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41 EntlassungenKündigungen bei Orifarm gestalten sich kompliziert

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Leverkusen – Die Operation ist offenkundig schwieriger als erwartet. Die jüngste Kündigungswelle bei Orifarm war zwar schnell verkündet.

Aber die Entlassung eines weiteren Viertels der Belegschaft ist komplizierter als man sich – zumindest in der dänischen Zentrale – gedacht hat. Im Ringen um „faire Lösungen“ soll nun ein Mediator die stockenden Gespräche ankurbeln. In diesen Tagen werde der Vermittler sein Mandat antreten, sagt Andrea Robens.

Nach Angaben der Orifarm-Sprecherin verhandeln Betriebsrat und Geschäftsführung nicht nur über einen Sozialplan für die 41 von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter. Auch über das Engagement einer Qualifizierungsgesellschaft für die Ex-Beschäftigten werde gesprochen. So etwas kostet Geld, wäre aber für viele wichtig: Die nicht mehr gebrauchten Orifarm-Leute haben Beipackzettel gedruckt, die Produktion geplant oder die Transporte der Arzneien geplant, die das Unternehmen zwischen den europäischen Staaten hin und her schiebt. Sie sind also nicht gerade gesuchte Spezialisten. Hilfe beim Finden eines neuen Jobs wäre das schon angebracht.

Zeit für Fortbildung hätten die Leute schon jetzt. Sie seien freigestellt worden, kaum dass der Leverkusener Geschäftsführer Martin Lisker und sein Kollege Erik Sandberg aus der Orifarm-Zentrale in Odense den Kahlschlag in einer Betriebsversammlung verkündet hatten. Das war Ende Februar. Übrig bleiben 120 Mitarbeiter in der Fixheide. Vor vier Jahren waren es noch über 700. Dann wurde die gesamte Produktion nach Hostivice verlagert. In Tschechien ist die Arbeitskraft deutlich billiger. Damit mussten sich auch 140 Beschäftigte von Orifarm in Odense abfinden. Die neue Kündigungswelle habe organisatorische Gründe, so Robens: Bisher seien die sprachlich passenden Beipackzettel für die re-importierten Arzneimittel in der Fixheide gedruckt und dann zum Einlegen nach Tschechien gefahren worden. Wenn jetzt dort gedruckt werde, spare man täglich 900 Lastwagen-Kilometer.

Der Chef in Leverkusen drückt sich so aus: „Wir hinterfragen regelmäßig den Status Quo und brechen eingerostete Routinen auf, um Raum für Veränderungen und Verbesserungen zu schaffen“, erklärt Martin Lisker. Orifarm haben „den Anspruch, das Arzneimittelimportgeschäft immer wieder neu zu überdenken“.

Auf acht Märkten unterwegs

Dazu gibt es viele Möglichkeiten. Orifarm tummelt sich auf acht Vertriebsmärkten: Neben den vier skandinavischen Ländern und Deutschland bearbeitet das Unternehmen die Niederlande, Großbritannien und Tschechien. Im Sortiment hat Orifarm nach eigenen Angaben rund 1100 Präparate. 1984 dürfte der Katalog wesentlich dünner gewesen sein. Damals gründeten Dieter Westen und Hans-Dieter Ohrem die Pharma Westen GmbH.

Apotheker müssen billige Arzneien abgeben

Stark in Bewegung ist die Branche der Re-Importeure von Arzneimitteln. Zwar dominieren nach Angaben von Orifarm-Sprecherin Andrea Robens fünf bis sechs Unternehmen den deutschen Markt: Sie teilen sich drei Viertel des Geschäfts. Doch 50 bis 60 kleinere Firmen suchten sich Nischenmärkte und übten Preisdruck aus. Im Deutschland-Maßstab liege Orifarm auf Platz vier, in Europa sei das Unternehmen mit Hauptsitz im dänischen Odense aber die Nummer eins.

Hierzulande ist der Re-Import von Arzneien besonders lohnend. Deutschland gehöre „in puncto Arzneimittelpreise europaweit zu den Spitzenreitern“, so Robens. Der Re-Import erspare jährlich mehr als 300 Millionen Euro. Dabei hilft ein Rahmenvertrag, der Apothekern vorschreibt, dass sie mindestens fünf Umsatz-Prozent der theoretisch importfähigen Arzneien tatsächlich einführen. Die Importe müssen mindestens 15 Prozent oder 15 Euro günstiger ist als das Original. (tk)

Vom Außendienstler zum Geschäftführer

Martin Lisker kennt das Arzneimittel-Geschäft aus der Praxis. Der 43 Jahre alte Manager hat als Apotheken-Außendienstler bei Beiersdorf angefangen. Eine Tätigkeit, die bei Orifarm übrigens nicht mehr gefragt ist. Lisker hat den Vertriebler-Job bei Bayer Vital fortgesetzt, wo er aufstieg. Bevor Lisker zu Orifarm kam, war er Vertriebschef bei der Omega Pharma. Der belgische Spezialist für frei verkäufliche Arzneien steht in Deutschland für Marken wie Granu Fink und Abtei. Vor eineinhalb Jahren wurde Omega für 3,8 Milliarden Euro an den israelischen Konkurrenten Perrigo verkauft. Zuvor war Omega in der Hand von Finanzinvestoren. (tk)

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