiswüste Alaskas bis zum Regenwald Südamerikas, aber auch in den Metropolen Europas und gestern in Effelsberg. „Bis heute haben 800 Menschen in 53 Ländern auf meiner Couch Platz genommen“, sagt er. Junge und Alte, Arme und Reiche, Prominente und Unbekannte. Es ist sein Lebenswerk, die „Galerie der Menschheit“.

Normalerweise stellt er seinen Protagonisten Fragen und zeichnet das Interview auf: „Die rote Couch ist dabei gemeinsamer Nenner, roter Faden, Bühne, Thron und Kommunikationsplattform zugleich. Sie bringt Menschen auf Augenhöhe.“

Doch am Radioteleskop ist das anders: „Hier nimmt keiner Platz“, so Wackerbarth. Das sei zu gefährlich. Der 65-Jährige freut sich trotzdem über das Event: „Dass meine Couch so nah am Universum ist, finde ich schon sehr sexy.“ Dass der Künstler die riesige Schüssel nutzen darf, könnte man als Geburtstagsgeschenk bezeichnen. Im Herbst 2016 feiert das Land Nordrhein-Westfalen 70. und die von ihr gegründete NRW-Stiftung 30. Geburtstag. Aus diesem Anlass erstellt Wackerbarth ein fotografisches Porträt. Auf seiner Couch sollen Themen, Menschen und Orte in Szene gesetzt werden. In einem Jahr will er 100 Motive ablichten. Die Eifel soll mit sechs Motiven vertreten sein.

„Das Radioteleskop in Effelsberg ist Nummer 25“, so Wackerbarth. Im Kasten hat er bereits die 250 Jahre alte Süntelbuche bei Nonnenbach, Pater Paul und Schwester Ilona aus dem Kloster Steinfeld und den Astropeiler in Eschweiler. Dort interviewte er Markus Keseberg, der dort mit seiner Familie und vielen Tieren wohnt. Spannend fand er nach eigenem Bekunden die Aufnahmen im Dorf Wollseifen und das Bad Münstereifeler City-Outlet. Ihn habe die mittelalterlich perfekte Kulisse begeistert: „Den Gegensatz fand ich toll. Ich hatte mir dazu eine Frau auf die Couch geholt, die gerade shoppen war.“

Nur drei Sofas sind bisher verloren gegangen. „Das erste ist bei einem gewagten Schiffsmanöver in den Pazifik gefallen, das zweite bei Aufnahmen mit Feuerwehrmännern abgebrannt, weil der Wind gedreht hat. Und das dritte wurde versehentlich von Arbeitern eines Frankfurter Museums für Sperrmüll gehalten und entsorgt“, so Horst Wackerbarth.

Die aktuelle Couch sei seit 1995 im Einsatz, sie habe nur zweimal repariert werden müssen, nachdem Löwen und Eisbären sie zerlegt hätten: „Auf ihr saß auch schon Michail Gorbatschow.“

Nach gut zwei Stunden waren alle Fotos im Kasten und der Künstler mehr als zufrieden. Er musste allerdings schnell sein. Denn Peter Vogt, der Teleskop-Operateur, der zuständig für den Messbetrieb der Anlage des Max-Planck-Instituts ist, drängte: „Wir müssen ein bisschen voranmachen, schließlich müssen wir wieder Messungen durchführen. Das geht nicht, wenn das Sofa noch darauf steht.“

Die Bild- und Videoaufnahmen des Künstlers Horst Wackerbarth werden zum Jubiläum des Landes Nordrhein-Westfalen im September des kommenden Jahres im Landtag und im NRW-Forum in Düsseldorf gezeigt. Anschließend soll die Ausstellung durch Nordrhein-Westfalen, Deutschland und Europa wandern.

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