Messer-Attacke in OpladenRichterin kann keine Tötungsabsicht erkennen

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Justitia kleine Statue

Eine Justitia mit verbundenen Augen und einer Waage (Symbolbild)

Leverkusen – Kein versuchter Mord, und auch kein versuchter Totschlag – die 11. Große Strafkammer des Kölner Landgerichts sprach Arcun L. (Name geändert) am Dienstag lediglich der zweifachen, gefährlichen Körperverletzung schuldig und verhängte drei Jahre und zehn Monate Gefängnis gegen den 31-jährigen Angeklagten.

Damit ging sie auch nur geringfügig, nämlich um sieben Monate, über das Strafmaß hinaus, das der Verteidiger des Leverkuseners eine Woche zuvor in seinem Plädoyer gefordert hatte. Arcun L. kann sich deshalb berechtigte Hoffnungen machen, seine Haft im offenen Vollzug absitzen zu können. Dies würde es ihm auch ermöglichen, weiterhin seiner Arbeit als stellvertretender Filialleiter einer Supermarktkette nachzugehen und seinen beiden Opfern die vereinbarten Zahlungen pünktlich zu überweisen. Abgesehen von der überaus günstigen Einordnung der Tat als gefährliche Körperverletzung wertete die Kammer vor allem diese Einigung als strafmildernd für den 31-Jährigen.

Er und sein Verteidiger Uwe Krechel hatten sich erst am Tag vor der Urteilsverkündung schriftlich mit Jens George und Frank Bayer, den Anwälten der lebensgefährlich verletzten Brüder, auf ein Schmerzensgeld von je 5000 Euro und 50 Monatsraten á 200 Euro Entschädigung verständigt. Bei dieser Gelegenheit hatte Krechel die insgesamt 10 000 Euro Schmerzensgeld seinen Kollegen auch bereits in bar ausgehändigt. Sabine Kretzschmar, die Vorsitzende des Schwurgerichts, verwies in ihrer Urteilsbegründung auf mehrere Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs, wonach Arcun L. sich auch in den Augen der Kammer keines versuchten Tötungsdelikts schuldig gemacht habe. Denn nachdem er den Brüdern an Weiberfastnacht 2015 in Opladen zahlreiche Messerstiche versetzt hatte, habe der eine noch aufrecht stehen und gehen, der andere, wenn auch am Boden liegend, laut rufen können.

Angeklagte hätte sie töten können

Für den Angeklagten sei damit nicht ersichtlich gewesen, dass sie in Lebensgefahr schwebten. Hätte er sie tatsächlich töten wollen, so die Vorsitzende Richterin, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, diese Absicht in die Tat umzusetzen. Stattdessen sei er in einen Mietwagen gestiegen und habe den Tatort an der Goethestraße verlassen. Und selbst wenn er ursprünglich vorgehabt habe, seine Opfern zu erstechen, läge damit ein strafbefreiender Rücktritt vor, so dass er sich allein der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen schuldig gemacht habe.

Als Motiv ging das Schwurgericht von einem Racheakt für seinen eigenen Bruder aus, der kurz zuvor bei einer Schlägerei mit den beiden Brüdern auf der Humboldtstraße verletzt worden war. Er sollte künftig keine Waffen mehr bei sich tragen, gab Sabine Kretzschmar Arcun L. noch mit auf den Weg: „Mit einem Messer, dass Sie nicht dabei haben, können Sie auch niemanden verletzen“.

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