Diskussion in LeverkusenBebauung – Was passt noch in diese Stadt?

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Im Trend: Vorgärten, die nicht übermäßig grün sind, wie hier in der Neuen Bahnstadt

Im Trend: Vorgärten, die nicht übermäßig grün sind, wie hier in der Neuen Bahnstadt

Leverkusen – Im Streit darum, wie und wo sich die Stadt entwickeln soll, ist der Sprengel an der Grenze zu Odenthal ein Symbol. Vor zweieinhalb Monaten hat sich im Stadtrat eine Mehrheit für eine Baugenehmigung gefunden.

Ist das jetzt ein Sündenfall oder Einsicht in das Unabwendbare? Für die Grünen gilt Ersteres. Was nicht heißt, dass über die Besiedlung nicht diskutiert werden soll. Das muss sogar sein: Demnächst wird der Plan für die Kölner Region überarbeitet. Da muss die Stadt sich eine Meinung bilden.

Die Grünen wollen das Thema vertiefen; deshalb gab es am Donnerstagabend im Treibhaus eine Diskussion, in deren Verlauf nicht nur, aber gelegentlich die Öko-Seele massiert wurde. Vorher aber war Reimar Molitor dran.

Der Geschäftsführer des Vereins Region Köln/Bonn ist ein Kenner der Verhältnisse auf und an der Rheinschiene. Zudem ist er in der Speestraße aufgewachsen und weiß: „Die Verzahnung von Wohnen und Arbeiten ist nirgends so zu sehen wie in Leverkusen.“ Das müsse man immer mitdenken in der Debatte um die Stadtentwicklung.

Die sei in den nächsten Dekaden bestimmt von „hohem Druck“: Immer mehr Menschen ziehe es an den Rhein, aus Köln schwappe zudem eine ziemliche Welle in die Nachbarstadt.

Wie groß der Bedarf ist, zeige die rasante Entwicklung der Bahnstadt: „Der Markt hat sich längst in diese schwierigen Lagen getraut.“ Belastete Böden und ähnliche Unwägbarkeiten schreckten keinen Investor mehr. Unter diesen Voraussetzungen stelle sich die Frage: „An welchen Stellen wachse ich warum?“ Wie schwierig die zu beantworten ist, legte Gerd Wölwer dar.

Der ist nicht nur grünes Urgestein, sondern auch Umwelt- und Planungsdezernent des Rheinisch-Bergischen Kreises. Der ist übrigens früh dran, hat schon mit der Bezirksregierung über den Regionalplan gesprochen.

Es zeigt sich: Flächenmäßig geht nicht mehr viel. Das wurde am Freitag auch in einer Sitzung des Regionalrats in Köln sehr deutlich. Wölwer führte am Donnerstag das Beispiel Bergisch Gladbach an: Da sei die Stadtverwaltung mit Vorschlägen für 110 Hektar neue Wohnbauflächen in den Stadtrat gegangen – „und ist mit 38 Hektar wieder ’rausgekommen“.

Wachstum um jeden Preis? So läuft das längst nicht mehr. Deshalb wurde auch bei den Grünen heftig debattiert. Das von Verkehrsschneisen durchzogene und von Siedlungen zerstückelte Leverkusen könne nicht mehr viel verkraften.

Mit gerade mal zwei Prozent Naturschutzfläche stehe die Stadt ohnehin arm da, merkte Gerd Wölwer kritisch an. Aber muss man nicht sowieso ganz anders denken? Wie steht es angesichts der Tatsache, dass es in der gesamten Kölner Region so gut wie keine Industriefläche gibt, mit Produktion in Wohngebieten?

Ist so etwas wieder denkbar? Carola Scholz aus dem gerade neu zugeschnittenen Bauministerium des Landes mag nichts ausschließen. Dabei ist sie eine Verfechterin von Grünflächen. Parks und private Gärten müssten besser verflochten werden. Derzeit beobachtet die Leiterin des Referats für Grundsatzfragen im Ministerium aber dies: gekieste Vorgärten. Symptomatisch für eine Entwicklung, die man auch in der Bahnstadt sieht.

Die Grünen würden da gern gegensteuern. Grüne Dächer und Fassaden müssten in die Bebauungspläne geschrieben werden. Freilich fehle es in der Stadt an guten Beispielen, klagte Klaus Wolf. „Gute grüne Architektur“ habe er noch nirgends gesehen. Fehlte das Reizthema Baumschutzsatzung.

Die Ex-Grüne Brigitte von Bonin brachte es aufs Tapet. Wenn die Stadt die Natur weiter verschmähe, würden die Gärten so aussehen: „Sonnenschirme statt Bäume“. Auch in Hahnenblecher.

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