EngagementTierheim besteht seit 20 Jahren

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Stacey ist mit einer Verweildauer von siebeneinhalb Jahren Rekordhalterin im Tierheim.

Stacey ist mit einer Verweildauer von siebeneinhalb Jahren Rekordhalterin im Tierheim.

Mechernich – Ein Glückwunsch an die Rekordhalterin kommt einem nicht über die Lippen. Stacey lebt seit über siebeneinhalb Jahren im Mechernicher Tierheim. Am 23. August 2005 wurde der Staffordshire-Terrier aus Euskirchen aufgenommen. Auf eine längere Verweildauer in dem Tierasyl in Burgfey hat es noch kein Vierbeiner gebracht. Stacey war und ist aufgrund der Einstufung ihrer Rasse als Kampfhund nicht vermittelbar. Aber in Mechernich gehen tierliebende Menschen wie Maria Höhn immerhin jeden Tag mit der etwa elfjährigen Hündin ein paar Stunden spazieren. Weiß der Himmel, was aus Stacey geworden wäre, wenn es 2005 das Tierheim nicht gegeben hätte.

Der Rekordhund hat einige tausend Schicksalsgenossen kommen und gehen sehen. Stacey hat weit über ein Drittel der Tierheimhistorie, die nunmehr 20 Jahre andauert, selbst miterlebt. Ein weiteres Jubiläum kann der Mechernicher Tierschutzverein feiern, dem das Heim für geschundene und verwaiste Kreaturen zu verdanken ist. Vor 25 Jahren, am 23. Februar 1988, ging im damaligen Café Syndikus mit rund 50 Teilnehmern die Gründungsversammlung über die Bühne. Die 38 Mitglieder, die sich zum Eintritt in den Verein entschlossen hatten, wählten damals Reiner Bauer zum Vorsitzenden. Der heute fast 64-Jährige bekleidet dieses Amt ohne Unterbrechung bis zum heutigen Tag.

Fundkatze war Initialzündung

Bauers Erfahrungen mit einer Fundkatze, die ihm im April 1987 auf der Feytalstraße in Mechernich über den Weg gelaufen war, sollten zum Anstoß für die Gründung des Tierschutzvereins und den Bau des Heims werden. Im Mechernicher Rathaus hatte sich niemand für die Versorgung der Fundkatze für zuständig erklärt; erst nach einer längeren Odyssee fand der Streuner in der Privatwohnung von Dr. Karl Schmitz, dem Gründer des Schmidtheimer Tierschutzvereins, eine neue Bleibe.

Bauer geriet ins Grübeln: „Es kann doch nicht sein, dass sich in einer so großen Kommune wie Mechernich niemand um den Tierschutz kümmert.“ Sein eigenes Domizil platzte damals vor lauter tierischen Schützlingen aus allen Nähten. Ende 1987 scharte Bauer sechs Gleichgesinnte in einem ersten Treffen bei Hannelore Kurtenbach in Schaven um sich. Als ein halbes Jahr später der Verein gegründet war, stand auch das Ziel fest: die Inbetriebnahme eines Tierheims innerhalb von sieben Jahren. Bauer unterzog sich einer Schulung in der Tierschutzakademie München – und musste mit dem dort erworbenen Fachwissen ganz dicke Bretter bohren.

Denn Tierschutz, für den man auch noch Geld bezahlen muss, stand damals im Mechernicher Rathaus nicht eben hoch im Kurs. Mit der Unterstützung des Tierfreunds und Lokalpolitikers Jürgen Wacker konnte der damalige Bürgermeister Peter Schüller von der gesetzlich verankerten Verpflichtung der Kommunen überzeugt werden, sich um Fundtiere zu kümmern.

Spenden gesammelt

Bauer schichte „Bettelbriefe“ durch die ganze Republik. 80.000 Mark (knapp 41.000 Euro) kamen dadurch an Spenden zusammen. Das Land genehmigte einen Zuschuss in Höhe von 177.000 Mark, der Kreis Euskirchen stellte 73.000 Mark zur Verfügung, die Stadt Mechernich 60.000. Als dann auch noch eine Einzelspende einer Frau aus Frankfurt in Höhe von sage und schreibe 50.000 Mark einging, konnte mit dem Bau des Tierheims zwei Jahre früher als geplant begonnen werden. Einheimische Baufirmen stellten sich bei den Arbeiten zu Niedrigstpreisen in den Dienst des Tierschutzes. Am 10. September 1993 wurde das immer noch einzige offizielle Tierheim des Kreises Euskirchen eingeweiht, dessen Leitung seit Anbeginn in den Händen Bauers liegt.

Im ersten Haus, das fertiggestellt wurde, lebt seit über zehn Jahren Marianne Goldbach. Die gute Seele des Tierheims muss keine Miete zahlen, arbeitet ansonsten aber rund um die Uhr ebenso ehrenamtlich für den Tierschutz wie der Frührentner Bauer, der 2008 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde.

Als das Tierheim aufmachte, bot es Platz für zehn Hunde und zwölf Katzen. Heute können dort 30 Bellos und 60 bis 70 Stubentiger untergebracht werden, auch Schafe, Esel und Kleintiere finden dort eine Bleibe. 6926 Tiere, darunter 2641 Hunde und 3519 Katzen, wurden versorgt. Dafür waren allerdings immer wieder Erweiterungsbauten nötig, in die im Laufe der Jahre 610.000 Euro investiert wurden. Insgesamt flossen in Mechernich 1,75 Millionen Euro in den Tierschutz. Das Gros wurde durch Spenden und die Beiträge der knapp 300 Mitglieder des Tierschutzvereins aufgebracht. Die Kommunen Mechernich, Euskirchen, Weilerswist, Zülpich und Bad Münstereifel, die vertraglich ihre Pflichten an das Tierheim übergeben haben, kommen allenfalls für ein Drittel der jährlichen Unterhaltungskosten in Höhe von rund 140.000 Euro auf, die für Heizung, Strom, Tierärzte, Futter, eine Vollzeit-, drei 400-Euro- und zwei Aushilfskräfte aufgebracht werden müssen.

Anonyme Heckenschützen

Neben dem ständigen Ärger mit den Kommunen ums Geld muss sich Bauer auch immer wieder mit Unterstellungen anonymer Heckenschützen herumschlagen, die ihm Unregelmäßigkeiten beim Umgang mit den ihm anvertrauten Finanzen vorwerfen. „Dabei kann ich ohne die Zustimmung meiner Stellvertreterin über keinen Cent verfügen.“

So ist dann auch das Fazit Bauers im Rückblick auf seine 25-jährige Tätigkeit nicht verwunderlich: „Die Tiere danken einem die Hilfe, die sie von uns bekommen. Auf die Gesellschaft einiger Menschen kann ich aber gut verzichten.“

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