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Verkehr in LeverkusenMit dem Fahrrad geht es schneller

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Manchmal wird es eng: Radfahrer und Fußgänger teilen sich einen handtuchbreiten Streifen an der Werksmauer. Auch deshalb, weil die Autos sechs Spuren zur Verfügung haben.

Manchmal wird es eng: Radfahrer und Fußgänger teilen sich einen handtuchbreiten Streifen an der Werksmauer. Auch deshalb, weil die Autos sechs Spuren zur Verfügung haben.

Leverkusen – Es sind gut 16 Kilometer. Eine Strecke. Wer das hört, ist beeindruckt. Oder tippt sich an die Stirn. Noch seltsamer erscheint dieser Satz: „Ich bin schneller zu Hause als mit dem Auto. Jedenfalls abends. Immer. Auch wenn kein Stau ist.“ Die Zeit: eine Dreiviertelstunde. Die Rede ist vom Rad.

Es hat sich längst als Alternative zum Auto bewährt. Als absolut sinnvolle wohlgemerkt. Nun ist die Etappe von Wiesdorf nach Sülz auch eine, auf der man mit dem Auto nullkommanull Spaß hat. Die Autobahn-Variante scheidet abends aus: Stau. Bleibt die B 8. Doch auf der geht es in der Regel auch nicht richtig vorwärts. Viel zu viele andere Motorisierte. Erst recht, wenn auf der A 3 in Richtung Frankfurt Stau ist. Und wann ist da mal keiner so zwischen 17 und 19 Uhr? Dazu kommt eine seltsame Ampelschaltung. Und das nicht erst in Köln-Mülheim: Die persönliche Statistik zeigt, dass die Chance, dort die Kreuzung mit der Berliner Straße bei Grün zu erwischen, ungefähr 1:80 ist. So etwas nervt. Zumindest einen eher unruhigen Geist.

Viel entspannter ankommen

Dem schenkt die beinahe tägliche Tour zur und von der Arbeit – allenfalls Starkregen führt zum Verzicht – zwar auch keine totale Gelassenheit. Aber frische Luft. Und mannigfaltige Gelegenheiten, Geistesgegenwart zu beweisen. Hier kümmert sich kaum ein Autofahrer um rechts vor links. Dort geht – ein Klassiker – unvermittelt die Tür auf. Oder ein Fußgänger ist mit dem Smartphone beschäftigt und nimmt seine Umgebung nicht mehr wahr. So etwas macht den Arbeitsweg spannend, irgendwie.

Warum man trotzdem viel entspannter in der Redaktion ankommt als mit dem Auto? Weil man in Bewegung ist. Und zwar immer. Kein Stau, kein sonstiges Hindernis hält auf. Okay, die Ampelschaltung an der B 8 ist auch für Radfahrer ziemlich ungünstig. Jedenfalls am frühen Vormittag. Auf dem Hinweg. Und wann kümmert sich Straßen NRW mal um die immer größer werdenden Hubbel auf dem Fuß- und Radweg an der B 8? Und wann begreifen Autofahrer, dass die Straßen nicht für sie allein gemacht wurden? Letzteres womöglich nie. Macht aber nichts. Wer ausweichen kann, der zeigt, dass er das Material beherrscht. Und sich selbst.

Schneller mit dem Rad als mit dem Auto

Nun gut, es klappt nicht immer. Vor einem Vierteljahr scherte plötzlich ein Postwagen aus. Notbremsung mit Abstieg über den Lenker. Man ist schließlich der Schwächere. Auch wenn man im Recht ist. Zunächst sieht es aus, als habe der Sturz keinerlei Folgen. Also hakt man die Sache ab. Fährt weiter zur Arbeit und zurück. In der folgenden Nacht lässt der Schmerz den Radler erwachen. Das Röntgenbild zeigt einen gebrochenen Unterarm. Nichts Wildes, der Knochen ist glatt durch. Zwei Wochen später tut plötzlich das Atmen weh. Vom Lachen ganz zu schweigen. Nochmal röntgen: Diagnose Rippenbruch. Auch der ist schön glatt.

Nun fragt man sich: Wie kann es sein, dass man Knochenbrüche zunächst mal nicht bemerkt? Eine mögliche Antwort: Der Radfahr-Spaß deckt den Schmerz zu. Das wäre eine tolle Wirkung, wahrlich. Aber um es noch einmal ganz profan zu sagen, weil der Weg zur Arbeit ja kein Ausflug ist: Autofahrten zwischen Leverkusen und Köln sind zeitlich vollkommen unkalkulierbar geworden. Das ist blöd, wenn man keine Gleitzeit hat. Sondern Termine. Die Ankunft mit dem Rad hingegen kann man auf drei, vier Minuten genau vorhersagen. Das entspannt dann doch.

Vor einigen Wochen musste es mal das Auto sein. Wiesdorf-Sülz: 75 Minuten. Warum, bleibt ein Geheimnis. Aber es ist der Beweis für eine rheinische Besonderheit. Es sind nicht zwei, drei Kilometer in der Stadt, auf denen man mit dem Rad schneller ist. Es sind eben 16 in meinem Fall. Das heißt: Ich fahre weiter. Mit dem Rad zur Arbeit.

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