NaturDas Hitdorfer Rheinufer ist nicht nur bei Leverkusenern beliebt

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Norbert Wildner (r) und sein Sohn Leon machen auf einer Fahrradtour aus Bergisch Gladbach kommend eine Pause auf unserer Picknickdecke.

Norbert Wildner (r) und sein Sohn Leon machen auf einer Fahrradtour aus Bergisch Gladbach kommend eine Pause auf unserer Picknickdecke.

Leverkusen – Die Anziehungskraft des Hitdorfer Rheinufers strahlt weit über die Stadtgrenzen hinaus. „Ich bin gar nicht von hier!“ ist der meistgehörte Satz an unserer Picknickdecke, die wir dieses Mal ganz in der Nähe der Rheinfähre ausgebreitet haben. Norbert Wildner und sein jüngster Sohn Leon sind zwar auch nicht aus Leverkusen – nach zwei Stunden Fahrradtour aus Bergisch Gladbach lehnen sie ihre Räder dennoch gegen einen Baum, um sich mit einem Glas Wasser auf unserer Picknickdecke zu erfrischen. In Leverkusen ist Norbert Wildner ohnehin fast täglich: Er arbeitet bei Lanxess – „seit es Lanxess gibt, und vorher halt beim Bayer.“ Dass es nicht mehr alles „der Bayer“ ist, findet er schade. „Früher gehörten alle zusammen, jetzt sind es so viele verschiedene Firmen, die Verbindungspunkte sind einfach nicht mehr da.“ Früher habe man einfach mal einen Kollegen aus einem anderen Bereich ansprechen können, wenn man eine Frage hatte, alles Vergangenheit. Dass die Verwaltung von Lanxess jetzt in Köln sitzt, ändert an seiner Arbeit nicht viel, aber der persönliche Kontakt sei einfach anders. „Aber die nächsten 15 Jahre schaff’ ich auch noch“ lacht Wildner – andere Dinge seien ohnehin viel wichtiger. Etwa, dass Leon im nächsten Jahr sein Abitur besteht. Seine beiden älteren Söhne sind bereits von Zuhause ausgezogen.

„Das ist natürlich eine Veränderung, aber es ist auch gut, wieder mehr Raum für sich und die Ehefrau zu haben.“ Auf die Frage, ob es ihn nerve, jetzt alleine mit den Eltern zu wohnen, schüttelt Leon brav den Kopf. Vater Norbert lacht: „Na klar nerven die Eltern, dafür sind wir doch da. Sonst kämen die Kinder ja nie aus dem Haus!“

Wohin ihre Räder sie heute noch tragen werden, wissen die Beiden nicht, erst einmal nehmen sie die Fähre über den Rhein – „und dann sehen wir weiter!“

Mittlerweile haben überall auf der großen Grasfläche Menschen ihre Campingstühle aufgestellt und blicken auf den Rhein, am Ufer füttert ein kleines Mädchen eine große Schar Schwäne. Der Rhein ist auch der Grund, warum Sonja Steinbach gerne aus Langenfeld nach Hitdorf kommt. „Hier geht eigentlich immer ein bisschen Wind und man kann schön spazieren gehen und ein Eis essen.“

Wind ist ohnehin ein Thema, das sie sehr beschäftigt. In ihrer unmittelbaren Nachbarschaft in Reusrath, direkt an der Grenze zu Opladen, sollen Windkrafträder aufgestellt werden. „Wir haben dagegen gekämpft“, sagt Steinbach „aber wir haben wohl verloren.“

Auch zum Einkaufen nach Leverkusen

Das Naturschutzgebiet haben sie als Grund angeführt, die beheimateten Fledermäuse, den Rotmilan und auch die Nähe zu Wohnhäusern. „Unter 400 Metern soll der Abstand teilweise liegen, in Bayern wäre das nicht zulässig.“

Auch zum Einkaufen fährt Steinbach lieber nach Leverkusen, als nach Langenfeld. Sie mag die Rathaus-Galerie, auch wenn dadurch viel Leerstand in der Leverkusener City entstanden ist. „Im Winter ist das sehr angenehm, alles unter einem Dach zu haben, und auch den Weihnachtsmarkt mag ich gerne.“

Überhaupt habe sich Leverkusen positiv entwickelt, auch die neue Bahnstadt gefalle ihr sehr gut. Steinbach arbeitet als Betreuerin für Demenzkranke, Leverkusen stufte sie als seniorenfreundlich ein. „Es gibt viele Menschen in dem Bereich, die wirklich tolle Arbeit machen.“

Eigentlich ist Steinbach gelernte Zahnarztassistentin, erst als ihre Mutter vor zehn Jahren an Demenz erkrankte, hat sie sich dazu entschieden, ihren Beruf aufzugeben und eine Ausbildung zur Demenzbegleiterin zu machen. „Ich war damals total hilflos, wusste nicht, wie ich mit der Erkrankung umgehen soll“, erinnert sich Steinbach.

Bereut hat sie den Schritt nicht. Ihre Mutter ist Anfang des Jahres gestorben und sie ist froh, dass sie sie begleiten konnte. Sie empfindet die Arbeit auch nicht als belastend. „Ich sehe immer, was die Menschen noch können, nicht was sie nicht mehr können – so muss man an die Sache rangehen.“ Jedem, der mit Demenz konfrontiert wird, rät sie: „So viel Hilfe annehmen, wie es geht!“ Die meisten Betroffenen und Angehörigen kennen weder ihre Ansprüche gegenüber der Krankenkasse noch die Betreuungsmöglichkeiten.

Pensionierter Lkw-Fahrer fühlt sich sicher in Opladen

Als die Picknickdecke wieder frei ist, verlässt Ernst Wirtz seinen Campingstuhl und kommt zu uns rüber. Er ist von hier – allerdings wäre er gerne woanders. „Wir haben einen Wohnwagen auf einem Campingplatz im Westerwald, gerade waren wir für drei Wochen dort, aber wenn es nach mir ginge, wären wir viel häufiger da.“ Aber seine Frau – „meine Chefin“, wie Wirtz sagt – zieht es doch immer wieder zurück nach Opladen, wo sie seit Jahrzehnten wohnen. „Zum Arzt gehen und so – als ob es dort keine Ärzte gibt“, schmunzelt Wirtz. Ein Arbeitskollege habe das Paar einmal zu jenem Campingplatz mitgenommen, es gefiel ihnen, sie kamen wieder und nun besitzen sie selbst schon seit vielen Jahren einen Wohnwagen dort, der allerdings nur im Sommer bequem ist: „Ab Oktober wird das Wasser auf dem Platz abgedreht.“

Wenn es nach ihm ginge, würde der 69-Jährige auch ganz in den Westerwald ziehen. „Wir haben hier 70 Quadratmeter, die kosten rund 700 Euro Miete – dort kriege ich das für die Hälfte.“ Aber auch Opladen hat natürlich seine Vorteile. „Da bekommt man alles, was man so braucht. Außer vernünftiger Kleidung. Da gibt es nur den Billigkrempel.“ Und von 100 Menschen, die ihm auf der Einkaufsstraße entgegenkommen „kenne ich mindestens 80.“ Das habe sich allerdings in letzter Zeit schon geändert. „Man sieht viel mehr Dunkelhäutige auf der Straße. Die tun ja keinem was, aber es fällt schon auf.“

Grundsätzlich fühlt sich der pensionierte Lkw-Fahrer schon sicher in Opladen. „Aber über die Bahnhofsstraße würde ich nachts um eins nicht unbedingt laufen wollen.“ Er habe von Bekannten gehört, die dort selbst tagsüber ausgeraubt wurden. Mit der aktuellen Flüchtlingslage bringt er die Probleme aber nicht in Verbindung. „Ich weiß nicht, wo die herkommen, Gauner gibt es doch überall.“ Nur im Westerwald, da hat man seine Ruhe.

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