Aktion in LeverkusenNetzwerk machte in der Rathaus-Galerie auf Kinderarmut aufmerksam

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Bei der Küchenaktion des Netzwerks Kinderarmut half auch Oberbürgermeister Uwe Richrath (2. v. l.) bei der Zubereitung gesunder Mahlzeiten für Kinder mit im Team der Speisenmeisterei.

Bei der Küchenaktion des Netzwerks Kinderarmut half auch Oberbürgermeister Uwe Richrath (2. v. l.) bei der Zubereitung gesunder Mahlzeiten für Kinder mit im Team der Speisenmeisterei.

Leverkusen – Kinderarmut ein Thema in Leverkusen? Viele Passanten wollten es nicht gleich glauben und mussten genauer hinhören, um zu erfahren: Doch, mehr als ein Fünftel der Kinder im Alter bis 15 Jahren in unserer Stadt leben mit ihren Familien in Armut, in manchen Stadtteilen deutlich mehr als die Hälfte. Was für die Kinder ganz einfach heißt: „Ich habe Hunger. Keiner spielt mit mir. Für mich hat keiner Zeit. Ich kann nicht in Ferien fahren. Mir ist kalt. Meine Mama hat kein Geld für Schulsachen.“

So hat es das Leverkusener Netzwerk Kinderarmut in einem Faltblatt zusammengefasst, das belegt: Doch, Kinderarmut ist hier ein Thema, in manchen Stadtteilen sogar ein besonders drängendes. So leben in Alkenrath, Wiesdorf-West und Rheindorf mehr als die Hälfte der Kinder in Familien, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, und auch in Steinbüchel, Manfort, Quettingen und Wiesdorf-Ost liegt der Anteil über dem Landesdurchschnitt.

Kochaktion in der Rathausgalerie

Um darauf aufmerksam zu machen, erregte das Netzwerk zu Beginn seiner Kampagne Kinderarmut am Freitag mit einer Kochaktion in der Rathaus-Galerie Aufsehen. Im Rund des Eingangsbereichs, unten an den Rolltreppen war eine mobile Küche des Catering-Service „BCC – Die Speisenmeisterei“ aufgebaut. Küchenmeister Markus Dreimann, der schon mehrfach soziale Projekte unterstützt hat, stellte mit seiner Hitdorfer Kochbrigade kostengünstige, gesunde und leckere Speisen her – vorbildlich als gute Nahrung für Kinder, in dem Fall aber für alle Kunden der Rathaus-Galerie, die vorbeikamen und sich informieren ließen.

Zur Unterstützung der Aktion hatten sich auch Oberbürgermeister Uwe Richrath und der städtische Sozialdezernent Marc Adomat Schürzen umgebunden und betätigten an Schneidebrettern und Töpfen, um schmackhaften Salat herzustellen, aber auch Spaghetti Pomodori mit frischer Tomatensoße.

Mit Hunger und abgewetzter Kleidung in die Kita

„Das ist einwenig mehr Aufwand, aber mit frischen Kräutern viel leckerer als aus der Dose“, so Küchenchef Dreimann. Mit saisonalem Gemüse seien gesunde Speisen preisgünstig möglich. „Und Kartoffeln gehen ohnehin immer.“ Während die solchermaßen verköstigten Besucher aus ringsum verteilten Schälchen kosteten, konnten Reiner Hilken und Hans-Josef Nieder vom Netzwerk Kinderarmut von ihren Erfahrungen berichten.

„In den Kindereinrichtungen merken wir es doch direkt, wenn die Kinder hungrig kommen, in durchgewetzter Kleidung oder im Winter in Sandalen laufen“, so Nieder. Dann müsse man sehen, wie man die Kinder altersgemäß anspreche und versorge. Es dürfe dabei nicht übersehen werden, dass viele Kinder in armen Familien resignierten und sich zurückzögen, aus Unsicherheit oder Scham. Und welche Unterstützung erhofft sich das Netzwerk? Mit ehrenamtlicher Hilfe, Sach- oder Geldspenden, Lernangeboten oder auch nur Kontakten. Eine Übersicht über Hilfsmöglichkeiten und weitere geplante Aktionen des Netzwerkes stehen im Internet.

Starker Anstieg in Leverkusen

Trotz guter Wirtschaftslage wuchsen 2015 bundesweit 14,7 Prozent der Kinder unter 18 Jahren in Familien auf, die Hartz IV beziehen. Im Vergleich zu 2011 ist das ein Anstieg um 0,4 Prozent. In Leverkusen waren es 22 Prozent, deutlich mehr auch als der NRW-Landesdurchschnitt von 18,6 Prozent. Besonders Kinder mit nur einem Elternteil oder zwei und mehr Geschwistern sind von Armut betroffen: Von allen Heranwachsenden in staatlicher Grundsicherung lebt die Hälfte bei einem alleinerziehenden Elternteil und 36 Prozent leben in Familien mit drei oder mehr Kindern.

Für viele Kinder in Deutschland, die Hartz IV beziehen, ist diese Armut ein Dauerzustand: Die Mehrheit wächst über einen längeren Zeitraum in Armut auf. 57 Prozent der betroffenen jungen Menschen im Alter von sieben bis unter 15 Jahren bezogen drei Jahre und länger staatliche Unterstützung. 

www.netzwerk-kinderarmut.de

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