ArtenschutzNeue Verordnung verunsichert Euskirchener Musikalienhändler

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Michael Becker von Piano Becker freut sich über die neue Regelung, da ihm wichtig ist zu wissen, wo das Holz für seine Instrumente herkommt. Die helle Gitarre ist komplett aus europäischen Hölzern.

Michael Becker von Piano Becker freut sich über die neue Regelung, da ihm wichtig ist zu wissen, wo das Holz für seine Instrumente herkommt. Die helle Gitarre ist komplett aus europäischen Hölzern.

Euskirchen – Illegale Abholzung des Regenwaldes – da denkt man an Kaffee, Sojaplantagen oder Rinderweiden, denen die Tropen weichen müssen. Doch auch das Tropenholz ist sehr begehrt, vor allem Edelhölzer wie Palisander, Rosen- oder Ebenholz. Denn: Wegen der besonderen Klangqualität und Härte werden sie oft in Musikinstrumenten verarbeitet.

Um dem Raubbau an den seltenen Hölzern gegenzusteuern, wurden auf der 17. Cites-Vertragsstaatenkonferenz im Oktober 2016 einige Holzarten in das Artenschutz-Übereinkommen aufgenommen. Es handelt sich um Hölzer und um Verarbeitungen aus Palisander und Rosenholz mit Ausnahme von Rio-Palisander sowie drei Arten der Gattung Bubinga und Kosso, African Rosewood.

Der Beschluss trat Anfang Januar in Kraft und betrifft besonders den Handel mit Gegenständen aus Palisander. Und somit jeden Musikalienhändler, da Gitarrengriffbretter aus dem Holz hergestellt werden und auch jeder Geigenbogen aus dem Edelholz besteht. „Palisander ist ein fantastisches Holz“, schwärmt Michael Becker vom gleichnamigen Musikgeschäft in Euskirchen. „Geigenbögen aus Palisander sind sehr filigran geschnitzt und können einer enormen Spannung standhalten. Und: Palisander ist sehr hart, beständig und sorgt bei Gitarren für einen tollen Klang.“

Alternativen

Es gibt tatsächlich Alternativen zu Palisander: Sehr teure Gitarren haben oft ein Griffbrett aus Ebenholz, andere werden aus europäischen Hölzern hergestellt, zum Beispiel von der Marke Pro Natura, die Akazienholz verwendet. Allein der Klang ist bei Akazie nicht so satt wie bei Palisander – für Gitarrenschüler ist solch eine „Bio-Gitarre“ jedoch völlig ausreichend, so Becker.

Auch Karel Jacobs vom Musikhaus Jacobs in Euskirchen kennt kaum eine Alternative zu Palisander. Er ärgert sich jedoch vor allem über den bürokratischen Mehraufwand, denn alle Gitarren, die er vor 2017 erworben hat, müssen registriert werden – wenn er auf der rechtlich sicheren Seite sein will. Die Mitteilung dazu kam vom Verband der Musikindustrie erst zwischen Weihnachten und Neujahr – und sie gilt seit dem 2. Januar. So richtig ins Bewusstsein aller Beteiligten scheint die neue Verordnung noch nicht gedrungen zu sein. Das zeigen Anrufe bei den Musikschulen in Euskirchen und Weilerswist. Die sehen sich nämlich nicht in der Registrierungspflicht, da sie ihre Musikinstrumente nicht weiterverkaufen. Auch Peter Esser von der Big Band der Bundeswehr hat von der neuen Verordnung noch nichts gehört, obwohl Gegenstände, also auch Musikinstrumente, mit insgesamt mehr als zehn Kilogramm Palisanderanteil vor allem bei Reisen ins europäische Ausland eine Registrierung vorweisen müssen.

Entschluss überfällig

Sollten keine derartigen Nachweise vorliegen, kann der Zoll oder die örtliche Landesbehörde Produkte beschlagnahmen. Trotz aller Unklarheiten: Für Michael Becker von Piano Becker war der Entschluss längst überfällig: „Musikinstrumentenbauer sind schon länger sensibilisiert für das Thema.“ Beispielsweise seien Klaviertasten früher aus Elfenbein hergestellt worden. Und: „Auch Flötenbauer haben sich schon lange umgestellt auf Hölzer, die nicht so problematisch sind.“ Becker begrüßt das neue Cites-Zertifikat, da es belege, dass die Hölzer legal geschlagen und importiert worden seien.

Wolfgang Andres, Sprecher der Kreisverwaltung Euskirchen, betont, dass die Registrierung derzeit nur ein Serviceangebot sei. Zentrale Intention des Artenschutzabkommens sei es, in Zukunft den Handel mit Palisander zu unterbinden. Drohen Sanktionen? „Wenn ein Privatmann gegen die neue Regelung verstößt, ist das eine Ordnungswidrigkeit. Wenn in gewerblichem Ausmaß dagegen verstoßen werden sollte, droht ein Strafverfahren“, erklärt Andres. Davon sei aber nach derzeitigem Stand nicht auszugehen.

Fazit: Aktuell stehen mehr Fragen als Fakten im Raum. Einig waren sich Musikalienhändler und Kreis nur in einem: Da kommt noch einiges auf uns zu. Auch bei dem Leitfaden der Musik-Branchenverbände handelt es sich um Empfehlungen. Welche Auswirkungen die neuen Richtlinien für Musiker tatsächlich haben werden, muss sich noch zeigen. Es ist aber davon auszugehen, dass Händler und Instrumentenbauer mit deutlich größerem Aufwand konfrontiert werden als die Spieler.

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