Kultur in LeverkusenZwölfte Leverkusener Kunstnacht überzeugte durch ihre Vielfalt

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Leverkusen – Der Flammentanz lebt vom Bass. Und Sebastian Burda legt nach. Der freischaffende Künstler hat einen Lautsprecher mit Gas gefüllt. Auf dem Schutzgitter der Box thront ein Grillanzünder, um den sich das Feuer mit jeder Frequenz neu entfacht. Umso mehr Beat es gibt, desto mehr brennt es. Zum Grundrhythmus bewegt sich das Feuer, lodert und züngelt. Eng rücken die Besucher der Kunstnacht-Station am Jungen Theater vor dem Bunker an der Karlstraße in Opladen zusammen, um das Schauspiel zu betrachten.

Es war die mittlerweile zwölfte Kunstnacht der Kulturstadt Leverkusen und offenbar lässt das Interesse nicht nach, sondern wächst. Burda hat sich mit seinem Atelier SII.Cologne auf „unheimlich Bewegtes“ spezialisiert – und zieht damit in seinen Bann. Im Bunker selbst arbeitet Regisseurin Petra Clemens vom Jungen Theater mit ihrem Ensemble in einer „Kunst:Raum:Klinik“.

Die Besucher dürfen auf einem Stuhl Platz nehmen und sich im Happening befragen lassen. Die Sitzung wird von Schauspielschülern gemalt, die wiederum im Obergeschoss des Bunkers am Kurs Aktionskunst teilnehmen. Im Theatersaal gibt es Morbides von Janine Werner und Marcel Lamour.

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Eine Art Aktionskunst bieten auch Margit Göckemeyer und ihr Sohn Alexander Bülles an. In ihrem „Atelier & Malraum“ in Hitdorf dürfen die Besucher der Kunstnacht selbst zum Pinsel greifen. An jedem Farbtopf liegen gleich mehrere Exemplare. Göckemeyers Idee ist es, dass pro Farbe nur ein Pinsel verwendet wird, so dass die Pinsel in den Grundfarben sauber bleiben sollten. Aber auf dem Papier mischt es sich dann doch – und Göckemeyer bleibt gelassen.

Seit Anfang des Jahres arbeitet sie nach der Methode, jedem Schüler seinen eigenen Malfluss zu belassen. „Es ist egal, wie man da herangeht. Es gibt kein richtig oder falsch“, sagt sie. Viel zu stark drücke einem die Gesellschaft Werte und Normen über die Ästhetik auf. Ihr Malraum ist gut besucht und die Besucher der Kunstnacht, die sich in alte Hemden werfe und zum Pinsel greifen, haben zumindest eines gemeinsam: den Spaß an der Freude.

Der ist auch in der Grundermühle nicht zu übersehen. Mitten in der einstigen Brennerei macht es sich eine Skatrunde beim Bier gemütlich. Erst bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass es lebensechte Puppen sind. Heidi Balke hat sie aus Draht und Pappmaché gebastelt, ihnen Perücken und Kassengestelle aufgesetzt und ihnen eine unverwechselbare Persönlichkeit eingehaucht.

Zehn Puppen hat sie in ihrer Kollektion und die sind so begehrt, dass sie als Statisten regelmäßig für Dreharbeiten gebucht werden. Die neuste Produktion ist der Thriller „Terror“ und die Puppen sind rechtzeitig zur Kunstnacht zurückgekehrt. „Sie haben es überlebt. Gut, einer hatte was am Kopp und eine Hand ist abgebrochen. Aber ein bisschen Schwund ist immer“, sagt Balke.

Im Nebenraum stellt Fotokünstler Heiko Schuster aus und gewährt ungewöhnliche Blicke durch Betonröhren und in das Marinedenkmal eines Fallturms in Travemünde. Bernhard Hohns präsentiert seine Arbeit auf der Baustelle am Köschenberg in Opladen und zu Gast ist Odo Rumpf mit seinen Schrottskulpturen. Ein Buddha sitzt im Wrack eines ausgeweideten Computers und strahlt Ruhe aus. Das gilt auch für die Fotos von Ilona Klimek, die eine Minigolf-Anlage im holländischen Ferienort Domburg fotografiert hat und den Zyklus in der Schmuckwerkstatt von Katharina Böhme in Schlebusch ausstellt. „Ich kenne Domburg seit 47 Jahren“, sagt sie. Noch heute sei der Besuch der Minigolfanlage in jedem Urlaub Pflicht. „Es ist eine Hassliebe“.

Doch als sie erfahren habe, dass der Eigentümer plane, die Anlage zu erneuern, habe der Schock tief gesessen. Gut, dass sie alles fotografisch festgehalten hat. Gras wächst durch die Betonplatten und die Natur holt sich alles zurück. Kubistisch wirken die Fotos, die Betonbahnen könnten auch Vorlage für ein abstraktes Bild von Fernand Léger sein. „Mittlerweile wurde die Anlage renoviert“, sagt Klimek. Aber eigentlich sei nur das Gras zurückgeschnitten worden und alles wie gehabt. 

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