Girls DayLeverkusener Mädchen informierten sich über klassische Männerberufe

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Leverkusen – Im Eingangsbereich der Feuerwache an der Stixchesstraße hängt ein altes Foto, das die Mitglieder der Berufsfeuerwehr in der BayArena zeigt. Keine einzige Frau ist darauf zu sehen. Wie in vielen anderen körperlich anstrengenden oder technischen Berufen sind Frauen auch bei der Feuerwehr kaum vertreten. Der Girls Day soll das ändern und Barbara Wehr neue Kolleginnen bringen. Die 28-Jährige betreut am Donnerstag 17 Mädchen, die gekommen sind, um Wehrs Arbeitsplatz kennenzulernen. „Ich habe einen Traumjob“, sagt sie und möchte das auch den Besucherinnen vermitteln.

Viele scheitern am Sporttest

Wehr zeigt ihnen die Löschfahrzeuge und lässt sie den 30 Kilogramm schweren Spreizer anheben, der bei Autounfällen zum Einsatz kommt. Die 13-jährige Merit muss sich anstrengen, das Werkzeug überhaupt vom Boden zu lösen, trotzdem kann sie sich ein Leben als Feuerwehrfrau vorstellen. „Mein Onkel ist auch bei der Feuerwehr, ich kenne schon viel aus Erzählungen“, sagt sie. Die meisten Mädchen, die heute in der Feuerwache sind, haben dann aber doch keine Lust, später dort zu arbeiten. Nur für fünf von ihnen kommt es überhaupt infrage. Eine von ihnen ist Stephanie. Bei der Freiwilligen Feuerwehr ist die 13 Jahre alte Realschülerin schon und teilt beim Girls Day ihr Wissen mit den anderen. Sie weiß: „Der Beruf bringt viel Abwechslung.“ Doch nicht jeder ist auch für ihn gemacht. „Die meisten Frauen scheitern bei der Bewerbung am Sporttest“, sagt Wehr. Rund ein Dutzend seien mit ihr gemeinsam angetreten. Wehr war die einzige, die den Test erfolgreich abschloss. 160 Feuerwehrleute gibt es in Leverkusen, sie ist eine von zwei Frauen.

Auch auf dem Bayer-Werksgelände sind beim Girls Day Schülerinnen unterwegs. Bei Chemion Logistik lernen sie den Beruf der Eisenbahnerin im Betriebsdienst kennen. Als Jörg Wajs, Betriebsleiter im Stellwerk, den neun jungen Frauen das Gleissystem erklärt, stellt die 14-jährige Lea immer wieder Nachfragen. Sie hat sich schon als Kind dafür interessiert, wie Eisenbahnen funktionieren. Interessant sei es schon, für ein Unternehmen wie Chemion zu arbeiten, sagt sie. Ein klassisch weiblich besetzter Beruf ist allerdings ihr eigentlicher Favorit: Erzieherin. Die mitunter harte körperliche Arbeit als Eisenbahnerin beim Rangieren und Kuppeln der Loks und Kesselwagen kommt gleich danach.

„Ich mache, was mir Spaß macht“

Ob das jetzt ein Beruf für Männer oder für Frauen ist, sei’s drum. „Das ist mir egal“, sagt Lea. „Ich mache, was mir Spaß macht.“ Genau das ist der Gedanke des Girls Day: Mädchen und junge Frauen für Berufe interessieren, die in der Vergangenheit Männerdomänen waren. Sie sollen nach Interesse über ihren Job entscheiden und nicht danach, was alte Rollenbilder vorschreiben. Zum 16. Girls Day informieren in Leverkusen daher städtische und private Betriebe über Berufe aus Informatik, Handwerk, Naturwissenschaften und Technik. Der Automobilzulieferer Carcoustics lässt Teilnehmerinnen experimentieren, beim Bayer Business Service lernen Mädchen unter anderem den dualen Studiengang Wirtschaftsinformatik kennen. Auch dem Fachkräftemangel soll das Angebot entgegenwirken, nicht nur in technischen Berufen. Der unbekanntere Boys Day möchte daher auch Jungen besonders für die Berufsfelder Pflege und Erziehung gewinnen, zum Beispiel im Haus Upladin.

Alleine 60 Mädchen sind beim Girls Day in städtischen Einrichtungen unterwegs. Die 17-jährige Lea begleitet Andrea Deppe, erste Baudezernentin Leverkusens, zu Terminen. Deppe erzählt der Praktikantin dann auch von den Schwierigkeiten, mit denen Frauen früher noch zu kämpfen hatten. Während ihres Architektur-Studiums suchte Deppe nach einem Praktikumsplatz auf dem Bau, doch bekam keins. Einer der Gründe: „Es gab auf dem Bau keine Toilette für Frauen.“ Der Girls Day soll den Mädchen zeigen: Euch sollen keine Steine mehr im Weg liegen. Damit Mädchen bei der Berufswahl die gleichen Freiheiten haben, wie jeder andere auch.

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