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WaldquartierDiese Luxus-WG sucht neue Mitbewohner

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Zwischen Kall und Anstrois liegt der Wackerberg - ein 40.000 Quadratmeter großes Grundstück.

Zwischen Kall und Anstrois liegt der Wackerberg - ein 40.000 Quadratmeter großes Grundstück.

Kall – Ruhig ist es. Nur das Rauschen der Bäume und das Zwitschern der Vögel ist zu hören. Idyllisch und tief im Wald liegt zwischen Kall und Anstois das Haus Wackerberg. Hier hat Eigentümer Manfred Kanzler vor mehr als 30 Jahren ein ungewöhnliches Wohnprojekt realisiert.

In dem „Waldquartier Wackerberg“ können mehrere Generationen in einer Wohngemeinschaft unter einem Dach leben – inklusive Schwimmbecken, Whirlpool, Fitnessraum, Sauna und kleiner Bibliothek. Derzeit lebt Manfred Kanzler mit seiner Frau Petra und Tochter Kerstin auf dem 40 000 Quadratmeter großen Grundstück – zweieinhalb Kilometer von den nächsten Häusern entfernt.

Eigene Küche für jeden

Die Kanzlers suchen für ihre überdimensionale Wohngemeinschaft nun neue Mitbewohner, die mitten im Leben stehen und aus dem Studentenalter raus ist. Gelebt werden soll wie in einer echten WG – nur, dass jede Partei einen eigenen Kühlschrank und eine eigene Küche hat. Auch die anderen Räumlichkeiten sind voneinander getrennt, können aber gemeinschaftlich benutzt werden.

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Zwar wohnen die Kanzlers momentan alleine auf dem Wackerberg, doch das war nicht immer so: Mitte der 1980er-Jahre wagten sie den Sprung aus Köln in die Eifel. „Wir sind mit einer befreundeten Familie auf den Wackerberg gezogen und haben das Haus umfassend saniert“, erinnert sich Manfred Kanzler. Diese Art des gemeinschaftlichen Wohnens nahm 2000 ein jähes Ende, als die Ehe des befreundeten Paares in die Brüche ging.

Die Kanzlers wollten ihr geliebtes Eifeler Domizil nach mehr als drei Jahrzehnten aber nicht aufgeben, auch wenn der Familie bewusst war, dass es ein finanzieller und arbeitstechnischer Kraftakt werden würde. Doch sie nahmen die Herausforderung an und haben sie bisher nicht bereut.

Feierabendbier in der Kneipe muss ausfallen

Nachdem die Freunde aus dem Haus ausgezogen waren, überlegte der Familienvater mit seiner Frau, wie die leerstehenden Räume genutzt werden könnten. Dabei wurde die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens geboren.

„In den vergangenen Jahren sind eine Reihe von Initiativen für neue Wohnformen entstanden, oft unterstützt von Bund oder Landesregierung. Die meisten richten sich an Senioren, und fast alle Projekte finden sich in den Städten, denn dort steht die gewünschte Infrastruktur bereit“, sagt Kanzler. Das „Waldquartier Wackerberg“ sei dazu ein Gegenentwurf: Die Abgeschiedenheit bedeute aber auch, dass man abends nicht mal kurz auf ein Bier in die Kneipe um die Ecke gehen könne.

Auch könnten Interessenten nicht mit dem gesamten Hausstand umziehen, denn die Größe des eigenen Zimmers sei überschaubar. Zudem ist das Waldquartier nicht barrierefrei. „Wir haben die freien Räumlichkeiten seitdem immer wieder längerfristig vermietet und dabei auch einiges gelernt, aber das gehört dazu.“

Auch zeitlich kürzere Vermietungen, mindestens drei, vier Tage, gibt es immer wieder, manchmal sei man sogar ausgebucht. Kanzler: „Hier gibt es regelmäßig Familienzusammenführungen. Dann kommen Verwandte aus der gesamten Welt, um hier ein paar Tage gemeinsam zu bringen.“

Finanziell unabhängige Naturfreunde gesucht

Geht es nach dem Verlagsleiter aus Köln, so hat dieses Geschäftsmodell aber bald ein Ende. „Ich hoffe, dass wir bald wieder jemanden finden, der sich dauerhaft auf den Wackerberg einlässt“, so Kanzler. „Meine Zielgruppe sind naturaffine Städter, die ihr Leben selbst bestimmen, also beruflich und finanziell recht unabhängig sind.“

Das Waldquartier hat Platz für fünf bis sechs Personen. „Hier hat man viel Zeit für die schönen Dinge des Lebens, denn die lästigen Pflichten wie Wohnungs- und Grundstückspflege sowie Waschen und Bügeln werden erledigt“, so der 59-Jährige.

Swimmingpool als Löschteich

Eine Einzelperson muss dafür 980 Euro im Monat zahlen, ein Paar 1680 Euro. Ein Auto benötige man nicht, da ein privater Car-Sharing-Pool genutzt werden könne, so Kanzler. So könne auch das vielfältige kulturelle Angebot der Eifel in Anspruch genommen werden. Und die Eifel habe sehr viel zu bieten: „Die Region ist ein echter Traum!“

Das Schwimmbecken ist übrigens vergrößert worden und wird gerade von einem Zimmerer mit einem stilvollen Dach versehen. „Ich habe das Becken nicht uneigennützig vergrößern lassen. Es soll im Notfall der Feuerwehr als Löschteich dienen, denn bei allen Vorzügen, die es hier oben gibt: Löschwasser ist nur schwer zu bekommen“, erklärt Kanzler.

www.waldquartier-wackerberg.de

Jagdhaus, Mädchenunterkunft und Frontlinie

Mitten auf dem Wackerberg zwischen Kall und Anstois liegt ein 40 000 Quadratmeter großes Anwesen, das Manfred Kanzler mit seiner Familie bewohnt.

Die Immobilie kann auf eine illustre Geschichte zurückblicken:  1923 erwarb Alfred Inden, Fabrikdirektor der Vereinigten Stahlwerke AG in Düsseldorf, von der Katholischen Kirchengemeinde Olef das  Waldgrundstück und errichtete ein massives Jagdhaus. Keine zehn Jahre später  verkaufte er das Anwesen an einen befreundeten Düsseldorfer Unternehmer.

Frontlinie verlief über den Wackerberg

1933 brannte das Jagdhaus ab. Nur die Grundmauern blieben stehen. Der Kreis Schleiden kaufte das Grundstück, baute das Haus wieder auf. Während des  Nationalsozialismus wurden dort Mädchen untergebracht, die nach dem Schulabschluss ein sogenanntes Landjahr ableisten mussten.

Im März 1945 verlief dann die Frontlinie quer über den Wackerberg. Bei heftigen Kämpfen im letzten Kriegsjahr wurde das Haus schwer beschädigt. Fünf Jahre nach Kriegsende kaufte Wilhelm von Ameln das Anwesen. Anfang der 1980er-Jahre zogen seine Erben jedoch in ein Kaller Neubaugebiet und teilten das Haus Wackerberg zunächst in mehrere kleinere Ferien-Appartements auf. (tom)

Würdevoll altern in Sistig

Bürger diskutieren in Sistig über Möglichkeiten des Wohnens im Alter „Wir müssen Probleme lösen – sonst werden wir zum unlösbaren Problem. Alt werden nämlich nicht nur die anderen.“ Mit diesen Worten appelliert Ortsvorsteher Karl Vermöhlen an „seine“ Sistiger, beim Thema „Wohnen im Alter“ selbst die Initiative zu ergreifen und Ideen zu entwickeln.

Am 25. August findet erstmals eine Dorfwerkstatt statt, zu der alle Interessenten auch im Namen von Friederike Büttner, der Quartiersmanagerin des Kreises Euskirchen, eingeladen sind. Willkommen sind alle, die auch im Alter selbstständig im gewohnten Wohnumfeld leben möchten. Dementsprechend richtet sich die Dorfwerkstatt besonders an Personen ab 50 Jahren. Denn diese haben die Möglichkeit, frühzeitig und aktiv Voraussetzungen für ein lebenswertes Leben im Alter mitzugestalten.

Förderzusage für Modelldörfer

In der Region hat der Kreis eine Förderzusage für die Modelldörfer Scheven und Sistig erhalten. Die Erfahrungen aus Scheven und Sistig sollen gesammelt und den anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden. In Sistig steht mit der Alten Schule ein Haus zur Verfügung, das für das Selbst-Organisieren Nutzungen zulässt.

Die Dorfwerkstatt findet statt am Donnerstag, 25. August, von 18.30 bis 21 Uhr im Hubertushof 4, in Sistig. Anmeldung: friederike.buettner@kreis-euskirchen.de, Telefon: 0 22 51 / 15 13 12; karl@vermoehlen.eu. (bk)

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