Unwetter in MechernichZwei Engel für Kommern – Hilfe für Hochwassergeschädigte

Lesezeit 4 Minuten

Kommern – Der Tag von Annette Wawer hat auch nur 24 Stunden. „Leider – ich kann mehr gebrauchen“, sagt Wawer.

Die 32-Jährige aus Hostel ist vierfache Mutter, steckt mitten in ihren Hochzeitsvorbereitungen und kümmert sich seit zwei Wochen in jeder freien Minute um die zahlreichen Hochwasseropfer in Kommern und Umgebung.

Genau wie die Mechernicherin Melanie Sennerich, die bis tief in die Nacht vor dem Computer sitzt und im Internet nach günstigen oder gar kostenlosen Möbeln, Waschmaschinen oder Kühlschränken sucht.

Alles zum Thema Hochwasser, Überschwemmung und Flut

Das Duo engagiert sich ehrenamtlich für die Starkregenopfer. „Die Leute haben mitunter alles verloren. Das ist schlicht der Wahnsinn. Ist doch klar, dass man da etwas Unterstützung bieten möchte“, sagt Sennerich.

Die Frauen haben sich über Facebook kennengelernt. Beide eint dasselbe Ziel. Beide wollen helfen. Beide haben sich zunächst unabhängig voneinander für die Hochwasseropfer engagiert.

Nun haben sie ihre Kräfte gebündelt und Listen erstellt, die in Mechernich und Kommern ausliegen. Darin können sich Hochwassergeschädigte eintragen und so das Helfer-Duo wissen lassen, welche Dinge benötigt werden. „Wir versuchen zu ermitteln, wer was braucht, um direkt und unbürokratisch zu helfen“, erklärt Wawer.

Die Garage an ihrem Haus in Hostel ist zu einem Möbellager für Stühle, Schränke und Regale umfunktioniert worden. Aber auch andere Gebrauchsgegenstände wie Pinsel, Tapetenrollen, Spielsachen und Kopftöpfe werden hier zwischengelagert.

Der Bleibach in Kommern wurde zu einem reißenden Fluss. Die Schäden des Hochwassers sind immer noch zu erkennen.

Der Bleibach in Kommern wurde zu einem reißenden Fluss. Die Schäden des Hochwassers sind immer noch zu erkennen.

Was nicht in die Garage geschleppt wird, bleibt im Kofferraum des Autos – ein Fernseher, Babykleidung oder Plüschtiere.

Dennoch muss der Kofferraum mitunter fast schon zwangsläufig regelmäßig leergeräumt werden. „Mein Mann und ich waren in Eschweiler bei Düren eine Waschmaschine abholen. Die haben wir für wenig Geld gekauft und einer Frau geschenkt, die beim Hochwasser in Kommern fast alles verloren hat“, berichtet Sennerich.

Freundin Annette war zeitgleich bei einer Wohnungsauflösung in Kreuzau, um einen Schrank abzuholen, der ebenfalls in Kommern benötigt wird.

„Das machen wir gerne. Wir zahlen auch gerne das Benzin, um die Sachen zu holen und an Ort und Stelle zu bringen. Ich habe auch schon einen Minibackofen gekauft, damit sich eine Familie endlich wieder einmal etwas Warmes zu essen machen konnte“, so Wawer.

Doch es gibt nicht nur Listen für Betroffene. Es gibt auch eine mehrere Seiten starke Aufstellung von Helfern, die gerne Sachen zur Verfügung stellen möchten. „Bei Bedarf bieten Helfer ganze Wohnzimmer an.

Die Hilfsbereitschaft ist einfach unglaublich. Wir können die Dinge nur leider nicht zentral lagern, da wir keinen Lagerraum haben“, sagt Wawer, die sich zwei Dinge wünscht: „Starke Männer, die mit anpacken und eine kostenfreie Lagermöglichkeit, um die Hilfe so noch besser und schneller koordinieren zu können.“

Mehr als 60 Helfer haben sich nach Angaben des Duos schon auf der Liste eingetragen und bieten den Betroffenen die unterschiedlichsten Dinge an.

Von der Mechernicher Verwaltung ist das Duo ein wenig enttäuscht. „Es ist schade, dass so eine Hilfe aus der Bevölkerung kommen muss. Aber es war auch irgendwie klar, denn es gibt ja keinen Notfallplan, da wir offiziell kein Hochwassergebiet sind“, erklärt Wawer, die nur minimal vom Starkregen betroffen war. Maximal ist dafür der Einsatz des Duos für diejenigen, die buchstäblich abgesoffen sind.

So organisierten sie einen provisorischen Hühnerstall für Jasmin Tiemonds in Kommern. Bei der jungen Familie aus der Ackergasse entstand beim Hochwasser ein geschätzter Schaden von 100 000 Euro. „Ich habe noch nie so viele Menschen gesehen, die sich über Kleinigkeiten so gefreut haben und einfach dankbar waren“, sagt Sennerich: „Wenn ich als Dank ein Lächeln und einen Händedruck bekomme, weiß ich, dass ich gerade jemandem eine Freude gemacht habe.“

Sie seien auch schon mehrfach als Engel bezeichnet worden – als Engel ohne Flügel, dafür mit Auto, Liste und unglaublich viel Herz. Das Duo hofft, dass die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung nicht abebbt.

Elektriker unterstützt

Ein befreundeter Elektriker, der selbst vom Hochwasser betroffen war, unterstützt die Frauen. „Er bietet seine Hilfe kostenlos an und tut alles, damit die Leute wieder Strom in ihre Häuser und Wohnungen bekommen“, sagt Sennerich.

Zeit, sich auf dem Geleisteten auszuruhen, wollen sich die beiden Frauen nicht nehmen. „Wir haben noch so viel Arbeit vor uns und die Betroffenen brauchen weiterhin viel Unterstützung“, sagt Wawer. Deshalb haben beide jetzt eine E-Mail-Adresse eingerichtet, um die Hilfe noch besser koordiniert zu bekommen. Auf das große Benefizkonzert in Kommern am Sonntag (siehe Text unten) wird Wawer nicht gehen. „Ich heirate am Montag. Den Tag brauche ich ausnahmsweise für mich“, sagt sie.

helfendeengel@freenet.de

Das könnte Sie auch interessieren:

KStA abonnieren