Naturgut Ophoven in LeverkusenPolit-Prominenz ist immer vor Ort

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Ministerin Svenja Schulze – mit Hans-Martin Kochanek – hatte Gummischuhe mitgebracht

Ministerin Svenja Schulze – mit Hans-Martin Kochanek – hatte Gummischuhe mitgebracht

Opladen – Ein Bundespräsident, die heutige Kanzlerin, diverse Bundes- und Landesminister – die Liste der Politprominenz, die das Naturgut Ophoven in den vergangenen 30 Jahren besucht hat, ist lang. Am Montag schaute Svenja Schulze (SPD) im Umweltbildungszentrum vorbei. Aus dem Kofferraum des Dienstwagens holte die NRW-Wissenschaftsministerin eine Plakette, die das Naturgut als „Ort des Fortschritts“ auszeichnet. Mit Unterstützung von Bürgermeisterin und Parteifreundin Eva Lux sowie Naturgut-Leiter Hans-Martin Kochanek befestigte die fröhliche Ministerin das Schild am Eingang zum ehemaligen Rittergut.

Kochanek nutzte die Gelegenheit bei einem Kaffee am Stehtisch, um (fast) unter vier Augen über Geld zu sprechen. Es wäre ja eine vertane Chance, es mit einflussreichen Politikern bei Smalltalk zu belassen. Rückblickend auf die Anfänge des Naturguts schilderte er der Ministerin: „Damals hatten wir auch kein Geld. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die 30 Jahre.“

Tja, Svenja Schulze hatte außer dem Metallschild und einer Papierurkunde leider keinen Scheck dabei. Dafür war sie gut vorbereitet – das wiederum konnte bisher auch nicht jeder jeder Politiker von sich behaupten. Mit leuchtenden Augen lobte sie die vielen Akteure, die auf dem Naturgut mitmischen. Schulklassen und mittelständische Unternehmen zum Beispiel. „Man könnte es sich ja auch in einer Nische bequem machen, aber das machen Sie nicht.“ Sagte sie und schlüpfte kurz darauf in bequeme Gummistiefel, um zum Rundgang über das Gelände aufzubrechen. Der ist für Politiker obligatorisch.

Alles zum Thema Angela Merkel

Johannes Rau zum Beispiel tummelte sich 1996 als Ministerpräsident auf dem Außengelände – und sorgte anschließend bundesweit für Schlagzeilen. Just auf dem Naturgut gab er nämlich eine Bemerkung von sich, die den Besuch unvergessen macht: „Besser ein Haus im Grünen als einen Grünen im Haus.“ Damals war Rau übrigens Ministerpräsident einer rot-grünen Landesregierung. Der SPD-Mann kam nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten noch einmal wieder aufs Naturgut. Im neu eröffneten Bistro ließ er sich im Sommer 2002 Schweinebraten mit Rotkohl und Klößen schmecken und schrieb Autogramme für Schüler. Volksnah zeigte er sich auch, als ihn auf der Straße vor dem Naturgut mehrere hundert Demonstranten mit Transparenten, Trommeln und Trillerpfeifen empfingen. Der Zorn der von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten des Bahnausbesserungswerks richtete zwar nicht gegen das Staatsoberhaupt im Speziellen; dennoch nahm sich Rau Zeit für ein kurzes Gespräch.

Auf die Menschen zuzugehen, das war typisch für Rau. Ein charakteristischer Satz ist auch von Angela Merkel überliefert. 1996 war sie Bundesumweltministerin und durfte die Pilotausstellung „Natur Werk Stadt“ eröffnen. Nach ihrem Eindruck gefragt, sagte sie: „Das war doch sehr lebensnah.“ Ob sie damals die Hände zur Merkel-Raute zusammenlegt hat, ist nicht bekannt. Wohl aber, dass die Fördervereins-Vorsitzende der Ministerin zu deren Überraschung eine Insekten-Nisthilfe in eben diese drückte. „Die können Sie ja auf ihrem Balkon aufhängen“, schlug Ingeborg Knust der verdutzten Merkel vor.

Eine Frau, die sich auf dem Gut Ophoven inzwischen bestens auskennen dürfte ist Bärbel Höhn. Als sie von 1995 bis 2000 NRW-Umweltministein war, kam sie regelmäßig nach Opladen. Mal eröffnete die Grünen-Politikerin die „Energiestadt“ als Teil der Weltausstellung Expo, mal informierte sie sich über solarbetriebene Ameisenschockgeräte und wassersparende Waschmaschinen.

Und sonst? Bundesbildungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) schaute im Bundestagswahlkampf 1998 bei den Klimaschützern vorbei und ließ sich danach von seinen Parteifreunden in der Stadthalle Bergisch Neukirchen für derbe Sprüche über Gerhard Schröder feiern.

Erstaunte Minister

Seine „Wintertour des Ehrenamts“ brachte Ministerpräsident Peer Steinbrück im Dezember 2004 nach Leverkusen. Im Industriemuseum Sensenhammer, auf dem Naturgut Ophoven, im Tierheim und im Remigius-Krankenhaus sprach er mit freiwilligen Helfern. Der Mann hatte sogar Geld dabei, um die ehrenvolle Arbeit zu unterstützen. Das Naturgut erhielt 4000 Euro, je 3000 Euro gab es für die Naturschutzverbände Nabu und BUND.

Drei Jahre her ist die Stippvisite von NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne). Naturgut-Leiter Kochanek sprach mit ihr über öffentliche Fördermittel und Personal. Um Geld ging es auch beim Plausch mit Peter Altmaier. Der CDU-Mann war im Herbst 2012 als Bundesumweltminister in Opladen zu Gast. Was genau ihn auf dem Naturgut erwartet, wusste er wohl nicht. Jedenfalls staunte er sehr, als ihm eine Horde Kinder über den Weg lief: „Haben Sie hier einen Kindergarten?“, fragte er verwundert. Später freute sich Altmaier darüber, dass sich auf dem Naturgut die Stadt, Ehrenamtler und der Bund gemeinsam für Bildung engagieren. Ein klassisches Eigentor: Vom Bund fließe kein Geld, korrigierte ihn Kochanek; Zuschüsse gebe es nur für einzelne Projekte. Altmaier ist heute Chef des Bundeskanzleramts. Ob die Insekten-Nisthilfe vom Naturgut inzwischen dort an Merkels Balkon hängt?

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