RosenhofBetreiber baut Aktivstall bei Eicks – Pferde sollen in Bewegung bleiben

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Eicks – Noch ist nicht viel zu erkennen von den neuesten Entwicklungen auf dem alteingesessenen Rosenhof bei Eicks. Bagger, Sand- und Kieshaufen und jede Menge Werkzeug deuten auf eine längere Baustelle hin.

Doch der Betreiber des Hofs ist sich sicher: „In zwei Wochen werden hier die Pferde herumlaufen.“ Zumindest in der näheren Umgebung wird die Anlage dann einmalig sein: Sven Dirks errichtet den ersten HIT-Aktivstall im Kreis Euskirchen.

HIT ist das Kürzel für „Hinrichs Innovation und Technik“. Zur Jahrtausendwende entwickelte Thorsten Hinrichs sein Konzept des Aktivstalls und setzte damit Erkenntnisse von Professor Joachim Piotrowski von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig-Völkenrode in die Tat um. Der Gedanke war einfach: Das Pferd nimmt in der Natur Nahrung in der Bewegung auf. 60 Kilometer kann es dabei zurücklegen. Dabei frisst es permanent.

Bei der herkömmlichen Stallhaltung allerdings steht das Pferd in der Box und bekommt zweimal am Tag seine Futtermenge. Soziale Kontakte zwischen den Pferden können kaum stattfinden. Das Herdentier Pferd steht alleine, allerhöchstens mit Sichtkontakt zu seinen Boxennachbarn. Das Raufutter, also Heu und Stroh, nimmt es ebenfalls auf, ohne sich bewegen zu können. Auch gibt es eine erhöhte Verletzungsgefahr, wenn der Reiter sein Pferd aus der Box nimmt und es ohne entsprechende Vorbereitung Leistung bringen muss. Um diese Nachteile zu verringern, entwickelte Hinrichs das Konzept des Aktivstalles.

„Als ich den Betrieb 2012 übernommen habe, war mir klar, dass ich irgendwann auf Aktivstall umstellen würde“, sagt Sven Dirks. Jeden Tag arbeitet er zurzeit daran, seinen Traum wahr zu machen. Auf dem Hof ist er aufgewachsen, hier haben bereits seine Eltern ein Gestüt betrieben und die weitläufigen Anlagen gebaut. Darauf kann Dirks nun aufbauen. Und dabei bleibt kein Stein auf dem anderen. Verschwunden ist der alte Reitplatz, die Scheune wird zur Liegehalle werden, und die alten Boxenanlagen sollen zur Putzhalle und Sattelkammer werden.

Die Idee des Aktivstalls ist einfach, die Umsetzung allerdings weniger. Die verschiedenen Bereiche Füttern, Tränken und Ruhen werden voneinander getrennt. Um seine verschiedenen Bedürfnisse zu erfüllen, muss das Pferd Wege zurücklegen. Vor allem wird die Futtermenge für jedes Pferd auf bis zu 20 verschiedene Portionen aufgeteilt.

Die Technik dazu ist aus der Milchwirtschaft bekannt. Jedes Tier trägt einen Transponder. An der Kraftfutterstation erkennt ein Computer, wann das Tier zum letzten Mal da war und teilt ihm die richtige Menge Futter zu. Doch um zu dieser Station zu kommen, muss das Pferd einen Umweg laufen: auf der Anlage von Dirks rund 120 Meter. „Auf diese Weise bewegt das Pferd sich 15 Kilometer pro Tag“, so Dirks.

Wichtig ist dabei, dass das Pferd selbst entscheiden kann, ob es lieber schlafen oder fressen will. Auch beim Weidegang muss das Pferd sich selbst auf den Weg machen. Um an Wasser zu kommen, muss es aber an die immer zugängliche Tränke auf dem Gelände zurückkehren.

Wasserstelle als

Beobachtungsplatz

Dort ist auch ein Platz für die Menschen vorgesehen, an dem diese die soziale Interaktion der Pferde beobachten können. „Auch auf Safaris ist der Platz an der Wasserstelle immer ein beliebter Beobachtungsort“, schmunzelt Dirks. Ansonsten ist die Anlage komplett abgeschlossen und für Besucher nur über einen zentralen, kontrollierten Weg zugänglich.

Für den Kreis Euskirchen ist das Konzept neu, der nächste Aktivstall steht in 40 Kilometern Entfernung in Hürtgenwald. 25 bis 30 Pferden bietet die neue Anlage Platz. Elf Plätze sind schon belegt. Seine eigenen 34 Schulpferde werden dann in die leeren Stallungen der Privatpferdebesitzer umziehen. Sie würden den Großteil des Tages auf der Weide verbringen, so Dirks.

Viel Eigeninitiative steckt in dem Umbau. Noch steht die alte Scheune voll mit Stroh und Heu. Nur an ihrer Vorderseite verrät die neue Holzfassade, dass hier in Kürze auf 200 Quadratmetern die Ruhe- und Liegehalle für die Pferde entstehen wird. 2500 Quadratmeter insgesamt ist die Fläche groß, auf denen sich bald die Rösser tummeln werden.

600 Quadratmeter Paddockplatten verlegt Dirks in den Eifelboden. Darauf kommt eine Splittschicht, die eine optimale Entwässerung garantiert. Mit viel Enthusiasmus präsentiert er seine selbst konstruierte Heuraufe, die nur noch entfernt an ihr einstige Funktion als Lkw-Aufbau erinnert. „Hier gibt es insgesamt 28 Fressplätze und Platz für fünf Rundballen“, erklärt er. So könnten die Tiere stressfrei fressen, ohne in Streitigkeiten über den besten Futterzugang zu geraten.

Nach dem finanziellen Aufwand für den Umbau gefragt, lacht Dirks nur: „Ich kann es noch nicht beziffern, aber es ist gewaltig. Der immense Aufwand sei wahrscheinlich der Grund dafür, dass viele Pferdehöfe die Umstellung auf den Aktivstall scheuten. Allein im Kreis Euskirchen leben rund 10 000 Pferde, verrät Dirks „Irgendwann werden Pferde, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur noch so gehalten werden“, ist er sich sicher.

Wer den Aktivstall von Sven Dirks im Betrieb sehen will, hat jeden Sonntag um 10 Uhr Gelegenheit, eine Führung auf dem Rosenhof in Eicks mitzumachen. Telefonisch ist Sven Dirks für Rückfragen erreichbar unter 01 71/6 86 68 59.

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