UrteilMesserattacke auf Belkaw-Mitarbeiterin - Einweisung in Therapie

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Symbolbild

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Burscheid – Die Handschellen blieben Dang S. (Name geändert) auch bei der Urteilsverkündung nicht erspart. Denn während des weitgehend nichtöffentlich geführten Verfahrens wegen gefährlicher Körperverletzung hatte sich der 64-jährige Frührentner in den vergangenen Wochen vor dem Kölner Landgericht als genau so aufbrausend und aggressiv erwiesen, wie er in den psychiatrischen Gutachten geschildert wird.

Glück für das Opfer

Um ein Haar hätte die tiefgreifende Psychose, unter der er bereits seit 1989 leidet, im vergangenen Dezember zu einer Katastrophe geführt: Dang S. hatte in den Büroräumen der Belkaw im Burscheider Rathaus eine Servicekraft angegriffen, wobei er aus einer Plastiktüte ein 20 Zentimeter langes Küchenmesser zog und der ihm völlig unbekannte Frau mit den Worten „Sie haben meine Familie zerstört“ mindestens zwei Kopfwunden zufügte. Zeugen gingen dazwischen und verhinderten Schlimmeres, dennoch war es pures Glück, dass die 64-Jährige nicht lebensgefährlich verletzt wurde. Sie musste aber ins Krankenhaus gebracht und stationär behandelt werden.

In dem Verfahren vor der 15. Großen Strafkammer ging es denn auch von vornherein nicht darum, den 64-Jährigen ins Gefängnis zu schicken, sondern ihn vielmehr in eine Klinik einzuweisen, in der Fachärzte sich um ihn kümmern und im besten Fall von seinen Wahnvorstellungen befreien können. Dass das nicht leicht wird, hatte allerdings schon Dr. Friedrich Krull in seinem Sachverständigengutachten prognostiziert. Viel Hoffnung auf Heilung hat der renommierte Psychotherapeut nicht, weil Dang S. jede Einsicht in seine Krankheit fehle und er eine Behandlung deswegen ablehne. Wie unberechenbar er ist, schilderte auch ein Arzt der Klinik, in der er seit Dezember untergebracht ist: Für seine Angehörigen, die nichts mehr von ihm wissen wollen, habe der Patient ihm erzählt, habe er sich vor der Tat bei der Belkaw bereits acht Küchenmesser zugelegt. Und auf seiner Station sei er schon mit WC-Bürsten und Mülleimern auf das Pflegepersonal losgegangen.

Der 64-Jährige war 1980 mit seiner Familie von Vietnam, wo er Probleme wegen seiner chinesischen Abstammung hatte, nach Deutschland gekommen und hatte Asyl erhalten. Kurze Zeit später fand er Arbeit im damaligen Goetze-Werk und nahm auch die deutsche Staatsangehörigkeit an. 1989 begann dann mit seiner Erkrankung an einer paranoiden Schizophrenie das bis heute währende, tragische Kapitel in seinem Leben.

Medikamente abgesetzt

1992 verlor er unter anderem wohl auch deswegen seine Stelle, war dann lange Zeit arbeitslos und wurde schließlich frühverrentet. Dabei gelang Dang S. mit Hilfe von Psychopharmaka aber, weiterhin ein weitgehend unauffälliges Leben zu führen, bis er vor über zehn Jahren aus unerfindlichen Gründen beschloss, die Medikamente abzusetzen. Von da an verschlechterte sich sein Gesundheitszustand derart rapide, dass selbst seine Frau und seine Kinder nach einiger Zeit den Kontakt zu ihm abbrachen und nicht einmal an der Verhandlung vor dem Landgericht teilnahmen.

Am Ende war das Urteil der Kammer eindeutig: Dang S. hat aufgrund seiner Krankheit im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt und wird eingewiesen.

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