ErfahrungsberichtSelbstversuch mit einem Burkini im Leverkusener Freibad

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Redakteurin Miriam Betancourt geht mit einem Burkini ins Freibad an der Talstraße.

Redakteurin Miriam Betancourt geht mit einem Burkini ins Freibad an der Talstraße.

Leverkusen – Obwohl in diesem Jahr wegen des vielen Regens eine schlechte Badesaison ist, diskutierte die Öffentlichkeit lang und breit über einen Badeanzug. Dabei geht es nicht um zu wenig Stoff wie einst beim Bikini. Diesmal entzündet sich die Debatte an zu viel Stoff: Der Burkini ist eine Art Ganzkörperbadeanzug für die gläubige, muslimische Frau.

Die politische Debatte ist das eine, der praktische Alltag das andere. Wie fühlt es sich an, in einem Ganzkörperbadeanzug ins Freibad zu gehen? Da konnte ein Selbstversuch eine Antwort darauf geben, wenngleich das Experiment auch nur einen sehr kleinen Einblick in diese Erfahrungswelt geben konnte. Ist es doch etwas anderes, einen Burkini für ein paar Stunden zu tragen oder sich ständig im Alltag zu verhüllen.

Zunächst stellt sich jedoch die Frage: Wo gibt es in Leverkusen einen Burkini zu kaufen? Der Gang durch die Geschäfte bleibt ergebnislos. Ein Anruf in der Moschee bestätigt: Das nächste Geschäft gibt es in Köln.

Also erfolgt die Bestellung online. Die Entscheidung fällt auf einen Dreiteiler in schwarz und türkis mit langer Hose und Schlaufen für die Füße. Darüber gibt es eine Kopfbedeckung, die wie ein Tuch wirkt, und eine langärmliges Oberteil, das locker bis über den Po fällt.

Im Freibad an der Talstraße kommt das gute Stück am Freitag zum Einsatz. Es ist ein Spätsommertag wie aus dem Bilderbuch: schön warm, aber nicht zu heiß. Dennoch geht es in der Damenumkleide in den Anzug und mit der Decke auf die Liegewiese. Ein paar Frauen auf Liegen am Beckenrand schauen fragend herüber, während sie sich eincremen. Nun, das ist mit dem Anzug unnötig. Sonne kommt eh nicht an die Haut. Nur das Gesicht, Hände und Füße bleiben unbedeckt.

Zu kurze Ärmel

Das Material ist im trockenen Zustand angenehm. Die Ärmel sind allerdings zu kurz, obwohl der Burkini Größe L hat. Nur die Kopfbedeckung, die auch das ganze Kinn umschließt, ist ungewohnt. Die Haare jucken unter dem Material auf der Kopfhaut. 80 Prozent Polyester lassen grüßen. Vielleicht ist es im Wasser besser. Also rein ins Nass.

Langsam geht es ins Becken. Aber wo bleibt das Gefühl des Wassers auf der Haut? Das stellt sich erst zeitversetzt ein, dafür aber um so gewaltiger. Auf einmal ist es da. Der Bademeister schaut herüber. Schnell geht es ganz ins Wasser. Das ist unauffälliger. Los geht es auf den Bahnen. Jetzt stellen sich die Schlaufen unter den Füßen als sehr praktisch heraus, sonst würden die Hosenbeine immer weiter nach oben rutschen. So bleibt alles an seinem Platz.

Die erste Bahn ist geschafft, aber der Atem ist schon auffällig schwer. Was ist bloß los? Die Antwort wird auf der zweiten Bahn deutlicher. Der Anzug hat sich mittlerweile so voll mit Wasser gesogen, dass er wie ein Klotz um den Körper hängt. Es ist anstrengend, sich über der Oberfläche zu halten. Die Sehnsucht nach einem stromlinienförmigen Badeanzug kommt auf. Damit ließe sich leichter durchs Wasser gleiten als mit dem um den Körper wabernden Stoff. Hätte es vielleicht doch eine Nummer kleiner sein sollen? Wahrscheinlich hätte das keinen großen Unterschied gemacht. Also geht es schnell zum Badetuch auf die Wiese. Der Bademeister schaut schon wieder so komisch herüber. Hat man gesehen, dass die Puste langsam ausging?

Klebt am Körper

Auf der Liegewiese ergibt sich ein anderes Problem. Es gibt keinen Wechselburkini. Das durchnässte Polyester klebt am Körper. Während die wenige Haut schnell mit dem Handtuch abgerubbelt ist, dauert es eine gefühlte Ewigkeit bis der Burkini anfängt zu trocknen. Die Decke auf dem Boden ist schon klitschenass und der leicht aufkommende Wind tut sein übriges. Es ist kalt.

Das Fazit des Selbstversuches: Ein Badeanzug ist definitiv angenehmer. Ansonsten haben die Leverkusener sehr tolerant auf den Burkini im Freibad reagiert. Bis auf ein paar irritierte Blicke zog einfach jeder seine Bahnen, spielte Ball, sonnte sich und genoss einen der letzten Sommertage des Jahres.

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